Exklusiv-Hauben Gutmann: Vom Abkommen zum Tarifvertrag
Wie das Weihnachtsgeld alles änderte

Die Beschäftigten bei Exklusiv-Hauben Gutmann in Mühlacker können sich in diesem Jahr auf mehr Weihnachtsgeld freuen.

15. Dezember 201615. 12. 2016


Für die Beschäftigten bei Exklusiv-Hauben Gutmann kann Weihnachten kommen. Erstmals sichert ein Tarifvertrag jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter ein Weihnachts- und Urlaubsgeld von 1500 Euro in zwei Raten. Im nächsten Jahr sind es sogar 1875 Euro – ebenfalls in zwei Raten.

„Es sind vor allem die Jahressonderzahlungen, wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld“, die Betriebsratsvorsitzende Janette Gräser als besonderen Erfolg des vereinbarten Tarifwerks wertet und jetzt tariflich gesichert sind.

In dem von IG Metall und Arbeitgeber unterschriebenen Firmentarifvertrag steckt aber noch vieles mehr: Neben den höheren Sonderzahlungen gibt es auch mehr Urlaubstage: Der jährliche Anspruch klettert von 25 auf 26 Tage und wird bis 2020 auf 30 Tage aufgestockt.

Die Löhne und Gehälter sind bereits in diesem Jahr um zwei Prozent gestiegen. Im kommenden Jahr können sich die Beschäftigten ab April auf ein weiteres Plus von zwei Prozent freuen ― so wie es auch der Flächentarifvertrag für die baden-württembergische Metall- und Elektroindustrie vorsieht, erklärt Rolf Nutzenberger, der für die IG Metall Pforzheim den Firmenvertrag mit ausgehandelt hat. Auch die wöchentliche Arbeitszeit wird kürzer: Sie sinkt ab Januar 2018 schrittweise von derzeit 40 auf 38 Stunden in 2019 ― und zwar bei vollem Lohnausgleich.

 

Ohne Tarifvertrag ist alles nur freiwillig

 

Dem ersten Tarifvertrag in der fast 20-jährigen Unternehmensgeschichte war im vergangenen Jahr ein „Abkommen zur Sanierung der Firma Gutmann“ vorausgegangen. Normalerweise herrscht bei dem mittelständischen Hauben-Hersteller im baden-württembergischen Mühlacker ein entspanntes Betriebsklima. Respekt und gegenseitiges Vertrauen prägen das alltägliche Miteinander. Der Arbeitgeber schätzt das Engagement seiner 131 Mitarbeiter, ihr Knowhow, ihre Kreativität und hohe Leistungsbereitschaft. Fast jede Haube ist ein Unikat und wird in Handarbeit produziert.

Einen Tarifvertrag misste kaum jemand – wäre da nicht die Geschichte mit dem Weihnachtsgeld gewesen. 2014 war für den Hauben-Spezialisten wirtschaftlich kein gutes Jahr. Die Firma war ein „Restrukturierungsfall“, sagt Rolf Nutzenberger. Sparen war angesagt und so strich die Geschäftsleitung ihren Mitarbeitern kurzerhand das bisher freiwillig gezahlte Weihnachts- und Urlaubsgeld.

 

Aus der Not eine Tugend gemacht

 

Das kam bei der Belegschaft gar nicht gut an. Schlagartig wurde den Beschäftigten bewusst: Ohne Tarifvertrag kann der Arbeitgeber jederzeit Leistungen streichen, Löhne kürzen, Arbeitszeiten ausdehnen. Sie beruhen lediglich auf freiwilliger Basis und sind nicht verbindlich. Bei Gutmann konnten IG Metall und Betriebsrat den Arbeitgeber zu einem Sanierungsabkommen bewegen, indem er sich verpflichtete, das einbehaltene Weihnachts- und Urlaubsgeld für 2014 zu zahlen sowie einen Festbetrag von 1000 Euro für 2015.

In dem Abkommen verpflichtete sich der Arbeitgeber aber auch, umgehend mit den Arbeitnehmervertretern und der IG Metall Verhandlungen zu einem Tarifvertrag aufzunehmen. Im Mai dieses Jahres war der Vertrag fertig ausgehandelt und unterschrieben. Darin vereinbarten Arbeitgeber und IG Metall zudem, ab 2018 Gespräche über die Einführung eines Entgeltrahmentarifvertrages (ERA) aufzunehmen. ERA steht für Transparenz der Entgeltstruktur und mehr Gerechtigkeit. Aus Arbeitern und Angestellten werden Beschäftigte ― das Entgelt ersetzt Lohn und Gehalt. Bezahlt wird nach Tätigkeit und alle Beschäftigten werden nach den gleichen Regeln einer Entgeltgruppe zugeordnet.

 

Die Firma Gutmann Exklusiv-Hauben

 

Gutmann ist ein Hersteller von Dunstabzugshauben. Abnehmer sind Privathaushalte und Küchenhändler in ganz Europa. Das Manufakturbild prägen Einzel- und Kleinserienfertigung, die Abzugshauben werden größtenteils in Handarbeit produziert. In Mühlacker arbeiten 131 Menschen.

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