Als Ergänzung zu dem schriftlichen Geschäftsbericht der IG Metall, der den Delegierten vor dem Gewerkschaftstag per Post zugesendet wurde, tragen die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder für ihre Bereiche mündliche Geschäftsberichte vor.
Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, hat in seinem Rückblick eine positive Bilanz gezogen. „Unser Ansehen ist weit über unsere Mitgliedschaft hinaus gewachsen. Wir sind sichtbar auf dem politischen Parkett“, sagte er. Grund dafür ist einerseits die Stärke der deutschen Industrie, aber auch der Anspruch der IG Metall, die Industriepolitik mitzugestalten, beispielsweise im Bündnis für Industrie und in der Nationalen Plattform für Elektromobilität.
Das Verhältnis der IG Metall zur Industrie sei aber nicht nur harmonischer. Mit Outsourcing und Werkverträgen kündigten Unternehmen ganz gezielt betriebliche Übereinkünfte und die Kultur des Miteinanders auf; sie beschädigten damit den Kern des Sozialen in der Marktwirtschaft, erklärte Wetzel. „Wir akzeptieren nicht, dass Kolleginnen und Kollegen für die gleiche Tätigkeit weniger Geld bekommen. Wir akzeptieren nicht, dass sie nicht von Tarifverträgen profitieren und dass es keine Mitbestimmung für sie gibt“, so Wetzel weiter.
Die IG Metall ist eine starke Organisation. Sie lässt sich nicht treiben, sie ist der Treiber. Sie hat Strategien und Konzepte und wenn es notwendig ist, ändert sie sich. Beispiele dafür seien die Digitalisierung und Industrie 4.0. Wetzel: „Gerade in Zeiten, in denen Veränderungen mit höchster Geschwindigkeit auf uns zurollen, sind wir als IG Metall permanent in unserer Handlungsfähigkeit gefordert. So war das in der Vergangenheit und die Zukunft wird nicht anders aussehen!“
Wetzel erinnerte daran, dass er 2007 als Zweiter Vorsitzender dafür angetreten sei, die Stärke der IG Metall in den Betrieben und in der Gesellschaft auszubauen und dafür zu sorgen, dass die Gewerkschaft zukunftsfähig bleibe. Er wünsche sich, dass die IG Metall zukünftig sicherstelle, „dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Augenhöhe begegnen und wir konflikt- und gestaltungsfähig bleiben“, erklärte der scheidende Vorsitzende der IG Metall.
Entgelte und Arbeitsbedingungen verbessern
Betriebs- und Tarifpolitik sind wichtige Handlungsfelder der IG Metall. Arbeitsplätze für heute und morgen zu sichern, Entgelte und Arbeitsbedingungen zu verbessern – das erwarten die Mitglieder in erster Linie von ihrer Gewerkschaft. Dies hat die IG Metall in ihrer Tarifrunde 2015 erneut erreicht: 3,4 Prozent mehr Geld und der Anspruch für Mitglieder, über Bildungsteilzeit sowie Altersteilzeit zeitweise die Arbeitszeit zu verkürzen. „Wir haben damit die Spur für ein zentrales Thema der Tarifpolitik der nächsten Jahre gelegt: die Arbeitszeit“, das erklärte Jörg Hofmann, Zweiter Vorsitzender der IG Metall.
Der tarifpolitische Schwerpunkt werde künftig auf der Arbeitszeitgestaltung liegen. Ein Ziel sei eine an den Lebensphasen orientierte Zeitsouveränität der Beschäftigten, die es ihnen erlaube für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder Weiterqualifizierung zeitweise ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
Starke finanzielle Basis
Die IG Metall verzeichnete 2014 das vierte Mal in Folge einen Mitgliederzuwachs. Dieses Mitgliederplus wirkt sich positiv auf die Kasse aus. Die Gewerkschaft hat ihre finanzielle Situation in den letzten vier Jahren verbessert. Für das Jahr 2015 rechnet Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall, mit Einnahmen von rund 532 Millionen Euro. Er betonte: „Wir sind unabhängig, wir sind jederzeit handlungsfähig“.
Kurswechsel für Europa
Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, fordert eine Kehrtwende in der Europapolitik sowie einen Stopp der Angriffe auf die Arbeitnehmerinteressen. „Wir wollen einen Kurswechsel in Europa. Wir kämpfen dafür, dass Mitbestimmung geachtet, Tarifverträge möglich und faire Arbeits- und Sozialbedingungen gewährleistet sind“, sagte Lemb. Daher habe die IG Metall ihr europapolitisches Engagement deutlich ausgeweitet.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt nachhaltig – und das bereits heute. Er verändert die Prozesse. Diesen Wandel will die IG Metall mitgestalten. Die Gewerkschaft will die damit verbundenen Chancen nutzen und die Risiken minimieren. Ergebnis müssen bessere Arbeitsbedingungen sein. „Gute Vereinbarungen in den Betrieben zur mobilen Arbeit ermöglichen eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Leben. Das ist eine der Chancen der Digitalisierung“, sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Es gelte, die Regeln für gute Arbeitsbedingungen auf die neue digitale Arbeitswelt zu übertragen. Der Schlüssel dafür sei die Mitbestimmung.
Bildungsarbeit schafft Räume für Debatten
Die gewerkschaftliche Bildungsarbeit ist eine entscheidende Schnittstelle zum betrieblichen und gesellschaftlichen Handeln. „Unsere Bildungsarbeit schafft Debattenräume, sie bietet Raum für Suchprozesse und Positionsbestimmung und gewährleistet eine gute politische und fachliche Aus- und Weiterbildung“, sagte Irene Schulz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.
Weiterer Reformbedarf bei Rente
Ein großer sozialpolitischer Erfolg ist die abschlagsfreie Rente mit 63. Tausende langjährig versicherte Beschäftigte können nun vor dem Erreichen der Altersgrenze in Rente gehen. Doch es gibt weiteren Reformbedarf. „Nach der Einführung der Rente ab 63 muss jetzt das Rentenniveau heraufgesetzt werden“, forderte Hans-Jürgen Urban.