Lean Office: Beschäftigte müssen beteiligt werden
Wie viel Lean ist gesund?

Mit dem Lean Office soll Büroarbeit effizienter werden. Ziel des „schlanken Büros“ ist unter anderem, Doppelarbeit zu vermeiden. Als „Verschwendung“ gilt aber beispielsweise auch die Minipause, die notwendig ist, um mit neuer Energie an den nächsten Arbeitsprozess zu gehen.

3. Juli 20153. 7. 2015


Lean Office – das schlanke Büro – wird von vielen Arbeitgebern als Chance gesehen, Büroarbeit noch effizienter zu gestalten. Laut einer Studie des Fraunhofer und des Kaizen Instituts sind 30 Prozent aller Bürotätigkeiten „Verschwendung“. Und einer Studie des Softwarekonzerns Microsoft zufolge wenden Beschäftigte etwa 28 Tage im Jahr für Suchen auf. Das ist fast so viel Zeit, wie sie Urlaubstage haben. Ziel von Lean Office ist es, Verschwendung zu minimieren, um so die Produktion zu steigern und die Kosten zu senken. Als Verschwendung wird angesehen: Doppelarbeit, Suchen nach Dateien oder Unterlagen, nicht funktionierende Bürogeräte, unproduktive Sitzungen, schlecht abgestimmte Prozesse und daraus resultierende überflüssige Wartezeiten. Aber auch der Smalltalk am Kaffeeautomat oder die Minipause, die notwendig ist, um mit neuer Energie in den nächsten Arbeitsprozess starten zu können.


 

Ohne Beteiligung geht es nicht

Das besondere an Lean Office: Ohne die Beteiligung der Beschäftigten ist Lean Office nicht umsetzbar. Sie sind es, die ihre Arbeitsprozesse am besten kennen und wissen, wo es Optimierungsbedarf gibt. Oft werden Beschäftigte anlässlich sogenannter kontinuierlicher Verbesserungsprozesse (KVP) angehalten, ihre Ideen einzubringen. Dabei kann es um die unterschiedlichsten Dinge gehen. Vom neuen Bedienungshinweis am Gemeinschaftsdrucker bis hin zu großen Workshops für die Belegschaft, in denen gemeinsam überlegt wird, wie Arbeitsprozesse optimiert werden können. Beispielsweise bei ZF Friedrichshafen haben sich Betriebsrat und Beschäftigte eingemischt.

Daneben finden sich weitere Möglichkeiten, Verschwendung zu vermeiden. Eine davon ist das Prinzip 5-S (Sauberkeit und Ordnung). Dessen Ziel ist es, unnötiges Suchen und Transportwege zu reduzieren und Arbeitsplätze übersichtlich und sauber zu gestalten. Die Praxis zeigt: Das Prinzip 5-S ist häufig der Beginn von LEAN Office. Da es leicht umsetzbar ist und erste Erfolge schnell sichtbar werden, motiviert es die Beschäftigten und steigert deren Bereitschaft, am Lean-Projekt mitzuwirken. Doch Achtung: Sind alle Büroutensilien erst einmal in einem Rollcontainer verstaut, ist auch der Weg zum Desk-Sharing oft nicht weit.

 


Auswirkungen der neuen Effizienz

Die große Frage: Führen die freiwerdenden Ressourcen zu Personalabbau und Arbeitsverdichtung oder werden sie als Spielräume eingeplant, in denen innovative Prozesse erdacht und umgesetzt werden können? In vielen Unternehmen wurden die Abläufe nicht wirklich verbessert, sondern lediglich Personal abgebaut in der Hoffnung, dass mit niedrigerer Personaldecke die Mitarbeiter sich schon nach dieser strecken werden. Nach dem Motto „Wer wenig Zeit hat, muss gezwungenermaßen effizient sein.“ Doch mit dem Verlust von Freiräumen bleibt allzu oft auch die Möglichkeit auf der Strecke, flexibel auf Kundenwünsche und Veränderungen am Markt einzugehen.

Viele kennen das: Es ist gerade noch Zeit, die Alltagsaufgaben zu bewältigen, aber auch das nur unter großem Druck und ständiger Hetze. Als weniger wichtig eingestufte Projekte bleiben liegen, auf Kundenwünsche wird nicht mehr adäquat eingegangen und das generelle Fehlerrisiko steigt. Um sich zusätzlich noch innovative Gedanken zu internen Verbesserungsprozessen zu machen, bleibt einfach keine Zeit. So werden Abteilungen oder auch ganze Unternehmen kaputtgespart und erst wenn es wirklich brennt, fällt dem Management auf, dass in der Firma keine Kapazitäten mehr vorhanden sind, zeitnah flexibel auf vorhandene Probleme einzugehen.

 

Freiräume sind Spielräume

Natürlich führen Freiräume allein nicht zu innovativem Handeln. Sie müssen aktiv als Spielräume für den innovativen Prozess genutzt werden. Dafür brauchen die Mitarbeiter Zeit und Strukturen. Im Idealfall gewinnen alle ― der Betrieb, der jetzt wieder schnell auf die Marktlage reagieren kann, sowie die Beschäftigten, die motiviert ihrer Arbeit nachgehen und damit die beste Grundlage für effizientes und produktives Arbeiten bieten. Die Folgen von Lean Office sind zu Beginn schwer abzuschätzen. Eine Optimierung von Arbeitsprozessen ist sicher an vielen Stellen sinnvoll. Wird sie verantwortungsvoll umgesetzt, kann sie zu einer größeren Zufriedenheit bei den Beschäftigten beitragen und gleichzeitig Kosten senken. Dazu ist es jedoch notwendig, die Arbeitsbedingungen im Sinne der Beschäftigten zu optimieren.
 


Optimierung im Sinne der Mitarbeiter

Sind zusätzliche Qualifikationen notwendig, um die Arbeit besser und schneller erledigen zu können? Wie kann die Kommunikation im Büro verbessert werden? Entspricht der Arbeitsplatz den ergonomischen Anforderungen? Ist konzentriertes Arbeiten möglich und gibt es Rückzugsmöglichkeiten? Diese und andere Fragen müssen Beschäftigte und Betriebsräte in den Veränderungsprozess einbringen. Nur so können ihre Interessen berücksichtigt werden und Positives bewirken. (hier geht’s zum Ratgeber Lean Office).

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