Es ist nur ein erster Schritt. Doch nun könnte sich die Arbeitssituation für die Näherinnen und Näher in Bangladesch tatsächlich verbessern. Am 8. Juli unterzeichneten die Europäische Kommission, die Regierung von Bangladesch und die Internationale Arbeitsorganisation ein Sicherheitsabkommen. Die Textilarbeiter sollen mehr Rechte erhalten, die Produktionsgebäude sicherer und die Unternehmen zu einem verantwortungsvollen Verhalten verpflichtet werden.
Größtenteils herrschen in den Bekleidungsfabriken vorsintflutliche Arbeitsbedingungen: Die Arbeitszeit beträgt 14 bis 16 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Die Näherinnen haben keinen Arbeitsvertrag und bekommen keine Sozial- und Vorsorgeleistungen. Der Monatslohn liegt bei etwa 30 Euro.
Zu diesen katastrophalen Arbeitsbedingungen kommt die dramatisch schlechte Gebäudesicherheit. Häufig wird in illegalen Räumen, meist Privaträumen produziert. Die Produktionshallen haben oftmals keinerlei technische Sicherheitsmaßnahmen und sind völlig ungeeignet, um die schweren industriellen Maschinen zu tragen. Die Fluchtwege sind zu eng und die Beschäftigten werden bei der Arbeit eingeschlossen. Das ist auch der Grund, warum viele Arbeiter bei den bisherigen Bränden oder Vorfällen zu Tode getrampelt oder gequetscht wurden. Bei dem Einsturz der Textilfabrik in Rana Plaza bei Dhaka im April waren mehr als 1100 Menschen umgekommen.
Fabrikinspektoren decken Mängel auf
Nach der Unterzeichnung des Abkommens zu Beginn des Monats sollen die Mängel nun möglichst schnell behoben werden. Nach ersten Schätzungen müssen zwischen 50 und 90 Prozent der Textilfabriken saniert werden. Unabhängige Inspektoren werden innerhalb der nächsten neun Monate die schlimmsten Mängel aufdecken, die dann im Laufe der nächsten fünf Jahre behoben werden sollen. So lange läuft das Abkommen.
Neben dem Brandschutz- und Sicherheitsabkommen hat das Parlament in Bangladesch auch die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter stärkt. Die Beschäftigten dürfen sich danach ohne Zustimmung des Arbeitgebers gewerkschaftlich organisieren. Außerdem müssen die Firmen künftig fünf Prozent ihres Gewinns in einen Fonds abführen. Daraus sollen die Sozialleistungen finanziert werden. Denn der bislang gezahlte Lohn ist völlig unzureichend.
Druck sorgt für Verbesserung
Nachdem im April eine Textilfabrik in der Nähe der Hauptstadt Dhaka eingestürzt und tausende Menschen unter sich begraben hatte, hatten sich auf Druck von internationalen Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen bereits im Mai einige Bekleidungsfirmen dazu verpflichtet, die Arbeits- und Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern. Diese Initiative hat letztendlich dazu geführt, dass nun auch das Parlament reagiert hat. Zu diesen Textilfirmen gehören bekannte Modemarken wie Benetton, Aldi, Tschibo, Lidl, C&A, Mango, S. Oliver, Hess Natur Textilien, Esprit und Kik. Doch noch immer gibt es zahlreiche Unternehmen, die sich bislang verweigern. Deshalb ist es ein großer Erfolg, dass das Parlament von Bangladesch gemeinsam mit der Europäischen Kommission und der Internationalen Arbeitsorganisation ein Abkommen verabschiedet haben.
Aus den asiatischen Ländern wird ein Großteil der Bekleidung nach Deutschland importiert. Insgesamt kaufte Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 1,17 Millionen Tonnen Textilien im Wert von knapp 26 Milliarden Euro aus 130 Ländern ein. Ein großer Teil davon kommt aus Bangladesch, der Türkei und Indien. Auch wenn auf den in den Kleidern eingenähten Etiketten als Herkunftsland Italien, Niederlande oder Frankreich steht – die meisten T-Shirts kommen trotzdem aus Niedriglohnländern. Doch es sind nicht nur die billigen T-Shirts, die dort genäht werden. Nicht selten wird auch hochpreisige Bekleidung in Asien hergestellt. Für diese Modeunternehmen ist das dann ein besonders gutes Geschäft. Denn die Lohnkosten einer dort hergestellten Jeans, für die in Deutschland mehr als 100 Euro gezahlt wird, liegt dort bei nur einem Euro.