Gutachten zum Freihandelsabkommen mit Kanada
Warum CETA noch verbessert werden muss

Investorenschutz, Tariftreueregelungen, Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten: Die IG Metall fordert weitere Nachbesserungen beim Freihandelsabkommen CETA. Ein neues Rechtsgutachten stützt die Gewerkschaftspositionen.

20. Oktober 201620. 10. 2016


Die IG Metall hat weitere rechtsverbindliche Klarstellungen zum umstrittenen Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) eingefordert. „Wir sehen noch Klarstellungsbedarf und fordern mehr Rechtsverbindlichkeit beim Investorenschutz, bei der Zulässigkeit von Tariftreueregelungen und vor allem bei der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten“, erklärte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, heute bei der Vorstellung eines Rechtsgutachtens. Das Gutachten zeige konkrete Verbesserungsvorschläge für ein rechtlich verbindliches Zusatzprotokoll zum CETA-Vertrag auf.

 

Die Arbeits- und Wirtschaftsrechtsprofessor Wolfgang Däubler und die Juristin und ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) haben in einem Gutachten für das Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI) untersucht, welche Auswirkungen bisherige Handels- und Investitionsschutzabkommen und CETA auf Arbeitnehmerrechte und soziale Standards haben.

 

Sozialklauseln, so ihr Ergebnis, sind zwar in vielen Abkommen enthalten, aber meist Papiertiger, weil Durchsetzungsmechanismen fehlen. CETA bringe noch spezielle Risiken mit sich.

 

CETA: Risiken bleiben

 

Erstes Risiko: der Investorenschutz. Beschließt ein Parlament Gesetze, die den Gewinnerwartungen eines Unternehmens widersprechen, können dem Staat hohe Schadensersatzforderungen drohen. Ein solches Risiko besteht auch bei Änderungen im Arbeitsrecht, etwa wenn die Mitbestimmung erweitert oder der Mindestlohn deutlich erhöht wird.

 

Zweites Risiko ist das Vergaberecht. Zählt bei der Auftragsvergabe, wie in Handelsverträgen üblich, nur, wer das preiswerteste Angebot abliefert, ist es schwer bis unmöglich, soziale und Umweltstandards zu berücksichtigen, also etwa staatliche Aufträge an Firmen zu vergeben, die ortübliche Tariflöhne zahlen.

 

Eine dritte Risikoquelle sehen die beiden Gutachter bei CETA im Gemischten Ausschuss. Er soll aus Vertretern Kanadas und der EU bestehen und das Recht erhalten, zu allen Fragen, die mit Handel und Investitionen zu tun haben, verbindliche Entscheidungen zu treffen. Sie können auch Arbeitnehmer betreffen. Hat der Ausschuss entschieden, kann ein Vertragspartner, zum Beispiel die EU, sie nicht mehr rückgängig machen.

 

Diese Gefahren lassen sich nicht mit den üblichen Sozialklauseln ausräumen, sagen Däubler-Gmelin und Däubler. Im Vertragstext selbst müsse klargestellt werden, dass „arbeits- und sozialrechtliche Regelungen nicht Gegenstand von Investorenklagen sein können“, bei der Auftragsvergabe auch sozialpolitische Maßnahmen Bewertungskriterien sein können und dass der Gemischte Ausschuss nicht für arbeits- und sozialrechtliche Regelungen zuständig ist.

 

„Kanada und die EU können Vorbilder sein.“

 

Teilweise sind die Vorschläge in der Gemeinsamen Auslegungserklärung zum CETA-Vertrag aufgenommen worden. „Deren Rechtsverbindlichkeit ist jedoch beschränkt“, machte Jörg Hofmann deutlich. „Darum fordern wir eine rechtsverbindliche Aufnahme in das CETA-Vertragswerk“, erklärte er. Die IG Metall setze große Hoffnungen in die Politiker in Berlin und den anderen europäischen Ländern. Nachbesserungen seien immer noch möglich.

 

Faire Freihandelsabkommen als Teil einer fairen Welthandelsordnung sind nötig“, sagte Herta Däubler-Gmelin. „Kanada und die EU können Vorbilder sein.“ Deshalb müsse CETA weiter nachverhandelt werden.

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