Textil- und Bekleidungsindustrie: erste Tarifverhandlung
Erste Runde endet ergebnislos
Die erste Tarifverhandlung für die westdeutschen Textil-Beschäftigten am 17. Oktober endete in Berlin ergebnislos. Die IG Metall fordert fünf Prozent mehr Geld für zwölf Monate. Die Arbeitgeber wiesen die Forderung als „zu optimistisch“ zurück, waren aber nicht bereit, ein eigenes Angebot ...
In der Textil-Tarifrunde hat die IG Metall mit den Arbeitgebern am 17. Oktober in Berlin erstmals über höhere Löhne und Ausbildungsvergütungen verhandelt. Sie fordert für die rund 120 000 Beschäftigten in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsbranche fünf Prozent mehr – und zwar ab 1. November bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. „Die Arbeitgeber haben auf unsere Forderung nach fünf Prozent mehr Geld absolut unzureichend reagiert“, erklärte Michael Jung, der für die IG Metall die Verhandlungen führt.
Die Beschäftigten haben ein deutliches Plus verdient. Um als Zukunftsbranche im globalen Wettbewerb bestehen zu können, muss das Know-how in den Betrieben gehalten werden. Die Arbeitnehmer sind hoch flexibel und leisten in den Betrieben sehr gute Arbeit bei schwierigen Arbeitsbedingungen.
Textilindustrie macht gute Geschäfte
„Die Branche leidet darunter, dass sie nicht als attraktiv gilt“, sagte Helga Schwitzer, Vorstandsmitglied der IG Metall und zuständig für Tarifpolitik. „In wirtschaftlich wechselhaften Zeiten ist der private Konsum ein entscheidender Stabilitätsfaktor. Faire Entgelte tragen zur Attraktivität der Branche bei.“, betonte Schwitzer weiter. „Die Unternehmen dürfen nicht über Fachkräftemangel jammern, wenn sie zu niedrige Löhne bieten.“ Die Verdienste zum Beispiel in der Metallindustrie sind weitaus höher als in der Textilindustrie. Die Branche ist ein Hightech-Gewerbe, das als Zulieferer für den Autobau gute Geschäfte macht, etwa mit der Innenverkleidung.
Konjunkturell steht die Textil- und Bekleidungsindustrie besser da als wie von den Arbeitgebern behauptet. Trotz leichter Eintrübungen in 2012 hat sich die Branche weitgehend stabilisiert. In 2011 stieg ihr Umsatz mit knapp 10,2 Milliarden Euro (plus 7,7 Prozent) fast auf Vorkrisenniveau. Insbesondere der Bereich der technischen Textilien zeichnet sich durch hohe Wachstumsraten aus. Ihr Anteil an der deutschen Produktion ist inzwischen auf über 50 Prozent gestiegen. In den nächsten Jahren soll dieser Markt weltweit weiter wachsen.
„Made in Germany“ ist in der Textilwirtschaft noch immer ein anerkanntes Siegel für Höchstleistungen, das nicht riskiert werden dürfe, sagte Michael Jung. „Schon wegen der Attraktivität der Branche ist es wichtig, endlich die Einkommen der Beschäftigten kräftig anzuheben.“
Leiharbeit und demografischer Wandel ebenfalls Thema
Neben der Entgeltforderung will die IG Metall gleichzeitig auch die Branchenzuschläge für Leiharbeitnehmer in den textilen Branchen regeln. Darüber verhandelt die IG Metall parallel mit den Arbeitgebern der Zeitarbeitsfirmen.
Außerdem erwartet die IG Metall in dieser Tarifrunde, dass sie endlich mit den Textil-Arbeitgebern die Altersteilzeit und die Übernahme der Auszubildenden tariflich vereinbaren kann. Im Tarifabschluss von 2011 hatten sich beide Seiten verpflichtet, bis Ende Oktober 2012 Empfehlungen auszuhandeln, wie der demografische Wandel in den Betrieben gestaltet werden kann. Die IG Metall will die aktuellen Verhandlungen dazu nutzen, die beiden Punkte parallel in einem Demografie-Tarifvertrag zu regeln. Damit wäre die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie wirklich eine attraktive Zukunftsbranche.
Der derzeit gültige Tarifvertrag läuft bis zum 31. Oktober 2012. Danach endet die Friedenspflicht in der Branche. „Wenn wir nach dem 7. oder 8. November keine Chance auf eine baldige Einigung sehen, dann werden wir zeigen, dass viele Fäden gemeinsam stark sind und zu Aktionen in den Betrieben aufrufen“, richtete Helga Schwitzer die Botschaft an die Arbeitgeber.
Am 29. Oktober verhandeln IG Metall und Arbeitgeber in Frankfurt weiter.
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