Transformation: Expertenforum mit Jörg Hofmann in Aix-en-Provence
„Die industrielle Wertschöpfung muss in Europa bleiben“

Technologische Innovationen machen nicht halt an Ländergrenzen. Der Wandel der Arbeitswelt hat grenzüberschreitende Auswirkungen. Auf einem Diskussionsforum in Aix-en-Provence diskutierte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, wie die Transformation solidarisch gestaltet werden kann.

13. Juli 201813. 7. 2018


Beinahe schon ein verspielt-philosophischer Titel, „Die Metamorphose der Welt“, den sich die Organisatoren für ihr diesjähriges internationales Expertenforum ausgedacht haben – aber dann wurden es eine ganz handfeste Diskussion, pointiert, scharfsinnig, gedankentief, die die 600 Zuhörer an drei Tagen in der Universität in Aix-en-Provence erleben konnten. Bereits seit 2001 lädt die französische Organisation „Le Cercle des économistes“ (Der Kreis der Ökonomen) führende Experten, Politiker und Unternehmer zu einem Austausch über wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragen in die französische Universitätsstadt ein.

In den vergangenen Jahren waren so prominente Gäste wie Mario Draghi, Christine Lagarde und Emmanuel Macron als Diskutanten zu Gast. In diesem Jahr standen die gegenwärtigen Umbrüche, stand die Transformation unserer Arbeits- und Lebenswelt im Fokus. Mit auf dem Podium dabei war Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall.

Dass sich die Welt in einer Metamorphose befindet, dass Globalisierung, demografischer Wandel und schnelle technologische Innovationen in den vergangenen Jahren zu einem wirtschaftlichen Wachstum geführt haben, darüber herrschte Einigkeit bei den Diskutanten. Leidenschaftlich diskutiert wurde daher die Frage, wie die Transformation gestaltet werden kann – wie also in Zeiten des umfassenden Wandels Solidarität organisiert, Sicherheit gebaut, Selbstbestimmung entwickelt, wie Gerechtigkeit verwirklicht werden kann. Das ist dringend nötig: Gegenwärtig sind weder die Verteilung des Wachstums, noch die daraus resultierenden Wohlstandsgewinne gerecht verteilt. Im Gegenteil: Die Ungleichheit auf der Welt wächst. Und mit ihr die Ungerechtigkeit.

Einfache Antworten aber, wie die Transformation solidarisch und gerecht gestaltet werden kann, gibt es nicht. Es kann sie auch nicht geben, weil die derzeitigen Umbrüche vor allem in der Geschwindigkeit, mit der sie sich vollziehen, neuartig sind ― klar für Jörg Hofmann ist allerdings, dass sich die europäische Industrie intensiv den strukturellen Wandel vorbereiten muss. Dies, so der IG Metall-Vorsitzende, sei eine gemeinsame Aufgabe der Sozialpartner: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben ein gemeinsames Interesse daran, dass die industrielle Wertschöpfung in Europa erhalten bleibt. Der technologische Fortschritt muss einerseits dazu genutzt werden, Produktionskapazitäten zu stärken, andererseits aber auch, um Arbeitsbedingungen humaner zu gestalten. Dieses gemeinsame Ziel kann nur durch kollektive Lösungen erreicht werden. Das bedeutet flächendeckend gültige Tarifverträge.“

In der anschließenden Debatte wie auch in den vielen direkt an Jörg Hofmann gerichteten Publikumsfragen zeigte sich, dass das Agieren der IG Metall im Zuge der Transformation, aber auch der im Frühjahr abgeschlossenen Tarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie, sehr genau verfolgt wird. Vor allem die Tatsache, dass die größte deutsche Einzelgewerkschaft den Anspruch hat, den Transformationsprozess selbst zu gestalten, anstatt auf Entscheidungen von Politik und Industrie zu warten, traf auf großen Beifall.

„Ich bin der Überzeugung, dass gerade im Zuge der bevorstehenden Herausforderungen durch die Transformation die Geschlossenheit der Arbeiterbewegung im eigenen Land und in Europa zentral ist“, so Jörg Hofmann in Aix-en-Provence. „Qualifizierung, Arbeitsplatzsicherheit, gerechte Löhne und Arbeitszeiten, die zum Leben passen, sind Forderungen, die alle Arbeitnehmer unabhängig ihrer politischen Herkunft gleichermaßen unterstützen und umgesetzt sehen wollen.“

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen