Sabrina K. hat es geschafft. Heute ist sie genau da, wo sie immer hinwollte: Die 32-jährige Ingenieurin arbeitet als Teamleiterin bei einem schwäbischen Maschinenbauer. Doch der Weg dorthin war holprig. Nach dem Studium hat Sabrina zunächst mehrere Praktika absolviert – unbezahlt. Nachdem sie dann noch immer keinen festen Job hatte, unterschrieb sie einen Arbeitsvertrag bei einer Zeitarbeitsfirma. Nach verschiedenen Einsätzen in unterschiedlichen Firmen der Region gelang es Sabrina, bei ihrem jetzigen Arbeitgeber einen befristeten Job zu erhalten. Für ein Jahr vertrat sie eine Mitarbeiterin, die in Elternzeit war. Dann endlich: Als der befristete Zeitraum vorbei war, bot der Arbeitgeber Sabrina einen unbefristeten Arbeitsvertrag an.
Kluft zwischen Jungen und Älteren immer größer
Sabrina ist keine Ausnahme. So wie ihr geht es fast jedem dritten Erwerbstätigen, der jünger als 35 Jahre ist. Zu diesem Ergebnis kam unlängst eine Jugendstudie der IG Metall.
Tatsächlich hat sich die Kluft zwischen den Jüngeren und den Älteren in den vergangenen 18 Monaten sogar vergrößert. Im Vergleich zur letzten Befragung haben noch mehr der unter 35-jährigen jungen Erwerbstätigen bei der Befragung angegeben, dass sie in ihrem bisherigen beruflichen Lebenslauf ungewollte Einschnitte und Brüche hinnehmen mussten. Das heißt, sie waren arbeitslos, befristet, in Leiharbeit oder haben ungewollt den Arbeitsplatz wechseln müssen. Detlef Wetzel, der Zweite Vorsitzende der IG Metall, fordert angesichts der Befragungsergebnisse, dass die Politik endlich eingreift. „Prekäre Arbeitsverhältnisse sind kein vorübergehendes Phänomen zu Beginn des Berufslebens, sondern trotz Aufschwung und Fachkräftebedarf verfestigte Realität für viele“, stellte Wetzel fest.
Jeder junge Mensch hat das Recht auf eine Ausbildung, einen sicheren Job, ein faires Einkommen und die Chance, über die eigene Zukunft mitentscheiden zu können. Das sind keine allgemeinen Floskeln. Das ist die Meinung der IG Metall und deshalb nimmt sie sich den Themen der jungen Generation an. Sie behält die Situation junger Menschen im Blick und hat bereits zum dritten Mal nach 2009 und 2010 TNS Infratest Politikforschung damit beauftragt, die Einstellungen, Sorgen und Erwartungen der jungen Generation zu ermitteln. Befragt wurden über 1000 Erwerbstätige, die jünger als 35 Jahre sind, und fast 800 Erwerbstätige, die älter sind.
Kompromiss, weil es den passenden Ausbildungsplatz nicht gab
In der Wirtschaft läuft es wieder rund. Mit der konjunkturellen Erholung sinkt auch die Zahl der Arbeitslosen. Doch die prekäre Beschäftigung nimmt weiter zu und sie trifft verstärkt die Jungen, so ein Ergebnis der Befragung. Konkret geht es um 32 Prozent der unter 35-Jährigen. Sie waren in ihrem bisherigen Erwerbsleben bereits in Leiharbeit, einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder befristet beschäftigt. 2009 lag der Anteil bei 28 Prozent. Zwar haben wir hierzulande keine „spanischen Verhältnisse“, doch auch in Deutschland haben viel zu viele junge Menschen keine Chance, sich beruflich zu stabilisieren. Etwa jeder Dritte hat keinen Ausbildungsplatz in seinem Wunschberuf, und jeder vierte Befragte hatte Probleme, überhaupt einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu finden. Das führt beispielsweise dazu, dass junge Menschen sich eine Tätigkeit suchen, die unter ihrem Qualifikationsniveau liegt.
Eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren, im erlernten Beruf arbeiten, aus dem Elternhaus ausziehen und auf eigenen Füßen stehen – mit diesen Hoffnungen starten junge Menschen nach der Schule in die Arbeitswelt. Gerade in jungen Jahren treffen Menschen wichtige persönliche und berufliche Entscheidungen, sie stellen die Weichen für den beruflichen Werdegang. Einerseits ist das eine spannende und kreative Lebensphase. Gleichzeitig ist diese Zeit von Unsicherheiten geprägt. Deshalb sind gerade dann Sicherheit und Perspektiven besonders wichtig.
Nebenjob, weil das Geld nicht reicht
Doch die Wirklichkeit ist hart. Junge Erwachsene stecken nicht nur häufiger als ihre älteren Kollegen in unsicheren Jobs. Auch finanziell stehen sie schlechter da. Etwa jeder vierte junge Beschäftigte hat noch einen oder mehrere Nebenjobs zusätzlich, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. 55 Prozent der unter 35-Jährigen erhält brutto weniger als 2000 Euro. Bei den über 35-Jährigen liegt dieser Anteil bei 47 Prozent. Das heißt: Seit der letzten Befragung ist der Anteil der Jungen im Niedriglohnbereich weiter gestiegen.
Die IG Metall hat im Mai 2012 die unbefristete Übernahme der Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie durchgesetzt und auch bei der Leiharbeit Erfolge erzielt. Doch auch die beste Tarif- und Betriebspolitik kann nicht alles korrigieren, was die Politik versäumt oder falsch macht. Prekäre Beschäftigungsformen müssen zurückgedrängt und reguläre Beschäftigung aufgebaut werden. Bis zur Bundestagswahl wird die IG Metall mit ihrer Kampagne „Arbeit: Sicher und fair“ die Forderung nach einer neuen Ordnung auf dem Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen.