Ausbildung sichern, Übernahme garantieren, Kurzarbeit verhindern!

Die Pandemie trifft die Fachkräfte von morgen. Azubis werden nicht übernommen, Arbeitgeber reduzieren ihr Ausbildungsangebot für Auszubildende und dual Studierende. Dabei sind sie Deutschlands Zukunft. Es ist Zeit für eine laute Kampagne der IG Metall Jugend: ORGANiCE!

1. September 20201. 9. 2020
Jan Chaberny, Simon Che Berberich und Martina Helmerich


Die Hiobsbotschaft kam an einem Tag im Juni. Sie traf Julian Bott mitten in die Magengrube. „Morgens wurde ich ins Personalbüro gerufen. Dort ging alles ganz schnell.“ Der 22-Jährige hatte sich kaum hingesetzt, da bekam er mitgeteilt, dass das Unternehmen, ein mittelständischer Automobilzulieferer aus der Region Ulm, ihn nicht übernehmen könne. Er wisse ja: die schwierige wirtschaftliche Lage. Corona. Riesiger Auftragsrückgang. Nichts zu machen. Leider.

Damit hatte Julian Bott nicht gerechnet. Wie denn auch: In den Wochen und Monaten zuvor, als Julian für seine Abschlussprüfung zum Zerspanungsmechaniker gelernt hatte, als er in Kurzarbeit geschickt worden war, als er sah, wie die Aufträge weniger und die Sorgen der Kollegen immer größer wurden, da hatte ihn die Geschäftsführung einmal beiseitegenommen und gesagt: „Mach Dir keine Sorgen. Die Situation ist angespannt, ja. Aber wenn Du die Prüfung schaffst, dann übernehmen wir Dich.“ „Plötzlich stand ich vor dem Nichts“, erinnert er sich.

 

Julian Bott macht sich Sorgen: Seine Abschlussprüfungen hat er bestanden, doch seine berufliche Zukunft ist ungewiss. (Foto: Stephanie Möloth)

 

Corona gefährdet den Start ins Berufsleben

Seine Prüfungen hat der 22-Jährige erfolgreich absolviert. Aber was jetzt? Jetzt schaut er sich um, jetzt schickt er Bewerbungen los, absolviert ein Praktikum. „Vielleicht wechsle ich auch die Branche“, überlegt Julian. Als Zerspanungsmechaniker sei es derzeit sehr schwer, etwas zu finden. „Vielen Betrieben geht es derzeit gar nicht gut.“ So wie Julian geht es vielen in diesen Wochen. Die Voraussetzungen für junge Menschen, die jetzt ins Arbeitsleben starten oder eine Ausbildung beginnen möchten, sind nicht rosig. Sie sind schwierig. Die Weltwirtschaft steckt in der Rezession. Betriebe mussten ihre Produktion herunterfahren, Lieferketten sind gerissen. Viele Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Die Coronapandemie hat die Arbeitswelt verändert. Die Auswirkungen der Krise treffen auch die junge Generation hart: Immer mehr Unternehmen legen die Axt an Ausbildung, duales Studium, Übernahme.


IG Metall kämpft gegen eine „Generation Corona“

Eine aktuelle Umfrage der IG Metall belegt das. Deutlich wird eine berufliche Benachteiligung junger Menschen aufgrund der Coronakrise. Demnach will rund jeder zehnte der befragten Betriebe im Organisationsbereich der IG Metall in Zukunft weniger ausbilden. Noch im Mai lag diese Zahl bei 7,3 Prozent. Grundlage der Resultate sind Rückmeldungen aus 492 Betrieben aus der ganzen Republik. Bei den dual Studierenden ist die Zahl der geplanten Reduzierungen laut der Umfrage zwar mit 6,1 Prozent geringer. Aber auch hier ist eine Verschärfung der Situation zu beobachten. Noch im Mai lag die Zahl bei rund 5 Prozent. Auch Berufsanfänger, Werkstudierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten finden während der Pandemie schwerer Stellen.

Für Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, ist klar: „Es darf keine ‚Generation Corona‘ unter den Auszubildenden und dual Studierenden geben.“ Für die berufliche Zukunft junger Menschen müsse mehr getan werden, um dramatische Langzeitfolgen wie eine hohe Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden. Klar ist: Eine Reduzierung der Ausbildungsplätze verschärft auch die soziale Ungleichheit im Land. Denn wenn Ausbildung zurückgefahren wird, trifft dies häufig vor allem Hauptschul- sowie Realschulabgänger und -abgängerinnen.

Die IG Metall Jugend fordert Solidarität in der Krise und kämpft dafür, die Zukunftschancen der jungen Generation zu erhalten. Dafür tritt sie mit ihrer Kampagne ORGANiCEsolidarity an. Die ist auch wichtig, weil angesichts des technologischen Wandels, der immer mehr hoch spezialisierte Fachkräfte erfordert, eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung entsteht. Die IG Metall nimmt sie an.

Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, fordert neben den Arbeitgebern auch die Politik zu größeren Anstrengungen für die junge Generation auf: „Das Ende Juni beschlossene Bundesprogramm ‚Ausbildungsplätze fördern‘ ist sinnvoll, darf aber nicht auf kleine und mittlere Betriebe beschränkt bleiben“, verlangt sie.

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