Alternative Anhörung zur Rente mit 67
Studie belegt: Rente mit 67 ist nicht machbar

Eine Anhebung des Renteneintrittsalters bringt älteren Arbeitnehmer nur Nachteile. Und den jüngeren ebenfalls. Deshalb hat die IG Metall am 27. Oktober 2010 eine alternative Anhörung zur Rente mit 67 mit Vertretern aller Bundestagsfraktionen in Berlin organisiert. Die Botschaft ist eindeutig: ...

28. Oktober 201028. 10. 2010


... Werden alle relevanten Fakten einbezogen, ist die Rente mit 67 nicht machbar.

Die Bundesregierung hatte bei der Verabschiedung der Rente mit 67 eine Bestandsprüfungsklausel beschlossen. Dieser Klausel zufolge muss sie alle vier Jahre eine Einschätzung abgeben, ob die Voraussetzungen für die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters gegeben sind.
Dabei müssen die Arbeitsmarktlage und die wirtschaftliche sowie soziale Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigt werden.



Die IG Metall nimmt diese Prüfung zum Anlass, ihr NEIN zur Rente mit 67 zu bekräftigen und Alternativen in die politische Debatte einzubringen. Dabei macht sie mit Blick auf die geplante Anhebung der Rentenaltersgrenzen auf die
Beschäftigungsprobleme sowie die wirtschaftliche und soziale Lage Älterer im Organisationsbereich der IG Metall aufmerksam.

Studie belegt: Rente mit 67 ist unrealistisch
Die IG Metall hat das INIFES-Institut beauftragt, die speziellen Bedingungen im Organisationsbereich der IG Metall zu untersuchen. Das Institut kommt zu dem Ergebnis, dass die Rente mit 67 hier besonders unrealistisch ist.
Die Rente mit 67 ist weder aus arbeitsmarktpolitischen noch aus rentenpolitischen Gründen notwendig. Generell sind die Arbeitsmarktchancen Älterer schlecht und sehr viele Arbeitnehmer können nicht bis 65 arbeiten, geschweige bis 67:

  • Es gibt kaum betriebliche Maßnahmen für alternsgerechtes Arbeiten.
  • Die gesundheitliche Lage und die Arbeitsbedingungen erlauben keine Anhebung der Rentengrenzen, auch und gerade im Organisationsbereich der IG Metall.


Die prognostizierte Fach- bzw. Arbeitskräftelücke beruht auf ungesicherten Vorausberechnungen. Schon heute werden punktuelle Stellenbesetzungsprobleme zu einem Fachkräftemangel stilisiert. Diese haben aber mehr mit Versäumnissen in den Betrieben und der Bildungspolitik als mit der Demografie zu tun. Neutrale Prognosen sind weit weniger alarmierend.

Finanzierung der Rente hängt nicht nur von demographischer Entwicklung ab
Die Regierung argumentiert, dass der demographische Wandel – die Zahl älterer Menschen steigt – die Rente mit 67 erfordert. Sonst könnten die Renten überhaupt nicht mehr finanziert werden. Aber: Die Finanzierbarkeit der steigenden Rentnerzahl und Rentenbezugsdauer hängt nicht in erster Linie vom Altenquotienten ab. Viel relevanter sind die Relation von Nichterwerbstätigen zu Erwerbstätigen und die Entwicklung von Beschäftigung und Löhnen. Die Relation von Nichterwerbstätigen zu Erwerbstätigen wird in den nächsten zwei Jahrzehnten deutlich ansteigen, aber weit weniger stark als der Altenquotient. Sie wird danach voraussichtlich wieder sinken und 2060 nicht schlechter sein als sie es von 1970 bis 1980 war.

Nicht jeder kann bis 67 arbeiten
Die Regierung kann heute nicht einfach unterstellen, dass die Mehrheit der Älteren künftig bis 65, geschweige denn bis 67 arbeiten kann. Und sie tut auch nichts zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsmarktchancen älterer Arbeitnehmer. Diejenigen Beschäftigten, die nicht so lange arbeiten können, werden künftig bei einer Erhöhung des Regelrentenalters durch Lücken – zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit – in den Altersübergängen und Abschläge bei den Renten besonders getroffen und dadurch in die Altersarmut getrieben.

Bundesregierung hat irreführende Zahlen vorgelegt
Als Beleg für die Machbarkeit der Rente mit 67 hat die Regierung bisher nur die steigenden Beschäftigungsquoten Älterer aufgeführt. Und die beziehen sich lediglich auf die 55- bis 64-Jährigen und nicht auf die direkt rentennahen Jahrgänge. Außerdem sind die hohen Anteile geringfügig Beschäftigter und die Altersteilzeitler in der Freistellungsphase zu beachten.
Schließlich beruhen die gestiegenen Beschäftigungsquoten der 55- bis 64-Jährigen zu einem gewichtigen Teil auf einem demografischen Effekt (mehr 55- bis 59-Jährige und weniger 60- bis 64-Jährige als in der Vergangenheit) und täuschen damit Verhaltensänderungen nur vor.

Alternative Anhörung
Dass die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters vollkommen an der Realität in den Betrieben vorbei geht, ist im Rahmen der „Alternativen Anhörung“ zur Rente mit 67 in der Jerusalemkirche deutlich geworden. Beschäftigte aus den Organisationsbereichen der IG Metall haben über Situation älterer Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben berichtet. Anschließend diskutierten sie mit Repräsentanten der im Bundestag vertretenen Parteien.
Mit den Berichten aus den Betrieben und kritischen Fragen konfrontiert blieben die Befürworter der Rente mit 67 schlüssige Antworten schuldig, wie die Rente mit 67 mit der Beschäftigungssituation Älterer im Organisationsbereich der IG Metall vereinbar sei.

Das Volk befragen
Wenn die Politik weder die Realität in den Unternehmen noch den Willen der Mehrheit der Menschen im Land zur Kenntnis nehme, müsse man dem Volk gestatten, selbst eine Entscheidung zur Rente mit 67 zu treffen, sagte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.
Die Bürger hätten das Recht, so Urban, dass der für November geplante Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage Älterer auf dem Arbeitsmarkt von einer „neutralen Kommission“ überprüft werde. Im Anschluss solle das Volk zur Rente mit 67 befragt werden.

Aktiv werden
Die Ergebnisse der INIFES-Studie belegen, dass die Rente mit 67 für die Arbeitnehmer nur Nachteile bringt. Dabei gibt es Alternativen zur Rente mit 67. Die IG Metall fordert, dass diese Alternativen von der Politik berücksichtigt werden. Wenn das auch Ihr Anliegen ist, können Sie Ihrem Abgeordneten ganz persönlich Ihre Meinung zur Rente mit 67 mitteilen: Einfach bei unserer E-Card-Aktion gegen die Rente mit 67 mitmachen.

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