„Der Job frisst mich auf.“ Viele kennen dieses Gefühl. Wer Familie, private Verpflichtungen oder persönliche Interessen neben der Arbeit hat, stößt schnell an seine Grenzen. Das Privatleben droht unter die Räder zu kommen. Da klingt es für viele Menschen wie Hohn, wenn Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer meint, der „starre Acht-Stunden-Tag“ passe nicht mehr „ins digitale Zeitalter“.
Ein „starrer“ Acht-Stunden-Tag, wie Kramer ihn beschreibt, geht heute schon völlig an der Realität vieler Beschäftigter vorbei. Sie arbeiten längst hoch flexibel und sind auch dazu bereit – aber sie wollen das auch gerne nach ihren eigenen Bedürfnissen. Die Unternehmen wollen die Arbeitszeiten möglichst eng an die Schwankungen der Märkte anpassen.
Ist die Auftragslage gut, arbeiten die Beschäftigten mehr, ohne dass sie dafür Überstundenzuschläge bekommen oder der Betrieb zusätzliches Personal einstellen muss. Nicht selten werden dann Schichten auch mal ohne ausreichende Ankündigungsfristen ins Wochenende verlagert. Ist die Auftragslage schlecht, feiern die Arbeitnehmer ihre angesammelten Plusstunden ab. So wälzt der Betrieb einen Teil des unternehmerischen Risikos auf die Beschäftigten ab und kann gleichzeitig die teuren Produktionsanlagen besser auslasten.
Gleitzeit, Flexi-Arbeitszeitkonten, mobile Arbeit, Vertrauensarbeitszeit und immer mehr „Arbeit auf Abruf“: Flexible Arbeitszeiten sind auf dem Weg, zum Normalfall zu werden. Dabei gerät die Work-Life-Balance für viele ins Wanken.
Grundsätzlich akzeptieren die meisten Arbeitnehmer die Flexibilitätsanforderungen der Betriebe. Allerdings wollen sie nicht, dass Flexibilität im Beruf zu stark ihr Privatleben beeinträchtigt. Die Menschen wünschen sich gute Arbeit und Arbeitszeiten, die planbar sind und die sie selbst stärker beeinflussen können. Das hat die Beschäftigtenumfrage der IG Metall 2013 eindeutig gezeigt.
Arbeitszeit und Leistungsanforderungen dürfen die Gesundheit nicht beeinträchtigen.
Durch ausreichende Personalbesetzung, Pausen- und Erholzeitregelungen sowie Ausgleichzeiträume müssen Gesundheitsbelastungen vermieden werden.
Mobiles Arbeiten und Schichtarbeit müssen gesundheitsschonend reguliert werden, damit die Arbeit nicht zum Stressfaktor wird.
Die Zeitbedürfnisse und Lebensentwürfe der Beschäftigten müssen wieder eine zentrale Rolle spielen. Das ist das Kernanliegen der Arbeitszeitkampagne. Erste wichtige Schritte dabei sind, die Alters- und Bildungsteilzeit in den Betrieben umzusetzen. Darüber hinaus wird die IG Metall sich auf den Verfall von Arbeitszeit konzentrieren sowie auf die gesundheitsschonende Gestaltung von Schichtarbeit und mobiler Arbeit. Arbeitszeit und Leistungspolitik, Arbeitszeitkonten, lebensphasenorientierte Arbeitszeiten sowie die Angleichung der Arbeitszeit zwischen Regionen und Branchen sind weitere Themenfelder der Kampagne.
Auf der politischen Ebene fordert die IG Metall unter anderem das Rückkehrrecht aus Teilzeit auf eine gleichwertige Vollzeitstelle sowie gesetzliche Verbesserungen bei Pflege- und Elternzeiten. Die IG Metall wird vor der Bundestagswahl 2017 ihre arbeitszeitpolitischen Reformvorschläge in die Debatte einbringen. Hierzu gehört auch die staatliche Förderung neuer Arbeitszeitmodelle wie reduzierte Vollzeit oder Familienarbeitszeit.