Metall-Tarifrunde 2012: Ein Resümee mit den schönsten Aktionen
Kreativ und entschlossen zum Tarifabschluss

830 000 Menschen beteiligten sich innerhalb von drei Wochen an den Warnstreiks. Mit bunten fantasievollen Aktionen waren meist junge Metallerinnen und Metaller bereits schon bei den ersten Verhandlungsrunden dabei.

29. Mai 201229. 5. 2012


„Auf dieses Ergebnis können wir stolz sein“, bewertet Berthold Huber den Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie. Der IG Metall-Vorsitzende ist überzeugt, dass dieser nur möglich war, weil die Mitglieder der IG Metall ein machtvolles Zeichen gesetzt haben.

Gefordert hatte die IG Metall 6,5 Prozent mehr Geld, die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten und mehr Mitsprache für Betriebsräte bei der Leiharbeit. Herausgekommen ist ein fairer und guter Kompromiss – dank der unterstützenden Aktionen und Warnstreiks der Beschäftigten.


Spritzig, witzig, bunt, und entschlossen

Ob mit Fackelzügen, Hochzeitsprozessionen, Motorrad- oder Autokorsos, mit Samba-Klängen, Blaskapelle oder mit Alpenhörner. Ohne die massiven und kreativen Aktvitäten der Metallerinnen und Metaller hätte die IG Metall das Ergebnis nicht durchsetzen können. Dafür bedankt sie sich bei allen, die mitgemacht haben.

Laut, stark, fantasievoll: Von Anfang an mischten Metallerinnen und Metaller aktiv bei der Tarifrunde mit. Die Monate März, April und Mai waren Aktionsmonate. So feierten Auszubildende bei der ersten Verhandlungsrunde in Frankfurt am Main und in Radebeul bei Dresden „Hochzeit“: „Traut euch! Sagt JA zur Übernahme!“ forderten sie die Arbeitgeber auf ihren Bannern auf. In der zweiten Runde legten sie noch mal nach: In Düsseldorf verabreichte ein junges „Ärzteteam“ den Arbeitgebern die richtige Medizin gegen künftigen Fachkräftemangel: Die unbefristete Übernahme – dosiert in großen Spritzen.

Gegen unfaire Leiharbeit protestierten Beschäftigte in der Gelsenkircher Innenstadt mit einer riesengroßen aufgeblasenen „Pizza Precaria“. „Dieser Rand schmeckt uns nicht“ war auf ihren Flugblättern zu lesen. Und als die Arbeitgeber in der dritten Runde endlich ein erstes Angebot auf den Tisch legten, gab es kein Halten mehr. Der in Köln präsentierte „Lösungsvorschlag“ von drei Prozent für 14 Monate rügten Metallerinnen und Metaller als „heiße Luft“, wie ein Feuerschlucker eindrucksvoll vor dem Kurfürstlichen Schloss in Mainz demonstrierte.


Mitternachtswarnstreiks mit Fackelzügen

Spätestens mit dem Ende der Friedensplicht am 28. April starteten Metallerinnen und Metaller mit den ersten Mitternachtswarnstreiks. Punkt Null Uhr legten in der Nacht zum Sonntag in Bayern, Rheinland-Pfalz, Berlin und in Niedersachsen Beschäftigte die Arbeit nieder. Die Bilanz nach knapp drei Warnstreikwochen: Mehr als 830 000 Metallerinnen und Metaller aus über 3300 Betrieben waren bundesweit an Warnstreiks beteiligt. „Ein großartiger solidarischer Akt“ – attestierte Berthold Huber.

Die massiven Warnstreiks wirkten auf die Metall-Arbeitgeber nachhaltig. Sie waren beeindruckt von der Entschlossenheit und der Solidarität der Beschäftigten. In der Nacht zum 19. Mai lenkten die Metall-Chefs schließlich ein. Nach insgesamt 37 Stunden Tauziehen einigten sich die Tarifparteien in Stuttgart auf ein Ergebnis für die baden-württembergische Metall- und Elektroindustrie.


Ein guter und fairer Kompromiss

Zur Zeit zeichnet sich ab, dass alle Tarifbezirke den Pilotabschluss von Stuttgart übernehmen. Dann erhalten 3,6 Millionen Beschäftigte 4,3 Prozent mehr Geld rückwirkend ab Mai – das ist die höchste Entgelterhöhung der letzten 20 Jahre. Zudem sind Auszubildende und Leiharbeitnehmer jetzt besser gestellt. Der IG Metall ist es gelungen, den Missbrauch von Leiharbeit zu stoppen und dass die Betriebe ihre Azubis ab 2013 grundsätzlich unbefristetet übernehmen. Bisher waren es nur zwölf Monate befristet.

Beim Thema Leiharbeit blockierten die Arbeitgeber monatelang. Sie wollten sich nicht in ihre „Personalplanung“ reinreden lassen. Jetzt regelt ein Tarifvertrag, dass Betriebe Leihbeschäftigte nur noch zeitlich befristet einsetzen dürfen bei Auftragsspitzen oder Mutterschafts- und Krankheitsvertretung. Und sie müssen gewährleisten, dass die Leiharbeit nicht die Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze der Stammbeschäftigten bedroht. Verstößt der Arbeitgeber dagegen, gibt der neue Tarifvertrag dem Betriebsrat jetzt Gründe an die Hand, mit denen er den Einsatz von Leiharbeitnehmern ablehnen kann. Tut er das, muss der Arbeitgeber die Zustimmung beim Arbeitsgericht ersetzen lassen. Die Richter müssen dabei die neuen tariflichen Regeln mit berücksichtigen.

Zusätzlich beschert ein weiterer Tarifabschluss Leiharbeitnehmern in Metall- und Elektrobetrieben deutlich mehr Geld. Bis zu 600 Euro mehr in der untersten Lohngruppe. Das hat die IG Metall parallel mit den Zeitarbeitsverbänden ausgehandelt.

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