Kiribati kannte bis vor kurzem kaum jemand. Jetzt ist der kleine Inselstaat auf halber Strecke zwischen Hawaii und Australien zum Symbol für die drohenden Folgen des Klimawandels geworden. Die Bewohner von Kiribati sind darauf eingestellt, dass ihre Kokospalmen bald im Meerwasser stehen und die Inselbewohner sich eine neue Heimat suchen müssen. Die meisten der Inseln liegen keine zwei Meter über dem Meeresspiegel. Steigt er infolge des Klimawandels an, ist das der Untergang von Kiribati.
Es waren Inselstaaten wie Kiribati, die auf dem Klimagipfel im Dezember in Paris durchsetzten, dass der bodennahe Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzt werden muss. In dem Abkommen, dem alle 196 Länder in Paris zugestimmt haben, ist von „deutlich unter zwei Grad“ im Vergleich zu der Zeit vor der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts die Rede.
Zeit drängt
Die IG Metall unterstützt dieses Ziel. Um ein Prozent hat sich die Erde schon erwärmt. Steigen die Temperaturen weiter, drohen weltweit Überschwemmungen, Dürren, Wassernot. Millionen Menschen verlieren ihre Existenzgrundlage. Die Zahl der (Klima-)Flüchtlinge wird dramatisch zunehmen. Viel Zeit bleibt nicht. „Wir sind die letzte Generation, die nachhaltig etwas ändern kann“, sagt Wolfgang Lemb, der im Vorstand der IG Metall für Industriepolitik und Umwelt und Energie zuständig ist. In Paris wurde vereinbart, dass die Länder selber entscheiden, wie sie den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) verringern wollen. Alle fünf Jahre überprüfen sie gemeinsam, ob sie ihre Ziele erreicht haben und sollen ihre Maßnahmen verschärfen.
Kohlenstoffarme Industrie
Über die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen verursachen Industrie und Verkehr, weitere 42 Prozent die Energieerzeuger. Auf die Wirtschaft kommen große Veränderungen zu, wenn sie das Ziel erreichen will, dass Produktionsprozesse und Produkte kohlenstoffarm oder gar kohlenstofffrei werden. „Das Abkommen von Paris ist ein richtiger Schritt in die kohlenstoffarme Zukunft“, urteilt Wolfgang Lemb. In dem Abkommen wird ausdrücklich erklärt, dass die Beschäftigten in dem notwendigen Strukturwandel eine wichtige Rolle spielen und der Prozess gerecht gestaltet werden muss. Das hatten die internationalen Gewerkschaften, darunter die IG Metall, gefordert.
Gute Arbeit
Wie Wissenschaftler, die sich mit dem ökologischen Umbau befassen, geht auch die IG Metall davon aus, dass er große Chancen bietet. Die weltweite Nachfrage nach Energieeffizienz- und Umwelttechnologien wird stark steigen. „Die Arbeitsplätze, die hier entstehen, müssen aber gute Arbeitsplätze sein“, sagt Lemb: „Tarifgebundene Arbeit mit guten sozialen Standards und Mitbestimmung der Beschäftigten“. Das ist bisher zum Beispiel in der Windenergie oft nicht der Fall. „Und wo der Klimaschutz Arbeitsplätze gefährdet, brauchen wir sozialverträgliche Übergänge, wie Umschulungen und Qualifizierungen für andere Tätigkeiten.“
Hausarbeiten machen
„Nach dem Pariser Gipfel muss die Bundesregierung sofort darangehen, die Ziele umzusetzen“, fordert Wolfgang Lemb. „Wir brauchen konkrete Fahrpläne für den nachhaltigen und sozialen Umbau. Die betroffenen Beschäftigten, zum Beispiel in den Branchen der erneuerbaren und der Kohlekraftwerkstechnologie, müssen wissen, wie es für sie weitergeht.“ Er kritisiert, dass die Bundesregierung schon zu viel Zeit verschwendet hat und den Strukturwandel noch zu sehr bremst. Er fordert von der Politik, Zukunftstechnologien planmäßig zu fördern, also etwa Elektroautos, Wind- und Sonnenenergie und Technologien, die einen effizienteren und damit sparsameren Einsatz von Energie in Produktionsprozessen und bei der Gebäudewärme ermöglichen. „Nur wenn das endlich geschieht, wird der Klimawandel zu einem Gewinn fürs Klima und die Menschen.“