Frankfurt/Main – „In tarifgebundenen Unternehmen der IT- und Telekommunikationsbranche stiegen die Gehälter 2009 trotz der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise um fast fünf Prozent“, sagte Helga Schwitzer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Dies ist das auffälligste Ergebnis der aktuellen ITK-Entgeltanalyse, die die IG Metall am Montag in Frankfurt veröffentlicht hat. In nicht-tarifgebundenen Unternehmen sanken die Gehälter durchschnittlich um cirka zwei Prozent. „Dieser große Unterschied spricht eindeutig für die Tarifbindung“, betonte Schwitzer.
Im Durchschnitt ergibt sich über alle untersuchten Unternehmen und Jobs eine Steigerung der Entgelte um ca. 2,3 Prozent. In den meisten der 16 untersuchten Jobfamilien sind die Gehälter sehr stabil geblieben. Leichte Entgeltzuwächse gab es in den Bereichen Beratung/Consulting (plus 1,7 Prozent), Softwareentwicklung (plus 1,7 Prozent), in der Verwaltung (plus 2,0 Prozent) und im Vertrieb (plus 1,2 Prozent). Kräftige Erhöhungen waren in der Hardware-Entwicklung (plus 6,1 Prozent), in Callcentern (Call Center Agents plus 5,9) und im Marketing (plus 6,0 Prozent) zu verzeichnen. Verluste gab es im Bereich Service Technik (minus 1,4 Prozent) und Training (minus 0,7 Prozent).
In der Hierarchie der Jobfamilien sind die unteren Einkommen tendenziell gestiegen, während Führungskräfte teilweise Einbußen hinnehmen mussten. Die Anzahl der Beschäftigten mit variablem Gehaltsbestandteil hat sich weiter erhöht. In fast zwei Drittel der untersuchten Jobgruppen sanken jedoch die variablen Gehaltsbestandteile.
Die Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen konnten sich hingegen auf tariflich gesicherte Einkommensverbesserungen verlassen. „Trotzdem herrscht in der Branche keineswegs Jubelstimmung, denn viele Unternehmen nutzen die Krise, um Kosten zu sparen und Arbeitsplätze abzubauen“, stellte Helga Schwitzer fest.
Nach einer aktuellen Studie des Branchenverbandes BITKOM fehlen trotz massiver Stellenstreichungen allein in Deutschland rund 20.000 IT-Experten. Wenn die Konjunktur wieder anzieht, wird der Bedarf an IT-Fachkräften noch weiter steigen.
„Um so gravierender ist es, dass die Anzahl der Ausbildungsverträge in der IT- und Telekommunikationsbranche 2009 um rund 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr von 17.031 auf 14.817 zurückgegangen ist“, sagte Schwitzer. Zudem sei der Anteil der Frauen an der IT-Ausbildung mit 8,2 Prozent auf den niedrigsten Wert seit Jahren gesunken. „Die Nachwuchsprobleme der Branche sind weitgehend hausgemacht. Eine Kehrtwende ist dringend nötig.“ Die ITK-Unternehmen müssten ihren Beschäftigten verlässliche Zukunftsperspektiven bieten. Dazu zähle, dass sie künftig verstärkt in die Aus- und Weiterbildung investieren. „Nur dann lassen sich junge Leute für die Branche zurückgewinnen und kann diese auch für Frauen attraktiver werden“, betonte Schwitzer. Gleichzeitig müsse mit einer konjunkturunabhängigen Finanzierung gegengesteuert werden, damit die Ausbildungszahlen nicht noch weiter einbrechen. Außerdem forderte Schwitzer die Unternehmen auf, die mit dem aktuellen Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie geschaffenen neuen Instrumente der Beschäftigungssicherung und der Übernahme Ausgebildeter zu nutzen, um Entlassungen zu vermeiden.
Die Gehaltsanalyse der IG Metall bietet auf breiter empirischer Grundlage eine Übersicht über die tatsächlich gezahlten Jahresbruttoentgelte tarifgebundener und nicht-tarifgebundener Unternehmen. Hierzu wurden verschiedene ITK-typische Tätigkeiten insgesamt 74 verschiedenen Jobs in 16 Jobfamilien zugeordnet und 25.061 Daten aus 102 Betrieben ausgewertet. Zudem bietet die Analyse durch einen Langzeitvergleich einen guten Überblick über die jeweilige Job-Entwicklung im Zeitraum von 1999 bis 2009.