Occupy
„Fehler im System“

Sie sprechen nicht für eine Partei und nicht für irgendeine Organisation. Sie sprechen für sich selbst: Mitte Oktober gingen überall auf der Welt Menschen auf die Straße. Was sie trieb, war ihre Empörung über die Macht der Finanzmärkte. In Frankfurt richteten sie ein Camp ein.

25. Oktober 201125. 10. 2011


Fast eine Woche ist vergangenen und Claudia Keth kann es kaum glauben. „Letzten Freitag hätte ich nicht gedacht, dass wir am Montag dieses Camp haben“, sagt die 25-Jährige. Jetzt stehen 70 Zelte vor der Europäischen Zentralbank (EZB), und täglich werden es mehr.

„Occupy Frankfurt“ nennt sich die Bewegung hier. Doch auch in anderen Städten in Deutschland und auf der ganzen Welt bringen Menschen ihre Empörung auf die Straße. Jeder hat eigene Gründe. „Aber die enorme Umverteilung von den Steuerzahlern zu den Banken war sicher ein zentraler Auslöser“, sagt Claudia. Sie selbst spürte seit Jahren, wie die Wut in ihr größer wurde. Wut darüber, dass in Afrika Menschen hungern, während Europa im Überfluss lebt. Wut darüber, dass Banken Milliarden bekommen, während das Land Hessen 30 Millionen Euro bei der Bildung spart. Oder über Hartz IV: „Was ist das für eine Welt, in der die einen alles haben, und andere nichts?“, fragt die Studentin. Doch sie spürte eine Veränderung. „Meine Wut schlug in positive Empörung um.“ Claudia geht es nicht darum, an einzelnen Schräubchen zu drehen. „Das System selbst ist das Problem“, sagt sie.



Keiner der Demonstranten hat einen Forderungskatalog oder Gesetzentwurf dabei. „Wir wollen, dass alle mitmachen, und wir eine aktive Gesellschaft werden.“ Willkommen ist im Camp jeder. Jeder kann seine Meinung einbringen. Nur Verbands- oder Parteifahnen, darum bitten die Aktivisten, sollen draußen bleiben. Sie wollen sich nicht von einer Organisation vereinnahmen lassen, sondern viele Meinungen vereinigen.
Unterstützung ist im Camp immer willkommen. Sie kam auch von Gewerkschaften, etwa der DGB-Jugend in Frankfurt. „Ich finde Gewerkschaften wichtig“, sagt Claudia, „aber sie sollten ihre Rolle wieder stärker ausüben und sich von der Politik lösen.“

Jeder kann ins Camp kommen. Aber: „Es ist wichtig, dass auch die Menschen kommen, die arbeiten, und nicht nur die, die Zeit haben.“

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