„Deshalb bin ich Vertrauensmann in der IG Metall geworden.“

Raphael Leskys ist Zerspanungsmechaniker, Vertrauensmann der IG Metall, Sänger und Musikproduzent: ein kreativer Kopf, der seine norddeutsche Heimat liebt und mit Ungerechtigkeiten nicht leben kann.

1. September 20181. 9. 2018
Artur Siemens


Es ist ein grauer, verregneter Novembertag. Zum Auftakt der Tarifrunde sind 1 500 Metallerinnen und Metaller aus ganz Norddeutschland nach Hamburg gekommen. Gemeinsam ziehen sie vom Fischmarkt an den Landungsbrü­cken vorbei in die Hafencity zur Abschlusskundgebung. Das Wetter könnte besser sein, doch die Stimmung ist aufgekratzt. Jeder Einzelne ist hier, um die Tarifforderungen der IG Metall zu unterstützen. Einer von ihnen ist Raphael Leskys, gelernter Zerspanungsmechaniker, IG Metall-Vertrauensmann bei Premium Aerotec ­– und Musiker. Raphael hat den Song zur Tarifrunde geschrieben, komponiert und produziert: die Forderungen der IG Metall als Mitsinghymne.

Die Kundgebung ist fast zu Ende, die Stimmung ­großartig, jetzt geht Raphael auf die Bühne und singt seinen Tarifsong: „Lasst uns wieder kämpfen für ein besseres Morgen.“ Dann stimmen alle ein: „Das ist mein Leben, meine Zeit!“ Ein magischer Moment.

Geht es um seine schönsten Erfolge, dann denkt Raphael nicht zuerst an ­gefüllte Konzerthallen oder Klickerfolge im Netz. Er denkt an diesen verregneten Novembertag. Raphael hat zwei Leidenschaften: die Musik und seinen Einsatz für Gerechtigkeit. Hier fanden beide zusammen.


Musik, wohin man schaut

Raphaels Leidenschaft für Musik ist unübersehbar. Auf seinen Waden hat er zwei Legenden der Popgeschichte als Tattoos verewigt: Links prangt das Logo der britischen Gruppe The Who, rechts das der Beatles. Im Eingangsbereich seiner Wohnung steht seine E-Gitarre, eine Gibson Les Paul. Statt Bilder hängen hier Schallplatten an den Wänden. Gleich neben dem Wohnzimmer befindet sich ein kleines, professionell ausgestattetes Tonstudio. „Hier kann ich schon einiges an Musik und Gesang aufnehmen und bearbeiten“, erzählt der 26-Jährige. „Für größere Sachen nutze ich ein Studio in Oldenburg.“

Raphael ist ein echtes Nordlicht. Geboren und aufgewachsen im Kurort Bad Zwischenahn nahe Oldenburg lebt er jetzt im Nachbarort Westerstede. „Ich fahre gern zum Feiern nach Hamburg, aber hier bin ich zu Hause“, erzählt er. „Ein Feldspaziergang, ein Blick in den dunklen Sternenhimmel von meinem Balkon – das inspiriert mich.“

Schon als Kind interessiert sich Raphael für Musik. Doch für Musikunterricht fehlt das Geld. Also bringt er sich das Klavier- und Gitarre-Spielen selbst bei. Nach der Schulzeit will er sein Hobby zum Beruf machen. Doch es geht ihm wie vielen Jugendlichen mit ausgefallenen Berufswünschen: Die Eltern finden, er sollte erst einmal etwas „Ordentliches“ lernen. So wird er Zerspanungsmechaniker beim Flugzeugzulieferer Premium Aerotec. Der Plan: nach der Ausbildung noch ein Jahr im Job Geld verdienen und dann den alten Traum vom Musikstudium wahr machen. Raphael hat seinen Studienplatz in Hamburg schon sicher, als sein Vater schwer erkrankt. Für Raphael ist sofort klar: Er wird jetzt zu Hause gebraucht. Ohne zu zögern, gibt er seinen Studienplatz auf, um in der Nähe seines Vaters zu bleiben.


Schon als Sechsjähriger bei Kundgebungen

Sein inzwischen verstorbener Vater, Jürgen Blümel, hat Raphael geprägt, vor allem mit seinem Einsatz für Gerechtigkeit. „Solange ich denken kann, hat sich mein Vater ehrenamtlich engagiert, unter anderem als Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Wilhelmshaven“, erinnert sich Raphael. „Er nahm mich schon als Sechsjährigen zu Kundgebungen mit“.

Später als Erwachsener macht Raphael Musik mit Behinderten und Demenzkranken. „Ich habe mich schon immer gern für andere Leute eingesetzt“, erzählt er. Seit anderthalb Jahren tut er das im Auftrag der IG Metall-Mitglieder in seinem Betrieb: Sie haben ihn zu ihrem Vertrauensmann gewählt. „Die Leute kommen mit ganz unterschiedlichen Anliegen zu mir“, erzählt Raphael. „Teilweise auch mit persönlichen Problemen. Sie wissen, dass sie mir vertrauen können.“ In seinem betrieblichen Ehrenamt geht Raphael auf. „Mir ist Gerechtigkeit sehr wichtig“, sagt er. Im Betrieb kann er sich für eine gerechtere Arbeitswelt einsetzen.


Die Musikkarriere geht weiter

Seine Musikkarriere geht unterdessen weiter. Raphael singt in verschiedenen Bands, tritt als Solokünstler bei dem Musikevent „Classic meets Pop“ vor 6 000 Zuschauern auf und wird am nächs­ten Tag dafür in der Presse gefeiert. Zur letzten Fußball-Europameisterschaft schreibt und singt er mit seiner ­Duettpartnerin Emily Hartinger einen Fuß­ballsong, der 180 000 Mal herunter­geladen wird.

Inzwischen konzentriert er sich mehr aufs Komponieren und Produzieren. Für Privatleute, die ihren Liebsten eine Freude bereiten wollen, für Markenartikler und andere Auftraggeber. Er hat viele Ideen und Pläne. Wer weiß, vielleicht macht der 26-Jährige eines Tages sein Hobby doch noch zum Beruf. Doch selbst für diesen Fall ist er sich sicher: „Aus der IG Metall würde ich nie austreten.“ Denn Raphael hat zwei Leidenschaften: die Musik und den Einsatz für Gerechtigkeit. In der IG Metall kann er beide verbinden – manchmal in einem magischen Moment.

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