Er ist Ingenieur, sie Sekretärin. Kein Wunder, dass sein Gehalt höher ist als ihres – so könnte man argumentieren. Doch das ist nur ein Teil der Realität. Denn nicht nur die Berufswahl entscheidet über Eingruppierung und Bezahlung, auch die Entwicklungsmöglichkeiten, die betrieblichen Rahmenbedingungen und die Tarifbindung beeinflussen den Verdienst. Vor allem die zuletzt genannte Tatsache ist eine entscheidende. In tarifgebundenen Betrieben verdienen Frauen deutlich besser und die Bezahlung ist gerechter.
„Unsere Antwort auf die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen sind Tarifverträge“, erklärt Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und für Gleichstellung zuständig. Frauen profitieren von der Tarifbindung überproportional. Denn Frauen in Betrieben mit Tarifbindung verdienen bei vergleichbaren Tätigkeiten rund ein Zehntel mehr als Frauen in Betrieben ohne Tarifbindung. „Wollen Arbeitgeber ein sichtbares Zeichen für Entgeltgerechtigkeit setzen, so wäre der Abschluss von Tarifverträgen ein erster Schritt“, so die Gewerkschafterin.
Insgesamt aber hat sich beim Thema Entgelt für die Frauen in den vergangenen Jahren jedoch wenig bewegt. Der heutige Equal Pay Day macht deutlich, wie groß die Lücke zwischen den Verdiensten noch ist. Im Durchschnitt müssen Frauen bis zum 20. März arbeiten, um auf den gleichen Verdienst zu kommen, den Männer bereits am Ende des Vorjahres im Geldbeutel haben. Der Gender Pay Gap, die Lücke zwischen den Entgelten, verharrt in Deutschland bereits seit Jahren bei 22 Prozent
Zwar ist die Lücke in den tarifgebundenen Betrieben kleiner, trotzdem gibt es sie. Wie das kommt? Die Frauen werden beim Grundentgelt nicht schlechter behandelt wie Männer, doch sie erhalten weniger Boni und geringere Leistungszulagen.
Dass das Entgelt viel mit dem Arbeitsplatz und dem Beruf zu tun hat, liegt auf der Hand. Jedoch auch wenn Frauen und Männer im gleichen Beruf arbeiten, gibt es Unterschiede zwischen den Verdiensten. Oft starten junge Frauen schon mit einem Rückstand in den Job, diese Diskriminierung gibt kein Unternehmen offen zu. Im Laufe des Arbeitslebens fallen die Frauen immer weiter zurück. Viele verlieren den Anschluss. Ein Grund dafür ist auch, weil sie einen Großteil der Familienarbeit übernehmen und deshalb häufig kürzer arbeiten. Zudem gelingt es den Frauen seltener als Männern in besser bezahlte Führungspositionen zu gelangen.
Die IG Metall setzt sich für bessere Entwicklungsmöglichkeiten für Frauen ein und sie fordert familienfreundliche Rahmenbedingungen. Denn das eine funktioniert nicht ohne das andere. Flexible aber planbare Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten können es den Frauen erleichtern, höherwertige Aufgaben zu übernehmen oder sich dorthin zu qualifizieren. Auch der Staat muss hier seine Aufgaben machen. Die IG Metall fordert ein Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitsplatz, die Umwandlung von Minijobs in existenzsichernde Arbeitsplätze sowie einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung.
Zwar schafft Transparenz alleine keine Entgeltgerechtigkeit, doch sie ist der erste Schritt zu einer Lösung. Die IG Metall fordert gleiches Geld für gleichwertige Arbeit. Ihre Initiative „Auf geht’s – Faires Entgelt für Frauen“ ist darauf angelegt, die Entgeltstrukturen in den Unternehmen offen zu legen und Fragen zu stellen: Wie viele Frauen und wie viele Männer sind in welchen Bereichen und auf welchen Hierarchiestufen beschäftigt? In welchen Tarifgruppen sind sie eingruppiert? Bekommen Frauen die gleichen Zulagen, die gleichen Prämien und werden sie zum gleichen Zeitpunkt hochgestuft wie Männer? Wem von beiden wird eine Beförderung angeboten und wem nicht? Die Antworten darauf können eine Basis dafür sein, in den Unternehmen Verbesserungen herbei zu führen.