Ungarn: Massiver Protest gegen „Sklavengesetz“
Dem Überstundenmonster die Zähne ziehen

In Ungarn brodelt es. Auslöser ist ein auf die Schnelle durchgepeitschtes Gesetz, das Überstunden ausweitet. Ausbaden müssen es die Beschäftigten nach dem Motto „Arbeiten bis zum Umfallen“. Die Gewerkschaften machen mobil gegen das „Sklavengesetz“ und drohen mit Generalstreik.

8. Dezember 20188. 12. 2018


Die Proteste werden immer stärker. Am vergangenen Wochenende gingen in Ungarn wieder tausende Menschen auf die Straße – nicht nur in Budapest, sondern auch in mehreren wichtigen Großstädten. Auslöser ist das mittlerweile beschlossene Gesetz zu Überstunden, unter dem nur noch die Unterschrift des Staatspräsidenten fehlt. Das „Sklavengesetz“ – wie es in Ungarn genannt wird – erhöht die zulässige Zahl der Überstunden pro Jahr von bisher 250 auf 400. Die Überstunden sind über einen Zeitraum von drei Jahren zu bezahlen oder auszugleichen. Die Gewerkschaften befürchten, dass Überstunden ohne Zuschläge und sofortige Entlohnung angeordnet werden können.

 

Die Beschäftigten in Ungarn gehen gegen das Gesetz zu den Überstunden auf die Barrikaden. Foto: Michael Lichel

 

Nun beteiligen sich immer mehr Menschen an den Protestkundgebungen und Demonstrationen. Die Empörung im Volk wächst. Bereits in der vergangenen Woche kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf Demonstranten. Die Polizei setzte Tränengas ein. Dutzende Oppositionelle wurden festgenommen. Regierungschef Viktor Orbán tut zwar verwundert ob des Ausmaßes der Gegenreaktion, hat aber signalisiert, dass er das Gesetz zur Not mit Gewalt durchziehen wird.

Die IG Metall und zahlreiche Vorsitzende von Gesamtbetriebsräten aus der deutschen Autoindustrie sowie Siemens unterstützen die ungarischen Gewerkschaften bei ihrem Widerstand und haben eine Resolution unterzeichnet, die auf der ersten großen Kundgebung in Budapest verlesen wurde. Die Solidaritätserklärung der IG Metall fand nicht nur in Ungarn starke Beachtung. Über sie wurde auch in mehreren deutschen Leitmedien berichtet. Inzwischen ist ein breites Bündnis aus Studierenden und fast allen ungarischen Oppositionsparteien entstanden und es geht längst um mehr.

In den sozialen Medien kursieren „5 Forderungen für die Freiheit“: An erster Stelle steht die Rücknahme des „Sklavengesetzes“. Außerdem fordert die Protestbewegung weniger Überstunden für die Polizei, unabhängige Gerichte, Bekämpfung der Korruption durch Europäische Behörden und unabhängige Medien.


Unterstützung durch die IG Metall

Die ungarischen Gewerkschaften diskutieren derzeit gemeinsam die weiteren Strategien.Viele rufen nach Generalstreik. „In dieser zugespitzten Situation ist es wichtig, dass wir durch unsere Kooperation die ungarischen Kollegen unterstützen können“, sagt das IG Metall-Vorstandsmitglied Wolfgang Lemb. „Wir sind mit den Kollegen solidarisch und werden uns dafür einsetzen, dass die deutschen Unternehmen mit Niederlassungen in Ungarn die neue Regelung nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausnutzen.“

Seit zwei Jahren betreibt die IG Metall mit der Schwestergewerkschaft Vasas eine Bildungseinrichtung für Arbeitnehmervertreter in Györ. Auf Grundlage der Transnationalen Partnerschaftsinitiative werden Betriebsräte und Vertrauensleute geschult. Diese gemeinsame Bildungseinrichtung erweist sich als überaus wichtig und ist jetzt besonders gefragt.

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