Da steckt also eine Batteriezelle drin, in dem metallisch grünen Kästchen, etwa doppelt so groß wie eine Zigarettenschachtel. In der Fertigung bei Volkswagen in Braunschweig kommen sie in Zwölferpäckchen an. Fachleute verkabeln die Zellmodule und verbinden sie mit dem Steuerungsprogramm. Die Software hat VW in Braunschweig entwickelt. Sie steuert die einzelnen Zellen an und lässt die Batteriemit dem Motor kommunizieren.
Auf die firmeneigene Software ist Werner Meyer stolz: „Da steckt eine Menge Intelligenz drin“, sagt der Leiter der Batteriefertigung. Sie sorgt dafür, dass die Batterie möglichst viele Kilometer mit einer Ladung schafft und möglichst lange lebt. Doch ein limitierender Faktor bleibt: die Batteriezelle. An ihr können die Entwickler in Braunschweig nicht drehen. Sie kommt vor allem aus Japan, Südkorea und China. Diese Länder können mit ihrer Produktion fast den gesamten Bedarf an Batteriezellen decken und sie verfügen dabei über einen technischen Vorsprung. Denn mit der Unterhaltungselektronik wanderte das Wissen über die Fertigung von Batteriezellen nach Asien ab. Während Deutschland auf diesem Gebiet in einen Dornröschenschlaf fiel, entwickelte sich die Technik dort munter weiter.
Schlüsseltechnologie
In Deutschland läuft die letzte Batteriezellenfertigung Ende des Jahres aus. Daimler hat im Februar angekündigt, die Produktion bei seiner Firma Li-Tec in Kamenz einzustellen – nicht konkurrenzfähig. Auch Kooperationen wie die zwischen Bosch und Samsung scheiterten. Wenn in Kamenz die letzte Batteriezelle das Werk verlässt, ist die Produktion in Deutschland Geschichte. So scheint es im Moment. Damit gäben die Autohersteller eine Schlüsseltechnologie aus der Hand ― und das wäre fatal.
Für Holger Manz, Leiter Entwicklung Fahrwerk und Batteriesysteme in Braunschweig, ist die Zelle der Schlüssel zu zweierlei: zur Reichweite der Fahrzeuge und zu den Kosten. „Der Kostenanteil der Zellen am Batteriesystem ist der größte Batzen“, sagt Manz. „Er ist einer der Stellhebel, um die Kosten für das gesamte Elektroauto zu beeinflussen.“ Und damit auch den Anschaffungspreis. Eine weitere Herausforderung: Eine Ladung reicht zurzeit etwa 200 Kilometer weit. „Die Reichweite hängt von der Zelle ab und davon wie gut sie im Fahrzeug verschaltet ist“, sagt Manz. „Deshalb ist das Wissen über den Aufbau und das Verhalten der Zelle für Volkswagen sehr wichtig.“
Die Batterie macht fast 40 Prozent der Wertschöpfung am Elektrofahrzeug aus. Anders als deutsche Hersteller geht der amerikanische Elektroautobauer Tesla einen anderen Weg. Er investiert Milliarden und baut eine eigene Zellproduktion in den USA auf. Auf der anderen Seite des Globus in Fernost machen sich die Zellhersteller auf den Weg, nicht nur Zellen, sondern ganze Batterien zu bauen. Viel bliebe vom Elektroauto für Autobauer nicht mehr übrig.
Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, warnt daher davor, noch lange abzuwarten. „Wenn die Fahrzeugindustrie nicht das Schicksal der Unterhaltungselektronik erleiden soll, muss jetzt gehandelt werden.“ Deutschland brauche eine Batterieindustrie, wenn die gesamte Wertschöpfung des Automobils in Deutschland bleiben soll.
Mobile Antriebe im Überblick
Der Klassiker: Der elektrische Antrieb ist so alt wie das Auto. Er stand am Beginn des Automobilzeitalters und wurde erst später, als immer mehr Ölquellen erschlossen wurden, vom Verbrennungsmotor verdrängt. Ein modernes Elektroauto wird von einer Lithium-Ionen-Batterie und einem Elektromotor angetrieben. Die Energie wird aus der Batterie mittels eines Reglers auf den Motor übertragen. Der Motor arbeitet mit elektrisch geladenen Magneten, die sich abstoßen und anziehen. Die Batterie muss an Ladestationen geladen werden.
Der Elektroantrieb gilt als umweltfreundliche Alternative, da er keinerlei Emissionen verursacht. Jedenfalls nicht im Straßenverkehr. Klimafreundlich ist das Elektroauto nur, wenn es mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen aufgeladen wird.
Der Elektroantrieb leidet heute noch unter dem Nachteil, mit dem er schon einmal das Rennen gegen Diesel und Benziner verlor: die Reichweite der Batterie. Sie ist deutlich geringer als die eines vollen Tanks und das Aufladen dauert je nach Ladevorgang mehrere Stunden.
Hybrid
Das doppelte Lottchen: Hybrid heißt gemischt und das gilt auch für ein Hybridfahrzeu: Es mischt zwei Antriebsarten. In der Regel wird es von einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor angetrieben. Die Batterie lädt sich im Fahrbetrieb auf, etwa indem sie Bremsenergie speichert. Das Fahrzeug kann nicht an der Steckdose geladen werden. Das Auto kann bei langsamen Fahrten und geringer Leistung elektrisch angetrieben werden. Wird mehr Leistung gebraucht, etwa bei höheren Geschwindigkeiten, läuft es über den Verbrennungsmotor.
Die Rückgewinnung der Energie durch Stromerzeugung während der Fahrt, vor allem im Stadtverkehr, senkt den Verbrauch und reduziert damit auch den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids. Gleichzeitig hat der Hybrid aufgrund seiner zwei Motoren eine größere Reichweite als reine Elektroautos.
- Der Ausstoß an Kohlendioxid ist im Vergleich zum reinen Elektroauto deutlich höher. Zwei Antriebe machen das Fahrzeug nicht nur teurer, sondern auch schwerer.
Plug-in-Hybrid
In zwei Welten zu Hause: Er ist der nächste Schritt vom Verbrennungsmotor zum Elektroauto: der Plug-in-Hybrid. Wie der Hybrid wird auch der Plug-in-Hybrid mit Elektro- und Verbrennungsmotor angetrieben. Der Unterschied zum Hybrid: Die Batterie des Plug-in-Hybrids kann an der Steckdose aufgeladen werden. Damit gibt es mehr Möglichkeiten, elektrisch zu fahren, da die Energie für rein elektrische Fahrten nicht erst während der Fahrt durch den Verbrennungsmotor erzeugt werden muss.
Der Plug-in-Hybrid ist im Vergleich zum Hybrid einen Schritt weiter. Die Möglichkeit, das Fahrzeug an der Steckdose aufzuladen, vergrößert die Zahl rein elektrischer Fahrten. Damit reduziert sich der Kohlendioxidausstoß. Allerdings gilt auch hier wie beim reinen Elektroauto: Der Strom muss aus erneuerbaren Energiequellen kommen.
- Was für den Hybrid gilt, gilt auch für den Plug-in-Hybrid: Er stößt zwar weniger Kohlendioxid aus, aber immer noch mehr als das Elektroauto. Und zwei Antriebe machen ihn teurer und schwerer.
Brennstoffzelle Zukunftsmusik: Es ist das Auto, aus dessen Auspuff Wasser kommt: Fahrzeuge mit Brennstoffzelle. In einer Brennstoffzelle reagiert ein Brennstoff – im Fall des Autos ist es Wasserstoff – mit Sauerstoff. Die im Brennstoff gespeicherte Energie wird dabei in Form von elektrischer Energie frei, mit der das Auto betrieben wird. Als Produkt der Reaktion aus Wasserstoff und Sauerstoff bleibt nur Wasser übrig. Zwar gibt es erste Fahrzeuge mit dieser Antriebstechnik, aber noch steckt viel Zukunftsmusik in dem Thema.
Das Fahrzeug emittiert kein Kohlendioxid. Aus dem Auspuff kommt Wasser. Es hat eine hohe Reichweite und lässt sich zügig betanken.
Die Klimabilanz eines Fahrzeugs mit Brennstoffzelle hängt davon ab, wie der Wasserstoff hergestellt wurde. Die Herstellung von Wasserstoff ist sehr energieintensiv. Wird er aus fossilen Brennstoffen erzeugt, nutzt der Antrieb dem Klima nichts. Eine Idee ist, überschüssigen Strom aus Sonnen- und Windenergie für die Herstellung zu nutzen und ihn in Form von Wasserstoff zu speichern.
Von dieser Entscheidung hängt für Uwe Fritsch, Betriebsratsvorsitzender bei VW in Braunschweig, eine Menge ab. „Nur mit technologischem Weitblick können wir die Beschäftigung bei uns sichern.“ Fritsch hat sich immer für die Batteriefertigung in Braunschweig eingesetzt. „Kaum einer hätte gedacht, dass wir in so kurzer Zeit so viel Knowhow aufbauen können. Jetzt müssen wir diesen Weg weitergehen, um den Anschluss an den internationalen Wettbewerb nicht zu verlieren.“
Bernd Osterloh, VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzender, fordert eine zeitnahe Entscheidung der Hersteller. „Nur mit Blech verbiegen können wir kein Geld mehr verdienen“, sagt Osterloh. Aber er weiß auch: „Für zurzeit 50 000 Autos lohnt sich eine solche Investition nicht.“ Eine Chance sieht er bei der nächsten, leistungsstärkeren Batteriegeneration. Sie verspricht mehr Reichweite und könnten die Nachfrage nach elektrischen Antrieben beleben.
Wenn die Nachfrage steigt, könnten Überkapazitäten schwinden und die derzeit niedrigen Preise steigen. Eine eigene Zellfertigung ließe sich dann aber nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen.
Alfred Löckle, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Bosch: „Zu glauben, man könne den Markt aufrollen, wenn der Boom kommt, wird nicht funktionieren.“ Allein der Aufbau einer Produktion dauert Jahre. Wenn das ein Autohersteller zurzeit nicht schafft, dann vielleicht mehrere gemeinsam. Einige Autobetriebsräte sprachen sich deshalb Ende Oktober für eine konzertierte Aktion von VW, BMW und Daimler aus, gemeinsam in eine Zellfertigung zu investieren.
Die Erkenntnis kommt offenbar auch bei den Herstellern an. VW-Markenchef Herbert Diess forderte laut Nachrichtenagentur dpa angesichts des Rückstands der deutschen Autoindustrie bei der Batterietechnologie ein Umdenken und sprach sich für eine eigene Zellfertigung in Deutschland aus. Für die Investition in eine eigene Zellfertigung brauche es allerdings eine konzertierte Aktion.
Thomas Schmall, Markenvorstand für den Bereich Komponenten, spricht sich deshalb auch für eine Kooperation der Autohersteller aus. „Die Zelle bestimmt die Leistungsfähigkeit unserer Autos“, sagt Schmall. „Deshalb müssen wir uns in den nächsten fünf Jahren mit einer eigenen Produktion unabhängig machen.“ Diess hatte zuvor bereits angekündigt, die Entwicklung von Elektroautos voranzutreiben und 20 neue Modelle bis 2020 auf den Markt zu bringen.
Bislang setzte die Autoindustrie auf den Diesel als Übergangstechnologie, um die CO2-Grenzwerte der Europäischen Union einzuhalten. Noch ist nicht absehbar, wie sich die bekannt gewordenen Manipulationen an der Software auf den Absatz und die Zukunft der Dieseltechnologie auswirken. Wollen Hersteller schneller von der Technik weg, müssen sie elektrische Antriebe fördern. Die CO2-Grenzwerte sollen nach 2020 weiter sinken. Ohne einen höheren Anteil an elektrischen Fahrzeugen können die Hersteller das nicht erreichen.
Ziel verfehlt
Ob Zellen künftig selbst gefertigt werden können, hängt stark von den Stückzahlen ab, und die sind im Moment gering. Bis 2020 sollten eine Million Elektroautos durch Deutschland fahren. Von dem Ziel ist die Bundesregierung weit entfernt. Anfang des Jahres gab es knapp 19 000 Elektroautos und etwa 107 000 Hybridfahrzeuge. Damit hat sich ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr zwar mehr als verdoppelt, aber auf sehr niedrigem Niveau: 2014 betrug der Anteil am Fahrzeugbestand gerade mal 0,02 Prozent. Der von Hybridfahrzeugen lag bei 0,15 Prozent. IG Metall-Vorsitzender Hofmann nennt es beschämend, wie die Bundesregierung mit ihrem selbst gesteckten Ziel umgeht. Er forderte die Regierung auf, bei der Förderung alternativer Antriebe und der Batterietechnologie nachzuziehen.
Die Bundeskanzlerin hatte im Juni bei der Nationalen Konferenz Elektromobilität weitere Förderung angekündigt. Laut Nachrichtenmagazin Spiegel plant die Regierung nun, den Kauf von elektrischen Fahrzeugen zu bezuschussen. Bezahlen sollen das alle Autofahrer über einen zusätzlichen Cent bei der Mineralölsteuer. Geplant seien außerdem mehr Ladestationen und eine Quote von 30 Prozent Elektroautos bei Neukäufen der öffentlichen Hand ab 2019. Welche Förderung sinnvoll ist und tatsächlich mehr Elektrofahrzeuge auf die Straße bringt, muss aus Sicht der IGMetall aber noch diskutiert werden.
Zurück nach Braunschweig, wo die Zukunft begonnen hat: In der Batteriefertigung rollen die fertig verkabelten Batterien mit einer silbernen Hülle verschlossen automatisch zur Teststation. Sie werden auf Herz und Nieren geprüft und bekommen schließlich die volle Ladung. Klimafreundlicher als Diesel und Benziner ist das Elektroauto nur, wenn es mit erneuerbarem Strom aufgeladen wird. In Braunschweig werden sie mit Sonnenenergie betankt – direkt aus den Solarzellen auf dem Dach der Werkshalle.