Transformation - Fairwandel
Kampf gegen Schließung bei Bosch in München

Bosch will billig verlagern, statt in die Zukunft zu investieren. Neben Arnstadt und Bühl ist das Werk München mit 265 Beschäftigten bedroht. Sie kämpfen um ihre Arbeitsplätze, unterstützt von Bosch-Beschäftigten aller Standorte – beim Bosch-Solidaritätstag am 19. November.

3. November 20213. 11. 2021


„Die Uhr tickt und es ist fünf vor zwölf. Die Arbeitgeber und die Politik müssen nun handeln und die Transformation fair und gerecht gestalten“, fordert Giuseppe Ciccone, Betriebsratsvorsitzender des Bosch-Werks München. „Ich erwarte von der Politik, dass sie die Transformation mitgestaltet und den Transformationsprozess begleitet.“

Ciccone tritt heutigen Freitag (29. Oktober) als Redner bei der Kundgebung zum Fairwandel-Aktionstag der IG Metall auf. Die IG Metall fordert unter anderem ein Investitionsprogramm von 500 Milliarden Euro bis 2030, um gute Arbeitsplätze auch im ökologischen Wandel zu sichern. Bei Bosch in München jedoch steht das ganze Werk auf der Kippe – weil Bosch den Wandel nutzt, um billig zu verlagern.

Auch die Beschäftigten des Bosch-Werks München im Stadtteil Berg am Laim sind zum bundesweiten Fairwandel-Aktionstag der IG Metall gekommen. Sie erfahren am eigenen Leib, worum es geht: Bosch will ihr Werk mit 265 Arbeitsplätzen schließen.

Ja, der Verbrenner geht, das Elektroauto kommt – aber nicht von heute auf morgen. Die in München produzierten Kraftstoffpumpen und Ventile werden noch für die nächsten acht, neun Jahre gebraucht. Doch Bosch will die Produktion für die paar Jahre noch verlagern, einen kleinen Teil nach Nürnberg, den größeren nach Tschechien oder Brasilien. „Wegen der Transformation“. Und aus Kostengründen.
 

Transformation als Vorwand für mehr Profit

Produkte für die Zukunft in München, für die Transformation? Dazu hat Bosch keine Idee. Dabei begründet Bosch die Schließungspläne des Werks in München ja ausdrücklich mit dem Wandel vom Verbrenner zum elektrischen Antrieb und dem „hohen Anpassungsbedarf“. Doch das ist aus Sicht von IG Metall und Betriebsrat nur ein Vorwand.

„Es geht Bosch einfach nur darum, in den nächsten Jahren noch ein paar Euro mehr Gewinn rauszuholen“, kritisiert Sascha Wojtkowski von der IG Metall München. Er verlangt eine Strategie für die Transformation, mit Zukunftsprodukten und Qualifizierung. „Die Geschäftsleitung sagt uns, die Beschäftigten hätten ja gar nicht die nötigen Qualifikationen für Zukunftsprodukte. Aber dann müssen sie eben qualifizieren. Wenn so etwa bei uns in München mit 265 Beschäftigten schon nicht klappt, wie soll das bei den anderen größeren Werken funktionieren mit der Transformation?“
 

Klima und Arbeitsplätze müssen zusammen gehen

Das lassen sich die Bosch-Beschäftigten nicht bieten. Sie kämpfen um ihre Arbeitsplätze.

 „Die Beschäftigten sind stinksauer, vor allem auf die Werkleitung“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Giuseppe Ciccone. „Wir genehmigen als Betriebsrat keine Überstunden mehr. Warum auch, wenn die uns sowieso schließen wollen?“

Bei ihrem Kampf um ihre Zukunft haben die Beschäftigten unerwartete Verbündete gefunden. Klimaaktivisten, die sich gegen die Werksschließung der Produktion engagieren. Gemeinsam mit den Beschäftigten verfassten sie eine Petition und sammelten Unterschriften im Betrieb: keine Entlassungen für den Klimaschutz. Für eine ökologische Umstellung. Die große Mehrheit der Beschäftigten hat unterschrieben.
 

Betriebsrat und IG Metall legen Alternativkonzept vor

Das mögliche Aus für das Bosch-Werk in München deutete die Werkleitung bereits vor rund einem Jahr an. Der Betriebsrat begann sofort, gemeinsam mit der IG Metall und den Betriebswirtschafts-Experten vom Info-Institut an einem Alternativkonzept zu arbeiten. Doch die Geschäftsleitung lieferte erst mal monatelang keine konkreten Zahlen.

Im Mai ließ Bosch dann in der Sitzung des Gesamtwirtschaftsausschusses, in dem auch Betriebsräte vertreten sind, die Bombe platzen: Wir stellen jetzt den Antrag „G13“ auf Werksschließung, mit Verlagerung.

„Die haben nur so getan, als ob sie sich unsere Vorschläge anhören wollen“, ärgert sich der Betriebsratsvorsitzende Giuseppe Ciccone, der auch im Gesamtwirtschaftsausschuss von Bosch mitarbeitet. „Parallel haben sie einen Puffer von rund 700.000 Pumpen und die Fertigung an den Billiglohnstandorten aufgebaut.“
 

Giuseppe Ciccone, Betriebsratsvorsitzender Bosch München beim Fairwandel-Aktionstag am 29.10.2021. Bosch will das Werk in München schließen und verlagern.

Giuseppe Ciccone, Betriebsratsvorsitzender von Bosch München, beim Fairwandel-Aktionstag am 29. Oktober 2021 in München. (Foto: Werner Bachmeier)
 

Politik muss fördern – gegen verbindliche Zusagen

Mittlerweile haben die Betriebsräte die Zahlen bekommen und ihr Alternativ-Konzept fertig ausgearbeitet. Bosch soll seine zwei Millionen Euro bekommen – auch über Personalabbau, aber ohne betriebsbedingte Kündigungen über Vorruhestandsregelungen und Altersteilzeit. Ein Drittel der Belegschaft ist über 55 Jahre alt. Doch als Gegenleistung für den Personalabbau fordert der Betriebsrat in seinem Alternativkonzept Zukunftsprodukte und Dienstleistungen, die Reduzierung des Managements und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis mindestens 2025.

Doch auch das beste Alternativkonzept bringt nichts, wenn der Arbeitgeber es einfach bei Seite schieben kann. Die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten, der Betriebsräte und Gewerkschafter in den Aufsichtsräten reichen nicht aus, um wirtschaftliche Entscheidungen maßgeblich zu beeinflussen.

Deshalb fordern die Betriebsräte bei Bosch und anderen Unternehmen nicht nur Investitionen von der Politik - sondern auch klare Rahmenregelungen. Damit Unternehmen nicht einfach das Geld vom Staat und von den Beschäftigten einsacken und damit ihre Billig-Verlagerungen finanzieren, sondern unsere Zukunft sichern: Geld nur gegen verbindliche Zusagen für gute Arbeit, nach einem verbindlichen Plan, etwa einem Zukunftstarifvertrag.
 

Großer Bosch-Solidaritätstag am 19. November

Doch auf die Politik allein können sich die Beschäftigten bei Bosch in München nicht verlassen. Sie müssen um ihre Arbeitsplätze kämpfen, gemeinsam mit der IG Metall. Und sie kämpfen solidarisch, gemeinsam mit den Beschäftigten anderer Bosch-Standorte.

Am 19. November gehen sie gemeinsam mit Beschäftigten der Bosch-Standorte in Arnstadt/Thüringen und Bühl/Baden, die auch von Verlagerung bedroht sind, auf die Straße. Delegationen mit Tausenden Beschäftigten anderer Bosch-Standorte werden anreisen, um mit ihnen zusammen zu demonstrieren, bei einem gemeinsamen Bosch-Solidaritätstag.

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