Tarifrunde Textil und Bekleidung West 2023
Zu spät, zu lang, zu wenig: rote Karte für Arbeitgeber

Zwei Wochen Warnstreiks mit über 13.500 Beschäftigten - und die Arbeitgeber bewegen sich in der dritten Verhandlung keinen Zentimeter. IG Metall Verhandlungsführerin Miriam Bürger macht deutlich: Die Beschäftigten sind motiviert die Warnstreiks auszudehnen.

15. März 202315. 3. 2023


Keine Bewegung, kein Ergebnis: IG Metall und Arbeitgeber sind am Mittwoch ergebnislos auseinandergegangen. „Die dritte Tarifverhandlung der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie war ein Reinfall”, so IG Metall Verhandlungsführerin Miriam Bürger im Anschluss. Nachdem über 13.500 Beschäftigte ihren Forderungen in Warnstreiks Nachdruck verliehen hatten, bewegten sich die Arbeitgeber nur minimal.

Nach sieben Stunden Verhandlung ist auch das neue Angebot der Arbeitgeber ungenügend. Statt der geforderten tabellenwirksamen Entgelterhöhung von 8 Prozent bietet die Gegenseite nur geringe Anpassungen des ersten Angebots: 4 Prozent ab Oktober 2023 und 2,5 Prozent ab Oktober 2024 – Laufzeit 26 Monate. Die Inflationsausgleichsprämie bleibt unverändert. 1.500 Euro sollen in zwei Schritten, in der Höhe von 1.000 Euro im April und von 500 Euro ein Jahr später, ausgezahlt werden. Die Altersteilzeit und der geforderte Mindestbetrag von 200 Euro sind kein Teil des Angebots. „Wir lassen uns nicht abspeisen. Wir führen hier keine Luxusdebatte, unsere Forderungen sind berechtigt und notwendig,“ so Marc Otten, Verhandlungskommissionsmitglied der IG Metall, im Anschluss an die Verhandlung.


Den Arbeitgebern die rote Karte zeigen

Seit zwei Wochen finden bundesweit Warnstreiks statt. Über 13.500 Beschäftigte haben hierfür bereits kurzfristig ihre Arbeit niedergelegt und sich an betrieblichen Aktionen beteiligt. Allein am Verhandlungstag sind über 750 Beschäftigte aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen zum Verhandlungslokal in Kaarst angereist. Laute Rufe und Gesänge lockten die Arbeitgeber im Vorfeld der Verhandlung vor das Verhandlungslokal, wo ihnen die Beschäftigten die rote Karte zeigten.  

Auch Marita Mohning, beschäftigt bei Leineweber in Herford, sieht rot, wenn sie an die Altersteilzeit denkt, die die Arbeitgeber aus dem Tarifvertrag streichen wollen. Sie ist selbst in Altersteilzeit und geht in ein paar Monaten in Rente. „Ich habe 49 Jahre lang gearbeitet, bis ich es körperlich nicht mehr konnte. Wir müssen daher dringend die Altersteilzeit erhalten, damit auch andere von der Möglichkeit profitieren.“ Ihre Kollegin Martina Schneider ist auch mit nach Kaarst gekommen und findet neben der Altersteilzeit auch Lohnerhöhungen wichtig. „Wir brauchen auch Löhne, die es uns ermöglichen, früher aus dem Berufsleben auszuscheiden. Denn nur wenn wir im aktiven Berufsleben genug verdienen, stimmt auch die Rente.”


Richtungsweisend für Entwicklung der Branche

Bessere Einkommen sind auch dringend nötig, um Fach- und Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten. Doch anstatt konstruktiv an Problemen wie dem Fachkräftemangel in den Branchen zu arbeiten, zeigen sich die Arbeitgeber stur. Für Miriam Bürger ist klar, dass diese Tarifverhandlung zukunftsweisend ist. „Es entscheidet sich jetzt, was in den nächsten Jahren mit den Branchen passiert.” Man dürfe sich nicht weiter abhängen lassen. „Das gelingt aber nur mit attraktiven tabellenwirksamen Entgelterhöhungen.”

In den nächsten Tagen gehen die Warnstreiks in die zweite Runde. „Die Kollegen stehen bereit für die nächste Warnstreikwelle. Das Angebot der Arbeitgeberseite war ungenügend, man kann fast sagen unverschämt“, sagt Sabine Kühn, Betriebsratsvorsitzende von Hornschuch und Mitglied der Verhandlungskommission. Am 31. März findet die nächste Tarifverhandlung statt.

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