Beschäftigte fordern Kurswechsel
Sackgasse prekäre Arbeitsverhältnisse

Wenn Menschen für einen Vollzeitlohn arbeiten müssen, der nicht zum Leben reicht, dann ist das weder fair noch gerecht.

25. Juni 201325. 6. 2013


Im Gegenteil: Die Arbeitskraft wird entwertet. Damit muss Schluss sein, fordert die große Mehrheit der Beschäftigten. Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs und befristete ...Arbeitsverhältnisse müssen eingedämmt werden. Es ist Zeit für eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt.

„Leiharbeit, Niedriglöhne, 400-Euro- und 1-Euro-Jobs gehören verboten. Endlich faire Löhne, das heißt, egal welcher Job auf mindestens 37,5-Stunden-Woche: 2500 Euro brutto. Ich muss leben können von meiner Arbeit“, so der persönliche Kommentar eines Arbeitnehmers, der bei der IG Metall-Befragung mitgemacht hat. Wie er empfinden 93 Prozent der insgesamt 514 134 befragten Menschen, dass Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs und befristete Arbeitsverhältnisse Synonyme für schlecht bezahlte Arbeit und oftmals miese Arbeitsbedingungen sind.

Der Arbeitsmarkt ist tief gespalten, nachdem er drei Jahrzehnte dereguliert, prekäre Beschäftigung massiv ausgeweitet und Arbeitnehmerrechte abgebaut wurden. Doch der prekäre Trend beschränkt sich nicht nur auf Leiharbeit, Werkverträge oder Befristungen. Auch bei regulärer und unbefristeter Beschäftigung nehmen die Probleme zu. Deutschland hat inzwischen den größten Niedriglohnsektor in Europa. Hinzu kommen: Arbeitsdruck, Stress und ständige Erreichbarkeit, die Arbeitnehmer krank machen. Umstrukturierungen, Arbeitsplatzabbau und Tarifflucht sorgen für weitere Unsicherheit und Zukunftsängste.
 

Prekäre Arbeitsverhältnisse sind eine Sackgasse

Viele Menschen, die eine unbefristete Vollzeitstelle haben, werden mit einem Niedriglohn abgespeist, von dem sie nicht leben können. Nach einer Studie von Prof. Dr. Gerhard Bosch im Auftrag der IG Metall sind vom Niedriglohn etwa 30 Prozent der Frauen betroffen. Bei den Migranten sind es fast 32 Prozent und unter den Beschäftigten, die jünger als 25 Jahre sind, ist es jeder Zweite. Das zeigt, wie stark prekäre Beschäftigungsverhältnisse auf den Arbeitsmarkt vorgedrungen sind und immer mehr normale Arbeitsverhältnisse verdrängen.

Jedes Jahr stockt der Staat mit rund 1,5 Milliarden Euro Vollzeitlöhne auf und subventioniert somit die Gewinne von Betrieben, die auf Lohndumping setzen. Doch Niedriglöhne haben auch noch eine andere nachhaltige Nebenwirkung: Arbeitnehmer, die während ihres Arbeitslebens nur einen Niedriglohn bekommen haben, droht im Alter eine Armutsrente, die dann der Staat wiederum aufstocken muss. Das ist das Resultat, wenn Arbeit zunehmend entwertet wird und Arbeitskräfte behandelt werden wie ein Logistikgut – wie Schrauben oder Eisenschrott, dass man ohne jede soziale Verantwortung kaufen und bei Bedarf entsorgen kann.

Die Billig-Strategie nutzt auch den Betrieben nichts: Produktivität und Qualität der Produkte leiden darunter und eine gut qualifizierte Fachkräftebasis ist mit „prekär“ ebenfalls nicht zu sichern. Deshalb muss damit endlich Schluss sein. Deutschland braucht innovative und wettbewerbsfähige Unternehmen mit guten und sicheren Arbeitsplätzen. Das funktioniert nur mit einem regulierten und geordneten Arbeitsmarkt. Um ihn neu und solidarisch zu ordnen, braucht es ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Dazu gehören unter anderem der Abbau unsicherer Arbeitsverhältnisse, eine Qualifizierungsoffensive sowie mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter in den Betrieben.
 

Gute Arbeit als Leitbild

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können einen Beitrag leisten, wie das Beispiel Leiharbeit zeigt. Mit ihrer Tarifpolitik ist es der IG Metall gelungen, einen Beitrag zu mehr Fairness in der Leiharbeit zu erzielen. Seit November 2012 bekommen Leiharbeitnehmer über Branchenzuschläge mehr Geld. Zudem müssen die Einsatzbetriebe nach 24 Monaten Einsatzzeit den Leihbeschäftigten einen festen Arbeitsplatz anbieten. Und auch in Sachen Werkverträge ist die IG Metall aktiv. Mit ihrer Kampagne „Arbeit: sicher und fair – für Alle“ macht sie sich stark für die Rechte der Werkvertragsbeschäftigten.

Doch mit Tarifpolitik können Gewerkschaften nicht alles gerade rücken, was durch eine falsche Politik in Schieflage geraten ist. Deshalb muss die Regierung endlich ihre Hausaufgaben machen und klare Regeln schaffen. Dazu gehört, Leiharbeit und Werkverträge gesetzlich neu zu regeln nach dem Grundsatz: gleiches Geld für gleiche Arbeit. Ein gesetzlicher Mindestlohn von zunächst 8,50 Euro muss wenigstens das Existenzminimum sichern.

Das Leitbild der IG Metall ist gute Arbeit: Jeder muss von seiner Arbeit leben können, die die Gesundheit schützt, sicher ist und die fachlichen und kreativen Fähigkeiten der Menschen fördert. „Die Beschäftigen erwarten von den Parteien eindeutige Positionen“, fordert der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber. „Wir werden die Politik daran messen, ob sie den Kurswechsel in Wirtschaft und Gesellschaft mit Investitionsoffensiven, sicheren Arbeitsbedingungen und ökologischem Denken umsetzt.“
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