Der Equal Pay Day markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, um auf das durchschnittliche Jahresgehalt der Männer zu kommen. Erst am 19. März 2016 haben Frauen so viel verdient, wie ihre männlichen Kollegen bereits am 31. Dezember des Vorjahres. Es ist nicht nur ein Skandal, dass Frauen beim Geld diskriminiert werden. Skandalös ist auch, dass sich daran in Deutschland kaum etwas ändert. 21,6 Prozent ― so viel genau beträgt der Gender Pay Gap nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Der Gender Pay Gap beziffert den prozentualen Unterschied beim durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern.
Sind Frauen selbst schuld?
Frauen müssen sich immer wieder anhören, sie seien doch selbst schuld an der Misere. Schließlich entscheiden sie sich noch immer für die schlechter bezahlten Berufe. Sie arbeiten zudem mehr in Teilzeit oder in Minijobs. So der Vorwurf. Doch auch wenn man all diese Faktoren herausrechnet: Eine Lücke bleibt. Je nach Branche verdienen Frauen selbst bei exakt gleicher Arbeit weniger als Männer. Bei den Industriekaufleuten sind es 15 Prozent, bei der Ingenieurin zehn Prozent und eine IT-Beraterin bekommt sechs Prozent weniger als ihr männlicher Kollege.
Doch es gibt Lichtblicke. „Unsere Tarifverträge sorgen für mehr Gerechtigkeit auch zwischen Frauen und Männern“, sagt Christiane Benner, die Zweite Vorsitzende der IG Metall. Denn tatsächlich geht es in tarifgebundenen Unternehmen gerechter zu. Hier ist die Entgeltlücke kleiner. Geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede gibt es trotzdem ― auch bei übereinstimmenden Tätigkeitsniveaus. Facharbeiterinnen verdienen in den tarifgebundenen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie pro Stunde 3,7 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das ist schon mal besser als in den Unternehmen, die nicht an Tarife gebunden sind. Hier liegt die Differenz bei über 14 Prozent. Wer in der betrieblichen Hierarchie höher steht, muss als Frau jedoch noch mehr Abstriche hinnehmen. Die Einkommensunterschiede in den nicht an Tarif gebundenen Firmen dieser Branchen beträgt bei Führungsfrauen 21,5 Prozent, in den tarifgebundenen Firmen ist er bei 9,2 Prozent. „Auch deshalb macht sich die IG Metall in der aktuellen Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie für mehr Tarifbindung stark“, so Benner.
Der Wert der Arbeitsleistung darf nicht von vom Geschlecht abhängen. Trotzdem zeigt sich in der Praxis, dass Frauen in allen Bereichen der Arbeitswelt oftmals „unter Wert“ beschäftigt werden. Die bundesweite Kampagne der BPW Germany (Business and Professional Woman – Germany e.V.) hat in diesem Jahr das Schwerpunktthema „Berufe mit Zukunft“. In der Zukunft wird vor allem die Digitalisierung viele Tätigkeiten und Abläufe in der Arbeitswelt verändern. Im Fokus der Kampagne steht die Frage, welches Berufe mit Zukunft sind und wo Frauen in diesen Berufen stehen. Dabei muss es darum gehen, dass in der Arbeitswelt 4.0 keine Frau mehr darum kämpfen muss, wie ihre männlichen Kollegen eingruppiert und bezahlt zu werden.
Transparenz ― erster Schritt zur Lösung
Transparenz alleine schafft noch keine Entgeltgerechtigkeit. Doch sie ist der erste Schritt zu einer Lösung. Die IG Metall sagt „Die Höhe des Einkommens darf kein Geschlechtsmerkmal sein“. Mit ihrer Initiative „Auf geht’s ― Faires Entgelt für Frauen“ verfolgt die Gewerkschaft das Ziel, die Entgeltstrukturen in den Unternehmen offen zu legen. Dass es jetzt Eckpunkte zu dem Entgelttransparenzgesetz gibt, begrüßt Christiane Benner. Das geplante Gesetz zielt ebenso wie die Initiative der IG Metall darauf ab, dass die Unternehmen die Entgeltdaten veröffentlichen, analysieren und damit den Weg freimachen, dass Diskriminierung abgebaut werden kann.