21. Juli 2014
Gesundheit – zu wichtig, um sie schlechter Arbeit zu opfern
Höchste Zeit für die Gesundheit
Die Arbeitswelt heute ist geprägt von körperlichem und psychischem Verschleiß vieler. Zunehmender Stress, Schichtarbeit und neue, flexible Arbeitsformen setzen den Beschäftigten immer mehr zu. Solange Missstände am Arbeitsplatz krank machen und Menschen in Frühverrentungen zwingen, wird die IG ...

... Metall keine Ruhe geben.

„Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und ist nicht allein das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ Die Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation WHO – fast zu schön, um wahr zu sein. Denn der Arbeitsalltag vieler Menschen sieht anders aus.

Leider gehört der Gesundheitsschutz nicht zu den vorrangigen Zielen von Unternehmen, die die Arbeitsplätze gestalten. Bei ihnen rangieren Rentabilität und Kostenersparnis vor Gesundheit und Wohlbefinden der Beschäftigten.

Nicht vorstellbar, bis zur Rente durchzuhalten

Ob schwere Arbeit an Maschinen oder vermeintlich „leichte“ Arbeit an Bildschirmen – körperlicher und psychischer Verschleiß prägen heute die Arbeit in den Fabriken und Büros. Burn-Out greift um sich, psychische Störungen und Erkrankungen scheinen sich zur Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts zu etablieren.

Die Arbeitswelt heute ist wahrlich kein Ponyhof. Viele Beschäftigte müssen vorzeitig wegen Krankheit aus dem Erwerbsleben ausscheiden, oft sind sie kaum älter als 50 Jahre. Und auch die große Beschäftigtenumfrage der IG Metall im Jahr 2013 bestätigte: 46 Prozent der Menschen können sich nicht vorstellen, in ihrem Job bei gleichbleibenden Anforderungen bis zum gesetzlichen Rentenalter durchzuhalten. Zwar können jetzt ältere Arbeitnehmer mit 63 nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei aussteigen. Doch die Belegschaften werden insgesamt nicht jünger und altersgerechte Arbeitsplätze sind weit und breit nicht in Sicht.

Können Sie Ihre Arbeit bei gleichbleibenden Anforderungen bis zum gesetzlichen Rentenalter
von über 65 Jahren ausüben?


Zunehmender Stress und Schichtarbeit sowie neue, flexible Arbeitsformen fordern ihren Tribut und stellen Gesundheitsschützer vor große Herausforderungen. „Solange Missstände am Arbeitsplatz zu den Hauptursachen für Erkrankungen und Frühverrentungen gehören, wird die IG Metall in dieser Frage keine Ruhe geben“, erklärte IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger letzte Woche anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Kampagne „ Tatort Betrieb“ der IG Metall Baden-Württemberg. Mit ihrem „Tatort Betrieb“ engagiert sich die IG Metall im Südwesten seit 25 Jahren erfolgreich für den Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Arbeitszeit aktuelles Gesundheitsthema

Waren es früher krebserzeugende Lösemittel und problematische Kühlschmierstoffe in der industriellen Fertigung, die die Arbeiter krank machte, so sind es heute die Entgrenzung der Arbeit und zunehmender Arbeitsstress, die zu schaffen machen. Vier von zehn Frühverrentungen haben psychische Ursachen. Aber auch die sich ausweitende Schichtarbeit belastet nach wie vor die Menschen. Sie beeinträchtigt das Schlafverhalten und die Ernährung der Betroffenen.

Im aktuellen, zehnten Tatort geht es um die Arbeitszeit unter dem Motto: „Höchste Zeit für Gesundheit“. Dabei geht es um die Frage, wie Schichtsysteme gut gestaltet und Belastungen im Büro reduziert werden können. Also nichts, was sich wie ein Giftstoff per Dekret entfernen ließe. Roman Zitzelsberger sieht hier die Unternehmen in der Pflicht. Sie müssen unter anderem dafür sorgen, dass Beschäftigte, die nachts arbeiten müssen, sich in der Kantine gesund ernähren können.

Betriebsrat und Arbeitsschutz

Betriebsräte haben im Arbeits- und Gesundheitsschutz eine Vielzahl von Möglichkeiten. Dazu gehören der klassische Unfallschutz, aber auch das Engagement für gesundheitsgerechte Arbeitszeiten, für verminderten Stress und weniger psychische Belastungen. Betriebsräte müssen aber nicht alles alleine machen.

Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) schreibt vor, dass Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (SiFa) mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten müssen. Dabei geht es darum, Maßnahmen des Arbeitsschutzes gemeinsam zu beraten und anzupacken.

Gute Arbeit braucht klare Regeln, sagt die IG Metall. Das gilt auch für ausufernde Arbeitszeiten, Arbeitsstress und Zeitdruck. Zwar ist schon vieles gesetzlich geregelt – aber nicht, wenn Mitarbeiter nach Feierabend oder am Wochenende ständig erreichbar sein müssen. Deshalb fordert die IG Metall schon seit längerem eine Anti-Stress-Verordnung – mit verbindlichen und handhabbaren Vorschriften, die psychische Belastungen mit anderen Gefährdungen durch Lärm oder unzureichendes Licht gleichstellt.

Zeit ist der Stressfaktor Nummer einsAnti-Stress-Verordnung – eine Initiative der IG MetallHans-Jürgen Urban: Weiter dran bleiben an einer Anti-Stress-Verordnung25 Jahre Tatort Betrieb – Interview mit Monika LersmacherErklärung zur psychischen Gesundheit in der ArbeitsweltKampf dem E-Mail-Wahnsinn: ständige Erreichbarkeit macht krank

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