Danfoss Lohmar
Nach nur zwei Jahren: schließen und billig verlagern

Vor zwei Jahren erst hat Danfoss das Hydraulikwerk in Lohmar bei Bonn gekauft. Jetzt wollen sie schließen und in die Slowakei verlagern – und das auch noch völlig unsinnig, sagen die Beschäftigten. Sie haben ein Alternativkonzept und wollen für ihr Werk kämpfen. Die Region steht hinter ihnen.

14. März 202314. 3. 2023


„Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Mitarbeiter und ihre Familien“, kritisiert der Betriebsratsvorsitzende Andreas Papke. Der Heizungs-, Klimatechnik- und Hydraulikkonzern Danfoss will sein Werk in Lohmar bei Bonn schließen und die Produktion in die Slowakei verlagern – nicht mal zwei Jahre nachdem Danfoss das Traditionswerk (Produktion und Logistik von Industrie- und Mobil-Hydraulik Komponenten) übernommen hat. Am Standort sind 200 Beschäftigte betroffen.

 

12 Prozent Marge reichen Danfoss nicht

Dahinter steckt vor allem Profitgier: 12 Prozent „Contribution Marge“ (Bruttogewinn/Deckungsbeitrag) reichen dem dänischen „Familienunternehmen“ nicht. Danfoss will deutlich mehr.

Offiziell begründet Danfoss die Schließung damit, dass der Mietvertrag für das Werk im Juni 2024 ausläuft.

Doch das war bereits beim Kauf vor zwei Jahren klar. Betriebsrat und IG Metall haben immer wieder auf den auslaufenden Mietvertrag hingewiesen und nachgehakt, wie es weitergeht. Mehr noch: Sie haben selbst passende Grundstücke und Immobilien recherchiert – und gemeinsam mit Standortleitung und Wirtschaftsexperten vom INFO-Institut ein umfassendes Standortkonzept erarbeitet, das Danfoss eine „Contribution Marge“ von mehr als 25 Prozent in der Region bringen würde.

Doch das Danfoss-Management ignorierte all ihre Vorschläge. Es gab weltweite Online-Meetings, in denen mit den Beschäftigten geplaudert wurde – per Du natürlich. Anfang Februar teilte ihnen dann Eric (Segment-Chef) ihr Aus am Telefon mit.

 

Verdacht: Verlagerung war von Anfang an geplant

Die Beschäftigten sind wütend. Sie wollen gemeinsam mit der IG Metall um ihre Arbeitsplätze kämpfen.

Die Stadt Lohmar und die ganze Region steht hinter ihnen. Der Verdacht: Danfoss hat von Anfang an geplant, Produkte und Technologie abzusaugen – und dann billig zu verlagern.

„Hätte die Firma Danfoss ein Interesse am Weiterbetrieb gehabt, hätte sie sich um Alternativflächen kümmern müssen. Das dies nicht geschehen ist, lässt nur die Vermutung zu, dass bereits bei der Übernahme vor knapp zwei Jahren eine Schließung und Verlagerung der Produktion geplant war“, heißt es in einer Resolution des Stadtrats von Lohmar. „Sollte es stimmen, dass in Gesprächen, die in Lohmar beschäftigten Mitarbeitenden als „Einmalkosten“ bezeichnet wurden, denen das „Best-Cost-Land“ Slowakei gegenübergestellt werden muss, wäre dies an Menschenverachtung kaum zu überbieten.“

 

Verlagerung ist Unsinn

Wirtschaftlich macht die Verlagerung keinen Sinn. Das haben Betriebsrat und Standortleitung, IG Metall und die Berater vom INFO-Institut durchgerechnet. „Die Rechnungen der Konzernspitze stimmen nicht, die Zahlen zur Verlagerung sind schöngerechnet“, kritisiert Betriebsrat Andreas Papke. „In Wahrheit lohnt sich das gar nicht. Es werden alle Risiken ausgeblendet, der gesamte Geschäftsteil der Waltech-Rohrverbindungstechnik wird gegen die Wand gefahren.“

Unter anderem will Danfoss alle in Lohmar bereits seit über 20 Jahren automatisierten Logistikprozesse in der Slowakei wieder händisch abwickeln. Dies ist nur kurzfristig kostengünstiger, denn moderne Logistikanlagen sind um einen hohen Faktor schneller und bei mehrjähriger Betriebszeit auch wesentlich kosteneffizienter.

Zudem sind die Kunden und Lieferanten vor allem in Westeuropa. Ein weiter Weg, der unnötig Tonnen von CO2 produziert.

Und schließlich ist es aus Sicht der Beschäftigten ausgeschlossen, dass die Produktion in der Slowakei sofort so läuft, wie das Top-Management glaubt. Das war auch die Einschätzung bei der Diskussion im europäischen Betriebsrat. Danfoss braucht großteils spezielle Fachkräfte mit viel Erfahrung, die sie in der Slowakei nicht finden werden, etwa für die Fertigung von Teilen im anspruchsvollen Kaltverformungsverfahren.

 

Management unterschätzt nötiges Know-How

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gleich in der Slowakei funktioniert. Wir haben Jahrzehnte gebraucht, bis wir einen vernünftigen Fluss hatten“, warnt Christian Ginster. Er war früher Fertigungsmeister im Werk und dort über 18 Jahre zuständig für die große Hatebur HKP 4-5 Kaltumformpresse, die mit bis zu 1700 Kilonewton (173 Tonnen) Druck bis zu 150 Teile in der Minute presst. Seit zweieinhalb Jahren ist er Rentner, wird aber immer noch in den Betrieb gerufen, um Kollegen anzulernen und Probleme zu beheben.

Drei Lehrgänge an der Maschine hat Christian Ginster beim Hersteller in der Schweiz absolviert. Sie tüftelten am Material, an der Beschichtung, am Werkzeug, an der Dämmung und entwickelten gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) ein spezielles Schmieröl. „Du musst das ganze Umfeld beherrschen. Du kannst die Maschine nicht einfach in die Slowakei rüberbringen und wieder einschalten wie eine Kaffeemaschine.“

 

Gemeinsam gegen Verlagerung kämpfen

Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall diskutieren jetzt über die weiteren Schritte – und auch über einen möglichen Kampf um einen Sozialtarifvertrag.

"Wir werden unsere Proteste hochfahren und Verbündete suchen", hatte Michael Korsmeier, Geschäftsführer der IG Metall Bonn-Rhein-Sieg direkt nach der Schließungsankündigung erklärt. Die regionale Politik und auch ihr Bundestagsabgeordneter Sebastian Hartmann haben sich bereits hinter sie gestellt.

Die Schließung des Werks in Lohmar wäre ein weiterer Schlag für die Stadt und die Region, nachdem vor fünf Jahren bereits das Sulzer Pumpenwerk dichtmachte. Zudem befinden sich weitere Betriebe in der Region akut in Gefahr, und zwar ZF in Eitorf und Boge in Bonn. Dort ringen Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall ebenfalls um ein nachhaltiges Zukunftskonzept

„Uns droht der Ausverkauf unserer Industrie“, warnt Korsmeier. „Wir müssen uns gemeinsam anstrengen, um unsere Arbeitsplätze und unser Know-How hier zu halten.“

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