Es ist der höchste Abschluss der letzten zehn Jahre: Etliche Beschäftigte in den Werkstätten erhalten dauerhaft vier Prozent mehr Geld, zum Beispiel in Hamburg, Sachsen oder Baden-Württemberg. In anderen Regionen liegt das Plus bei 3,7 bis 3,8 Prozent. Dort gibt es aber zusätzlich oft kräftige einmalige Beträge – in Thüringen zum Beispiel 175 Euro.
Das beste Ergebnis erreichte die IG Metall für die Kfz-Handwerker in Mecklenburg-Vorpommern. Sie können mit kräftigen Nachzahlungen rechnen. Denn die Einkommen steigen rückwirkend ab Mai um 3,9 Prozent. Im Januar erhöhen sie sich um ein weiteres Prozent. Das heißt: Insgesamt liegt das Plus bei 4,9 Prozent. In deren Genuss kommen auch die Azubis. Für sie bedeutet das: 45 bis 65 Euro mehr im Monat.
Außerdem erhalten die Kfz-Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern vom nächsten Jahr an Urlaubsgeld in Höhe von 50 Prozent ihres Monatseinkommens. Ihren westdeutschen Kolleginnen und Kollegen steht das jetzt schon zu. Die Ostdeutschen bekamen bisher nur 45 Prozent. Mit der überdurchschnittlichen Lohnerhöhung und dem höheren Urlaubsgeld gelang es der IG Metall, die Arbeitsbedingungen im Osten ein weiteres Stück an die des Westens anzugleichen.
Die Tarifverträge laufen nur zwölf bis 13 Monate. Das ist ein großer Vorteil, weil die IG Metall in knapp einem Jahr wieder mit den Kfz-Arbeitgebern über neue Einkommenssteigerungen verhandeln kann. Ermöglicht haben die guten Abschlüsse rund 10 000 Beschäftigte aus 150 Kfz-Betrieben, die sich während der Tarifrunde bundesweit an Warnstreiks beteiligt haben.
Auszubildende haben auch mehr
Azubis bekommen künftig je nach Region und Ausbildungsjahr zwischen 25 und 50 Euro mehr – in Nordrhein-Westfalen sogar bis 77 Euro. Dass sie besser vergütet werden, ist auch dringend notwendig. Denn Kfz-Mechaniker oder Mechatroniker steht zwar immer noch auf Platz eins der Berufswunschliste männlicher Jugendlicher. Doch real bewerben sich immer weniger junge Leute auf angebotene Ausbildungsplätze. Oft können die Werkstätten und Autohäuser ihre Stellen nicht mehr besetzen, weil immer weniger Jugendliche die Schulen verlassen. Und dort, wo sie die Wahl haben, entscheiden sie sich dann – Traumberuf hin oder her – lieber für einen Ausbildungsplatz in der Industrie. Denn dort gibt es in der Regel erheblich mehr Geld.
Übernahme nach der Ausbildung – ein Anfang ist gemacht
Anders als in der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie gab es bisher für das Kfz-Handwerk keine Tarifverträge, die den Azubis nach ihrer Ausbildung eine Übernahme sicherten, auch nicht befristet. In dieser Tarifrunde ist es der IG Metall gelungen, einen Fuß in diese Tür zu bekommen. In Baden-Württemberg und Bayern müssen Firmen ihre Ausgelernte künftig mindestens zwölf Monate weiterbeschäftigen, in Berlin, Brandenburg und Sachsen immerhin sechs Monate. Und in den anderen Tarifgebieten ist das Thema auch nicht „gestorben“. Dort haben sich die Arbeitgeber verpflichtet, darüber weiter mit der IG Metall zu verhandeln.
Kein Tarif – viel weniger Geld
Im Kfz-Handwerk arbeiten fast 360 000 Menschen. Aber längst nicht alle von ihnen haben etwas von den neuen Tarifverträgen der IG Metall. Im Gegenteil. Für rund 80 Prozent der Betriebe gelten sie nicht, weil sie nicht den „Tarifgemeinschaften“ angehören, die die Tarifverträge mit der IG Metall aushandeln. Nur 1567 von insgesamt 38 560 Kfz-Firmen sind tarifgebunden. Wer in diesen Gemeinschaften nicht mitmacht, muss auch keine Tarifverträge einhalten. Das heißt, er braucht nicht nur keine tariflichen Löhne und Ausbildungsvergütungen zu zahlen. Auch um alles andere, was die IG Metall in Tarifverträgen durchgesetzt hat, muss er sich nicht scheren.
Was das für die Beschäftigten bedeutet, belegt das Beispiel einess Serviceberaters in einem Autohaus bei Köln. Er muss 40 Stunden in der Woche arbeiten. Gelte für ihn der Tarifvertrag, hätte er eine 36,5-Stunden-Woche und 30 Urlaubstage, statt nur nur 25. Und trotz längerer Arbeitszeit und weniger Urlaub verdient er nur 2256 Euro brutto im Monat. Nach Tarif stünden ihm 3000 bis 3200 Euro zu. Urlaubsgeld bekommt er gar nicht, während seine Kolleginnen und Kollegen in tarifgebundenen Firmen für die Ferientage 50 Prozent ihres Monatslohns obendrauf bekommen. Das wären in seinem Fall gut 1500 Euro.
Bei Auszubildenden sieht es nicht anders aus. Ein Azubi in Sachsen zum Beispiel erhält im ersten Jahr nach dem Tarifvertrag rund 500 Euro. Tatsächlich werden viele Azubis mit 380 Euro abgespeist.
Wettlauf um gute Leute
In nicht tarifgebundenen Betrieben kann die IG Metall einen Firmentarifvertrag erkämpfen. Das setzt aber voraus, dass die Beschäftigten oder zumindest viele von ihnen der IG Metall beitreten. Denn ohne das Engagement der Belegschaft kann die Gewerkschaft das nicht durchsetzen. Das Beispiel des Serviceberaters zeigt sehr drastisch, wie sehr sich das bezahlt macht.
„Die bisher nicht tarifgebundenen Firmen sollten endlich den Tarifgemeinschaften beitreten“, sagt Alwin Boekhoff. Er ist beim IG Metall-Vorstand für die Handwerksbetriebe zuständig. „Das ist schließlich auch in ihrem eigenen Interesse“, findet er. „Denn sonst haben sie in Zukunft beim Wettrennen um gute Leute ganz schlechte Karten.“