Interview mit Bob King, Vorsitzender der UAW
Respektiert Arbeitnehmerrechte

Die Gewerkschaften in den USA haben keinen leichten Stand. Im Interview mit igmetall.de berichtet Bob King, Vorsitzender der United Automobile, Aerospace and Agricultural Implement Workers of America (UAW) über eine aktuelle Kampagne, mit der seine Gewerkschaft die Beschäftigten in den ...

1. Februar 20111. 2. 2011


... US-Werken ausländischer Autobauer organisieren möchte.

Bob, die UAW hat gerade eine Kampagne zur Organisierung der US-Werke ausländischer Autobauer gestartet. Wie weit seid Ihr damit?
Wir hatten einige informelle und vertrauliche Gespräche mit Unternehmensvertretern. Mit den Beschäftigten in den Werken sind wir schon seit einigen Jahren in Kontakt.

Warum habt Ihr die Werke nicht schon früher organisiert? Was hat Euch daran gehindert?
Wir haben es versucht. Aber es gibt da viel Angst. Die Beschäftigten werden mit Entlassung oder Schließung bedroht. Und die Unternehmen zahlen einen Bonus für Beschäftigte die sich gegen die Gewerkschaft aussprechen.

Sind derartige Repressionen auch in Werken deutscher Autohersteller vorgekommen?
Ja sicher. Und wir glauben nicht, dass das US-Management das ganz von allein macht, sondern dass es auch Weisungen von der Konzernspitze gab, die Werke gewerkschaftsfrei zu halten.

Warum haben es Gewerkschaften so schwer in den USA? Gibt es keine Arbeitnehmer-Schutzgesetze?
Wir haben zwar das Nationale Gesetz über Arbeitsbeziehungen (National Labour Realtions Act) das betriebliche Gewerkschafts-Wahlen vorsieht: Wenn 50 Prozent der Beschäftigten dafür stimmt, dann wird eine gewählte betriebliche Gewerkschaftsvertretung offizieller Verhandlungsvertreter. Aber das ursprüngliche Gesetz ist in den letzten Jahrzehnten ungeheuer verwässert worden. Selbst Arbeitgebervertreter kritisieren bereits, dass das Gesetz die Arbeitnehmer längst nicht mehr schützt.
Unternehmen können Wahlen jahrelang blockieren und Gewerkschafts-Unterstützer feuern. Auf diese Weise haben wir gerade kürzlich eine Wahl verloren, um zwei Stimmen, nach sieben Jahren Kampf! Viele wurden gefeuert. Und obwohl das Gericht urteilte, dass das Unternehmen viele Rechtsbrüche begangen hat, ist keine neue Wahl angesetzt worden. Es reicht, wenn der Arbeitgeber erklärt: Ich tu’s nicht wieder. Dazu kommt, dass Unternehmen heute systematisch professionelle „Union Busters“ (Gewerkschafts-Jäger) anheuern, oftmals Anwälte. Sie schüchtern die Beschäftigten ein, erzählen ihnen, wie schlecht Gewerkschaften sind – und dass die Gewerkschaft den Betrieb bis zur Schließung zugrunderichten wird. Wir bekommen es in fast jeder betrieblichen Kampagne mit Union Bustern zu tun. Union Busting ist ein Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft geworden.

Spielen schlechtes Image von Gewerkschaften und ein feindliches Klima auch eine Rolle?
Ja. Ein Beispiel: Uns wurde oft vorgeworfen, wir seien schuld an der General Motors-Pleite, wegen unserer hohen Löhne und Sozialleistungen. Obwohl wir genau wissen, dass die Hauptprobleme Versäumnisse bei der Technologie und der Entwicklung zeitgemäßer Autos waren. Und besonders in den Südstaaten, wo die Werke der ausländischen Autohersteller angesiedelt sind, haben wir Imageprobleme die in die harten Streiks der vierziger, fünfziger Jahre zurückreichen. Und Politiker locken Unternehmer nicht nur mit Geld, sondern sie versprechen auch, Gewerkschaften niederzuhalten.

Wie kann Eure Kampagne unter diesen schlechten Bedingungen funktionieren?
Wir gehen neue Wege: Mit neuen Prinzipien für faire Gewerkschaftswahlen als fundamentales Menschenrecht in einer Demokratie. Wir bieten den Arbeitgeber eine respektvolle Beziehung an, eine freie Wahl ohne Einschüchterung, Drohungen oder Maßregelungen – von beiden Seiten. Der Arbeitgeber erklärt, neutral zu bleiben. Auf der anderen Seite erkennen wir an, dass wir nicht länger in einem geschlossenen sondern in einem globalen Markt leben, in dem Wettbewerbsfähigkeit nötig ist. Und ich betone, dass unsere gewerkschaftlich organisierten Werke die produktivsten, innovativsten und am besten geführten Werke sind.

Du bist jetzt in Deutschland zu Gesprächen mit der IG Metall und den deutschen Auto-Betriebsräten wegen Unterstützung für Eure Kampagne. Wie kann diese Unterstützung aussehen?
Unsere deutschen Kollegen können Gespräche mit der Unternehmensführung anstoßen. Denn das lokale Management in den US-Werken hat dazu nicht genügend Kompetenzen. Und sie können die Unternehmensleitungen überwachen und dazu anhalten: Verhaltet Euch in den USA so, wie ihr es in Deutschland. Respektiert Arbeitnehmerrechte.

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