Martin Kannegiesser vertritt als Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall über 6000 Metall und Elektrobetriebe in Deutschland. Hunderttausende von Jugendlichen absolvieren dort aktuell ihre Berufsausbildung. Am Dienstag bezog Kannegiesser bei einer Veranstaltung von NiedersachsenMetall in Hannover Position zur Frage der unbefristeten Übernahme von Auszubildenden. Kannegiesser lehnte eine unbefristete Übernahme nach der Ausbildung als angeblich kontraproduktiv ab, Die Betriebe müssten flexibel sein und sich dem konjunkturellen Auf und Ab immer schneller anpassen können. Das sei die Lehre aus der aktuellen Krise, sagte Kannegiesser.
Generation prekär
Hire und fire, ganz flexibel, je nach Wirtschaftslage, so stellen sich offensichtlich die Arbeitgeber die Zukunft für junge Beschäftigte vor. Aber, auch jetzt schon gilt: Wer nicht nach der Ausbildung übernommen wird, landet leider oft in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Das wissen auch die Arbeitgeber. Es gibt zuviel Leiharbeit, Werkverträge und Befristungen. Vor allem für junge Menschen, die sich ihre Zukunft erst aufbauen, sind solche Formen prekärer Beschäftigung das falsche Signal.
Qualifizieren statt aussortieren
Was den Arbeitgebern bei ihrer Ablehnung gegenüber der Übernahme zu denken geben sollte, ist der drohende und in Teilbereichen bereits schon herrschende Mangel an Fachkräften. Weil die Zahl der Schulabgänger sinkt, wird es für Unternehmen immer schwieriger, sich auf dem Arbeitsmarkt mit ausgebildeten Fachkräften zu versorgen. Deshalb fordert die IG Metall die Arbeitgeber auf, ihre Ausbildungsbemühungen zu verstärken.
Noch immer sind die Metall- und Elektrobetriebe vom Ausbildungsstand 2007/08 entfernt. Damals hatten knapp 80 000 junge Menschen einen neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag in der Tasche. 2009 fiel der Wert unter anderem krisenbedingt um 15,7 Prozent auf 67 000. 2010 sank er weiter auf 64 000. Da gibt es also noch einiges aufzuholen, auch wenn die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in diesem Jahr wieder zunimmt. Gegen Fachkräftemangel gibt es einfach kein besseres Mittel, als jungen Menschen eine sichere Perspektive zu geben und sie nach der Ausbildung im Betrieb zu halten.
Von der Warteschleife ins Abseits
Fakt ist, dass junge Menschen nicht auf Rosen gebettet sind. Viele schaffen es gar nicht, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. In den vergangenen Jahren landeten jedes Jahr fast 400 000 Jugendliche nach der Schule in Warteschleifen und schulischen Maßnahmen. 2010 hat sich diese Zahl dieser Jugendlichen auf 325 000 verringert. Doch noch immer sind es viel zu viele, deren wertvolle Begabungen über Jahre und Jahrzehnte hinweg vergeudet wurden.Die Zahl junger Erwachsener zwischen 25 und 34 Jahren, die weder Abitur noch eine abgeschlossende Berufsausbildung vorweisen können, ist auf 1,5 Millionen angewachsen. Sie haben enorme Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt überhaupt Fuß zu fassen. Als Geringqualifizierte haben sie ein ungleich höheres Risiko, arbeitslos zu werden.
Künftig muss gelten: qualifizieren statt aussortieren. Die junge Generation braucht vollwertige Berufsabschlüsse statt kurzfristiger Aktivierungsmaßnahmen, fordert die IG Metall. Es gibt erfolgreiche Projekte, in denen benachteiligte Jugendlichen der Weg in die vollqualifizierende Berufsausbildung ermöglicht wird. Sie müssen flächendeckend umgesetzt werden. Denn in jedem Jugendlichen schlummern Talente. Sie müssen nur geweckt werden. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das gilt auch für die Frage der unbefristeten Übernahme von Jugendlichen nach der Ausbildung.