Betriebsrat Wenisch: Die IG Metall ist im Kfz-Gewerbe NRW ein...
Die Kfz-Arbeitgeber schaden sich auch selbst

„Bei uns ist der Kunde König und der Arbeitnehmer Bettelmann.“ Nach diesem Leitbild versuchen viele Kfz-Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen Tarifflucht zu begehen, sagt Siegfried Wenisch, Betriebsratsvorsitzender bei der Mercedes-Niederlassung in Köln. Hochqualifizierte Fachkräfte seien mit ...

15. November 201315. 11. 2013


... einer Billiglohnstrategie jedoch nicht zu gewinnen.

Siegfried, Du gehörst der IG Metall-Tarifkommission in Nordrhein-Westfalen an und bist Betriebsratsvorsitzender im Mercedes-Autohaus in Köln. Ist Euer Betrieb noch tarifgebunden?
Unser Unternehmen befindet sich immer noch in der Tarifbindung. Grund dafür ist sicherlich auch unser guter Organisationsgrad in der IG Metall und eine Belegschaft, die für die Durchsetzung Ihrer Interessen auch schon mal auf die Straße geht. Und das weiß unser Arbeitgeber.

In fast ganz Deutschland bekommen die Kfz-Beschäftigten in diesem Jahr 2,8 Prozent mehr Geld und ab Sommer 2014 ein weiteres Plus von 2,8 Prozent. Nur in NRW nicht. Dort fehlt der IG Metall seit Juni ein Verhandlungspartner, um Tarife auszuhandeln. Droht in NRW das Kfz-Handwerk zur Billiglohnbranche zu verkommen?
Die Gefahr besteht eigentlich schon seit 2008 – da hat der Landesinnungsverband erklärt, mit der IG Metall keine Tarifverträge mehr abschließen zu wollen. Die Tarifgemeinschaft, die sich danach gegründet hat, war auch kein zuverlässiger Tarifpartner. Mittlerweile gleicht die Kfz-Tariflandschaft in NRW einem Flickenteppich. Nur noch wenige Kfz-Firmen sind tarifgebunden.

Und wie könnt Ihr die zunehmende Tarifflucht der Kfz-Arbeitgeber verhindern, aber auch Tarifflüchtige wieder einfangen?
Die IG Metall versucht jetzt mühsam, Betrieb für Betrieb Haustarifverträge zu den Standards des Flächentarifvertrages abzuschließen. In diesem „Häuserkampf“ erkennt man klar, dass die Arbeitgeber den Billiglohn zum Ziel haben. Die schwarzen Schafe unter den Arbeitgebern müssen identifiziert und publik gemacht werden. Die Öffentlichkeit muss wissen, was einige Arbeitgeber praktizieren, nämlich: „Bei uns ist der Kunde König und der Arbeitnehmer Bettelmann“. Wir wollen aber auch unsere Kolleginnen und Kollegen noch besser organisieren und mobilisieren.

Mit ihrer Billiglohnstrategie schneiden sich doch die Arbeitgeber ins eigene Fleisch. Damit gewinnen sie doch nichts, erst recht nicht neue Fachkräfte oder?
Unsere Produkte werden immer komplexer und unsere Kunden immer anspruchsvoller. Für unsere Arbeit benötigen wir daher hochqualifizierte Kolleginnen und Kollegen. Die bekommt man aber nur mit guten Löhnen und mit der Sicherheit von Tarifverträgen. Wir haben jetzt schon Schwierigkeiten, gute Facharbeiter zu bekommen. In der Vergangenheit haben die Arbeitgeber in der IG Metall immer einen zuverlässigen Tarifpartner gehabt, davon haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer profitiert. Der Konkurrenzkampf über Arbeitskonditionen schadet nur. Das müssen wir den Arbeitgebern klar machen.
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