Vor einigen Wochen hat der Bundestag das Rentenpaket verabschiedet. Seit 1. Juli haben Ältere die Wahl: Wenn sie 63 Jahre alt und 45 Jahre lang Beiträge gezahlt haben, können sie aus dem Arbeitsleben aussteigen. Die Möglichkeit, flexibel aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, trifft den Nerv vieler Menschen. Denn nur 31 Prozent der Beschäftigten glaubt, dass sie ihre jetzige Tätigkeit bei gleichbleibenden Anforderungen bis 65 ausüben können. Das war das Ergebnis der großen Beschäftigtenbefragung der IG Metall im Frühjahr 2013, an der sich über 500 000 Menschen beteiligt hatten.
Angst, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein
Die Teilnehmer der Befragung berichten von steigendem Arbeitsdruck in den Betrieben. Immer mehr muss in der gleichen Zeit bewältigt werden, das gaben fast 80 Prozent der Beschäftigten an. Diese Arbeitsverdichtung scheint um so problematischer, da das Durchschnittsalter der Belegschaften in den kommenden Jahren immer weiter steigen wird und eine erhebliche Diskrepanz zwischen den „Sonntagsreden“ der Unternehmer und der Realität in den Betrieben in Sachen alterns- und altersgerechtes Arbeit besteht. Da überrascht es nicht, wenn viele Beschäftigte Angst haben, den steigenden Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein. Wohl auch deshalb stufen neun von zehn Befragten die Möglichkeit früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu können, als sehr wichtig oder wichtig ein.
Die IG Metall hat gemeinsam mit Betriebsräten schon einiges auf den Weg gebracht, um die Probleme zu lösen. So haben seit Januar 2010 nach dem „Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente“ (TV FlexÜ) bis zu vier Prozent der Beschäftigten Anspruch auf Altersteilzeit – vorausgesetzt, der Beschäftigte arbeitet mindestens zwölf Jahre in dem Betrieb. Ein Teil der Altersteilzeitplätze wird für Beschäftigte reserviert, die auf besonders belastenden Arbeitsplätzen arbeiten.
Gute Lösungen tariflich oder gesetzlich festschreiben
Zusätzlich zu diesem Tarifvertrag gibt es in einigen Betrieben Betriebsvereinbarungen, die die tarifliche Regelungen verbessern: Bei John Deere, einem Landmaschinenhersteller, können mehr als vier Prozent in Altersteilzeit gehen und die finanziellen Leistungen sind höher. Eine Altersteilzeitregelung mit festen Aufstockungsbeträgen gilt bei der Firma Autoliv. Und der Automobilzulieferer Schnellecke hat einen Tarifvertrag „Zukunft und Demografie“ vereinbart, der darauf setzt die Arbeitsbedingungen humaner zu gestalten, damit die Beschäftigten länger arbeiten können.
Das sind Einzelbeispiele. Sie nutzen nur den Beschäftigten, die in diesen Unternehmen tätig sind. Doch es müssen Lösungen gefunden werden, von denen mehr Beschäftigte profitieren. Gute Regelungen müssen über Tarifverträge oder Gesetze verankert werden.
Bessere Altersteilzeit – Thema in der Tarifrunde
Da der Tarifvertrag FlexÜ Ende 2016 ausläuft, wird bei der IG Metall über neue tarifpolitische Regelungen zur Altersteilzeit diskutiert. Sie soll attraktiver werden. Einer der Knackpunkte ist das Geld. Bislang nutzen vor allem Beschäftigte mit gutem Verdienst den FlexÜ. Doch auch Arbeitnehmer mit geringem Einkommen wollen gern früher aussteigen, die meisten können es sich finanziell aber nicht leisten.
Ein weiterer Grund dafür, das Thema Altersteilzeit anzupacken, ist die abschlagsfreie Rente mit 63. Denn damit ändern sich die gesetzlichen Konditionen. Nach einer Klausel im Tarifvertrag endet dieser, wenn sich das Gesetz ändert. Da das am 1. Juli 2014 mit Inkrafttreten der abschlagsfreien Rente der Fall ist, müssen die Tarifparteien den Tarifvertrag FlexÜ neu verhandeln.
Die Mitglieder diskutieren derzeit in den Betrieben und gewerkschaftlichen Gremien, was und wie viel die IG Metall in der Metall-Tarifrunde 2015 fordern soll. Eine Rolle spielt dabei eine bessere Altersteilzeit, die neben einer Bildungsteilzeit eine qualitative Forderungen sein soll.