12. Oktober 2011
Berthold Huber: Zukunftsreferat
Wir brauchen eine neue Kultur der Arbeit
Im Interesse der Menschen und einer zukunftsfähigen Gesellschaft fordert Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, eine „Neue Kultur der Arbeit“. Gute Arbeit soll zur Grundlage unseres Wachstums- und Wohlstandsmodells in Deutschland werden. Dazu gehören humane Arbeitsbedingungen, ...

... erweiterte Mitbestimmungsrechte und eine aktive europäische Industriepolitik.

In seinem Zukunftsreferat umreißt Berthold Huber vor den Delegierten des 22. Ordentlichen Gewerkschaftstages die Handlungsschwerpunkte der IG Metall für die kommenden vier Jahre.

Ökologischer Umbau
Der Klimawandel und die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, die Ressourcenverknappung und nicht zuletzt die Atomkatastrophe von Fukushima machen es notwendig, dem Raubbau an unserem Planeten ein Ende zu setzen. Huber forderte ein Investitionsprojekt in Europa, das den Herausforderungen des Klima- und Umweltschutzes gerecht wird. Dabei befindet sich die deutsche Industrie in einer priviligierten Position. Denn die Branche verfügt über Technologien, um die weltweiten ökologischen Bedrohungen mit innovativen Produkten zu reduzieren. Technischer Erfindergeist sowie motivierte und qualifizierte Beschäftigte sind dabei entscheidend. Doch gerade die Arbeitsbedingungen in „grünen“ Unternehmen lassen häufig zu wünschen übrig. „Wir müssen verhindern, dass sich in der Umwelttechnologie eine mitbestimmungs- und gewerkschaftsfreie Zone etabliert“, stellte Huber fest.

Sozialer Kurswechsel
Im Interesse der Beschäftigten und im Interesse einer zukunftsfähigen Gesellschaft braucht es neben einem ökologischen einen sozialen Kurswechsel. Berthold Huber forderte die Bundesregierung auf, zusammen mit den Gewerkschaften ein großes Projekt „Neue Kultur der Arbeit“ aufzulegen. Huber sagte: „Wir brauchen eine Epoche, in der gute Arbeit die Grundlage unseres Wachstums- und Wohlstandsmodells ist“. Dazu gehören sichere und faire Arbeitsplätze statt Leiharbeit, Niedriglohn und Werkverträgen.

Zu einem sozialen Kurswechsel gehören auch humane Arbeitsbedingungen. In vielen Firmen herrscht ein zunehmender Arbeitsdruck. Die Folgen sind dramatisch: Viele Menschen sind erschöpft, leiden unter Burn-out oder Depressionen. Das sind inzwischen die häufigsten Krankheitsursachen. Grund sind Arbeitshetze, die Angst den Job zu verlieren und ein immer größerer Leistungsdruck. Zudem wird in vielen Firmen die Arbeitszeit grenzenlos ausgedehnt. Und allzu oft wird diese geleistete Arbeitszeit weder durch Freizeit noch durch Geld entgolten. Dagegen wird die IG Metall vorgehen. „Keine Stunde darf verfallen“, forderte Huber auf dem Gewerkschaftstag in Karlsruhe. Er kündigte an, dass die IG Metall bundesweit Tarifverträge zu Arbeitszeitkonten und individuellen Arbeitszeiten abschließen will.


Mitbestimmung

Um die Wirtschaft demokratischer zu gestalten, sind erweiterte Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte notwendig. Das hat die Krise von 2008 und 2009 gezeigt. Deshalb fordert die IG Metall, dass die betriebliche Mitbestimmung erweitert wird. Die Gewerkschaft fordert mehr Mitsprache bei Betriebsänderungen, Sanierungskonzepten, Beschäftigungssicherung, Leiharbeit und Werkverträgen. Mitbestimmung muss zudem in allen Unternehmen gelten – nicht nur ab einer Unternehmensgröße von 2000 Beschäftigten. Wenn zudem das Aktienrecht erweitert wird, könnten bestimmte Entscheidungen wie Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und Massenentlassungen nur mit einer Zweidrittelmehrheit getroffen werden. Dass das funktioniert, zeigt sich beispielsweise bei Volkswagen. Dort sind erweiterte Mitbestimmungsrechte, wirtschaftlicher Erfolg und eine gute Unternehmenskultur keine Gegensätze.

Soziales Europa
Europa ist mehr als eine Währungsunion. Deshalb ist die europäische Integration eines der wichtigsten Projekte für die Zukunft. Wir brauchen eine einheitlich agierende, demokratisch legitimierte europäische Wrtschaftsregierung. Dann können auch globale Prozesse beeinflusst werden. Die Staatsfinanzen müssen saniert und die Konjunktur gestützt werden. Den am schwersten betroffenen Ländern muss geholfen werden. Sinnvoll sind gemeinsame Projekte, um über Investitionen die Wirtschaft zusätzlich anzukurbeln. Ein wichtiges Betätigungsfeld mit großen Zukunftsperspektiven ist beispielsweise die Energiewende.


Gerechteres Steuersystem
Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit in Europa und um die strukturelle Unterfinanzierung der Staatshaushalte zu beseitigen, fordert die IG Metall ein ergiebigeres und gerechteres Steuersystem. Die Vermögensteuer muss wieder eingeführt, die Erbschaftssteuer und der Spitzensteuersatz erhöht werden. Die IG Metall fordert zudem eine Zukunftsabgabe von Reichen und Vermögenden. Diese Mittel können in der Energiewende und für nachhaltige Mobilität eingesetzt werden.

Die Aufgaben der kommenden Jahre seien nicht einfach zu bewältigen, stellte Berthold Huber fest. Aber er ist zuversichtlich: Die Beharrlichkeit, die Ausdauer, der Optimismus unserer Betriebsräte und Vertrauensleute, das macht uns als IG Metall stark.

Zukunftsreferat Berthold Huber (PDF, 86 KB)


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