Fachkräftemangel vorbeugen
Fachkräftemangel durch Vereinbarkeit vorbeugen2

Die Zukunftsprognosen werden düsterer, manche Experten warnen bereits von einem drohenden Arbeitskräftemangel. Ein Mangel an Arbeitskräften könnte in vielen Branchen und auf allen Qualifikationsniveaus spürbar werden, erläutert die Prognos AG: 2015 könnten bereits eine Million Stellen für ...

19. Juli 201119. 7. 2011


... Hochschulabsolventen nicht besetzt werden, bei den beruflichen Abschlüssen rechnet Prognos mit rund 1,5 Millionen fehlenden Personen.

Die IG Metall geht es praktischer an: wenn jetzt die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, kann ein Fachkräfte- oder gar Arbeitskräftemangel verhindert werden. Der Fachkräftemangel ist nicht flächendeckend, nicht auf eine Branche, Berufsgruppe oder Region begrenzt. Daher müssen auch die Gegenmaßnahmen entsprechend differenziert aussehen.

Wenn Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren sind, wird auch mehr gearbeitet
Eine Gegenmaßnahme ist, das Potenzial der erwerbsfähigen Frauen in Deutschland zu realisieren. Das wird vor allem dann möglich, wenn Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren sind.
Die IG Metall setzt hier an zwei Punkten an. „Wir brauchen bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Der Staat muss die Kommunen finanziell so ausstatten, dass sie das leisten können. Wir brauchen daneben Arbeitgeber, mit denen wir auf betrieblicher Ebene gute Vereinbarungen erzielen,“ erklärt Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall, den Ansatz der Gewerkschaft.

Was der Staat für Vereinbarkeit tun kann
Wer Vollzeit arbeitet, braucht Möglichkeiten für die Kinderbetreuung. Laut einer Erhebung des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) könnten in Deutschland 350 000 bis 460 000 Mütter einen Job annehmen, wenn nur die Ganztagsbetreuung von Schülern weiter ausgebaut würde. Die IG Metall fordert daher einen Rechtsanspruch auf qualifizierte und kostenlose Ganztagskinderbetreuung bis einschließlich zum 14. Lebensjahr. Dann könne sich die Regierung auch das Betreuungsgeld sparen. Denn damit würden nur die alten Rollenbilder gefestigt, so Huber. Die zwei Milliarden könnten jährlich sinnvoller für flächendeckende Kinderbetreuung investiert werden.

Wo sich die Arbeitgeber bewegen müssen
Wer gute Leute sucht, muss auch gute Arbeitsbedingungen bieten. Das gilt für Frauen, wie für Männer. Eine gleichwertige Bezahlung dürfte für Frauen daher einen zusätzlichen Anreiz bieten, sich von Teilzeitarbeit zu verabschieden und wieder voll einzusteigen. Laut statistischem Bundesamt, verdienen Frauen im Schnitt noch immer 23 Prozent weniger als Männer. In der Praxis werden vor allem Frauen niedriger eingruppiert, als es ihnen nach Tarifvertrag zusteht. Frauen sollten daher ihre Eingruppierung überprüfen und sich beim Betriebsrat informieren.
Beides haben Bundesregierung, Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaften bereits in ihrer „Gemeinsamen Erklärung zur Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland“ am 22. Juni 2011 auf Schloss Merseberg festgeschrieben. Dort ist von „Zeitsouveränität“, „familienfreundlicher Arbeitsorganisation“ und der Beseitigung „geschlechtsspezifischer Entgeltunterschiede“ die Rede.

Wo die IG Metall schon für Vereinbarkeit aktiv ist
Betriebsvereinbarungen können zusätzlich dazu beitragen, den Frauenanteil zu erhöhen. Bei Arcelor Mittal in Eisenhüttenstatt hat sich ein betriebliches Projekt zur Sicherung von Fachkräften bereits bewährt. Das Unternehmen hat sich Familienfreundlichkeit zum Ziel gesetzt.
Nach dem Start im Dezember 2005 wurden acht Felder im Unternehmen bearbeitet: Arbeitszeit, – organisation und -ort, Informations- und Kommunikationspolitik, Führungskompetenz, Personalentwicklung, Service für Familien sowie Entgeltpolitik. Neben verschiedenen „soften Erfolgen“ wie Kolumnen in der Werkszeitung und stärkerem Engagement, hat das Projekt vor allem zwei handfeste Vereinbarungen bewirkt: eine Betriebsvereinbarung über Zuschüsse bei familiären Ereignissen und zu Kinderbetreuungskosten sowie einen Kooperationsvertrag mit einem Kinderhotel.
Hier werde deutlich, wann Vereinbarkeit realisiert wird, erklärt Huber: „Wir brauchen die richtige Mischung aus festen Quoten und situationsgerechten Förderinstrumenten. Eine so konkrete und lebensnahe Regelung könne nicht durch ein pauschales Betreuungsgeld ersetzt werden. Solche Beispiele müssen flächendeckend Schule machen.“

Weitere Vereinbarungen aus der Gemeinsamen Merseburg-Erklärung
Neben dem enormen Potenzial, dass Frauen für den deutschen Arbeitsmarkt bieten, sieht die IG Metall drei weitere Handlungsfelder, um beim Fachkräftemangel gegenzusteuern: Fachkräfte mit beruflichen Abschlüssen benötigen bessere Möglichkeiten zur Höherqualifizierung und Zugang zu Hochschulen. Das Merseburg-Papier sieht hier bereits eine Prüfung der gesetzlichen Rahmenbedingungen vor. Arbeitnehmer ohne Bildungsabschluss oder Arbeitslose haben nur dann eine Perspektive auf einen Fachkräfte-Job, wenn Weiterbildung und Umschulung dem Profil der Arbeitssuchenden und dem des Arbeitsmarktes gleichermaßen angepasst werden.
Ausländische Fachkräfte können nur dann geworben und gehalten werden, wenn Deutschland als Willkommenskultur gefördert wird. Auch für die beiden letzten Punkte, haben Regierung, Gewerkschaften und Wirtschaft bereits Maßnahmen zur Überprüfung in Merseburg vereinbart.

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