Jahrelang pendelte Erika Elert fünf Mal pro Woche zwischen Neustadt an der Weinstraße und Stuttgart hin und her. Tag für Tag 300 Kilometer im Zug: Da blieb kaum noch Zeit für Privatleben und Familie. Die Lage hat sich entspannt, seit es bei Bosch eine Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten gibt. Zwei Tage pro Woche arbeitet die Angestellte der Unternehmenskommunikation jetzt zu Hause. Zwei Tage, an denen sie morgens mit ihrer Tochter frühstücken, sie zur Kita bringen, wieder abholen kann und trotzdem ihr volles Tagespensum schafft. „Auch im 21. Jahrhundert denken immer noch viele Chefs, nur wer im Büro sitzt, arbeitet. Bei uns ist das glücklicherweise anders.“ Egal wo Erika Elert jetzt arbeitet, ihre Arbeitszeituhr läuft. Wenn sie im Zug sitzt, klappt sie ihren Laptop auf, erledigt ihre Aufgaben und trägt die Zeit in ihr Arbeitszeitkonto ein.
Viele Menschen wünschen sich bei der täglichen Arbeit flexibler und freier entscheiden zu können, was sie wann erledigen. Die Technik macht es möglich. Maik Schneider, Softwareentwickler im Entwicklungszentrum von Thales Transportation Systems in Berlin, hat ebenfalls die Chance. Ab 1. September kann er mobil außerhalb des Betriebs seine Arbeit erledigen. Der IG Metall-Betriebsrat hat mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass alle das Recht haben, von unterwegs oder zuhause zu arbeiten. Maik Schneider freut sich darauf: „Vor Kurzem hat die Kita kurzfristig zugemacht. Künftig kann ich dann zu Hause bleiben und weiter arbeiten, wenn mein Kind mittags schläft. Viele Probleme sind dann keine Probleme mehr.“
Mobile Arbeit löst nicht nur Probleme, sie kann auch neue schaffen. Wer immer und überall arbeiten kann, tut es unter Umständen auch. Arbeit verliert ihre Grenzen, Arbeitszeiten werden nicht erfasst, nicht bezahlt und ufern aus. Bei Thales hat der Betriebsrat dem einen Riegel vorgeschoben. Sämtliche Arbeitszeiten werden erfasst: Die rund 200 Beschäftigten, überwiegend Ingenieure und Entwickler, tragen bei mobiler Arbeit online ihre Arbeitszeit ein. Für die Mobilarbeit gelten die gleichen Regeln wie für die Arbeit im Betrieb: gleitende Arbeitszeit zwischen 6 und 20 Uhr von Montag bis Freitag; maximal sind 50 Stunden plus möglich, die Beschäftigten individuell nach Bedürfnissen abbauen, im Regelfall gibt es keine Samstags- oder Sonntagsarbeit und keine Mobilarbeit bei Urlaub, Krankheit oder Gleittagen generell.
Die Vereinbarung hatte der Betriebsrat ein Jahr lang mit allen Beschäftigten diskutiert. Am meisten überraschte Dorothea Lay und ihre Betriebsratskollegen, dass alle dafür stimmten, Arbeitszeit ausnahmslos zu erfassen. „Auch die 53 außertariflichen Angestellten, die keinen Anspruch auf Abgeltung von Mehrarbeit haben.“