PRESSEMITTEILUNG
Wichtige Forderungen im Koalitionsvertrag enthalten – jetzt kommt es auf schnelle Umsetzung an

Gewerkschaft begrüßt Aufnahme wichtiger Forderungen in den Koalitionsvertrag +++ Christiane Benner: „Maßnahmen für sichere Arbeitsplätze in der Automobilindustrie müssen schnell umgesetzt werden; Vorhaben zu Mitbestimmung positiv“

10. April 202510. 4. 2025


Frankfurt am Main – Die IG Metall begrüßt, dass im gestern vorgestellten Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD zentrale Forderungen der IG Metall aufgenommen wurden und drängt auf schnelle Umsetzung.

Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, zur Automobilindustrie: „Es ist angesichts der weltpolitischen und der wirtschaftlichen Lage gut und wichtig, dass die Koalitionsverhandlungen zügig geführt und zum Abschluss gebracht wurden. Der Fokus auf Industrie ist scharf. Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen einen klaren Fahrplan, den der Koalitionsvertrag an vielen Stellen bietet: Dringend benötigte Maßnahmen zur Förderung von Elektromobilität wie die Befreiung bei der Kfz-Steuer, Sonderabschreibungen auf E-Autos und der Ausbau der Ladeinfrastruktur sind enthalten. Technologieoffenheit unterstützen wir. Jetzt müssen diese Maßnahmen in Sicherheit für Arbeitsplätze in der Automobilindustrie umgesetzt werden.“

Weiter äußerte sich die Erste Vorsitzende zu den Vorhaben zur Mitbestimmung: „Mitbestimmung soll erweitert werden, die Weiterentwicklung des Mindestlohns, das Festhalten an einem neuen Bundestariftreuegesetz und die Ankündigung eines digitalen Zugangsrechts für Gewerkschaften sind weitere wichtige Erfolge. Die Möglichkeit für Online-Betriebsratswahlen soll geschaffen werden.“

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, zu den industriepolitischen Vorhaben: „Zentrale industriepolitische Forderungen der IG Metall beschreibt der Koalitionsvertrag nun als Vorhaben. Das ist ein wichtiger Schritt. Ein Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen und weitere Maßnahmen für wettbewerbsfähige Energiekosten sind dabei wesentlich. Unsere langjährige Forderung, die Vergabe von staatlichen Fördermitteln an soziale und ökologische Kriterien wie Standortsicherung und Co2-Ausstoß zu koppeln, findet sich im Koalitionsvertrag. Das gilt auch für unsere Forderung nach grünen Leitmärkten. Das alles sind essenzielle Weichenstellungen, um die Arbeitsplätze von vielen Kolleginnen und Kollegen in unseren Branchen zu schützen und um Industriearbeit in Deutschland zu halten. Jetzt geht es erstens um eine zügige Umsetzung. Und zweitens müssen die Unternehmen umgehend den Ball aufnehmen und Perspektiven für ihre deutschen Standorte fortschreiben, in Entwicklung und Betrieb investieren und Beschäftigung sichern.“

Negativ bewertet die Gewerkschaftschefin Christiane Benner Vorhaben zu Bürgergeld und zur Migration: „Kritisch sehen wir die Pläne für eine neue Grundsicherung für Arbeitssuchende, die beschriebenen Maßnahmen sind ein Rückschritt, kein Aufbruch. Dass Fachkräfte aus dem Ausland durch erleichterte Verfahren und Sprachkurse in Deutschland besseres Ankommen ermöglicht werden soll, ist gesellschaftlich und wirtschaftlich wichtig. Sehr kritisch sehen wir dagegen die Verschärfungen für Schutzsuchende und beim Asylrecht. Sie sind Ergebnis der destruktiven Migrationsdebatten der letzten Monate.“

Sozialpolitik: Positiv hervorzuheben ist auch, dass der Koalitionsvertrag keine Verschlechterung bei Rente, Gesundheit und Pflege enthält. Das Rentenniveau soll bis 2031 bei 48 Prozent abgesichert werden, die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren bleibt. Allerdings soll eine Rentenkommission in naher Zukunft eine ‚neue Kenngröße‘ über alle Säulen der Altersvorsorge prüfen. Hier wird die IG Metall gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften weiter intensiv Druck machen. Gleiches gilt für den Einsatz in den angedachten Kommissionen, die über die notwendigen Reformen der Gesundheits- und Pflegeversicherung beraten sollen.

Die neue Grundsicherung für Arbeitssuchende ist eine Rückkehr zur Sanktionslogik des Hartz-IV-Systems. Vermittlungsvorrang, Strafen, Leistungsentzug sind ein Rückschritt, kein Aufbruch. Besonders schwerwiegend ist geplante Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen und die Kopplung des Schonvermögens an die Lebensleistung.

Wirtschafts- und Steuerpolitik: Der Koalitionsvertrag verspricht wichtige Anreize für mehr Konsum und Investitionen – diese sind aber teils zu spät, zu vage oder nicht zielgerichtet genug geplant. Die Senkung der Strompreise und der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen wird eine Entlastung für viele Haushalte in Deutschland bringen. Die Entlastungen bei der Einkommenssteuer sollen aber erst Mitte der Legislaturperiode kommen – und offen ist auch noch in welcher Form und in welchem Umfang. Statt einer Investitionsprämie gibt es die ersten drei Jahre nur eine degressive Abschreibung für Ausrüstungsinvestitionen. Das verschiebt aber die Steuerlast nur nach hinten. Ab 2028 soll dann die Körperschaftsteuer jedes Jahr um einen Prozentpunkt gesenkt werden. Solche Körperschaftsteuersenkungen belasten die Haushalte und haben in der Vergangenheit Gewinne und Dividenden aber nicht zwingend die privaten Investitionen erhöht.

Auf größere Schritte für eine gerechtere Finanzierung wie eine Vermögenssteuer oder eine Reform der Erbschaftssteuer ist keine Einigung erkennbar. Einzelne Maßnahmen versprechen hier zumindest etwas mehr Gerechtigkeit. So soll etwa die Schere zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld ‚verringert‘ werden und Alleinerziehende stärker vom Kindergeld profitieren. Wichtig aus Verteilungssicht ist, dass der Solidaritätszuschlag erhalten bleibt. Und auch Gewerkschaftsmitglieder stärker steuerlich zu begünstigen ist ein guter Ansatz.

Ob die groß angelegten Vorhaben zum Bürokratieabbau tatsächlich Entlastung bringen oder als Deckmantel für Deregulierung auch von Beschäftigtenrechten dienen, ist noch offen. Hier werden wir uns stark machen, wenn es um die Umsetzung der Vorhaben geht!

Arbeitszeit: Die künftigen Regierungsparteien haben sich aber auch auf Dinge geeinigt, die aus Sicht der IG Metall nicht vertretbar sind, allen voran das Aufbohren der täglichen Höchstarbeitszeit. Wie bei dem Thema Mehrarbeitszuschläge, die steuerfrei gestellt werden sollen, ist allerdings auch hier vorgesehen, dass es dazu einen Dialog mit den Sozialpartnern geben soll. Diesen Gestaltungsspielraum will und wird die IG Metall nutzen. Hier wird sich die Gewerkschaft einsetzen!

Die Herausforderungen sind riesig, eine handlungsfähige Regierung von größter Wichtigkeit. Mit dem Koalitionsvertrag sind wichtige Voraussetzungen für den Erhalt von guten Industriearbeitsplätzen in Deutschland geschaffen. Die wichtigen Vorhaben zur Stärkung der Beschäftigten und der Wirtschaft müssen jetzt schnell umgesetzt werden!

 

Pressemitteilungen abonnieren