Angleichung für den Osten

Mehr als 30 Jahre nach der Einheit sind die Beschäftigten in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie immer noch schlechter gestellt. Sie arbeiten 38 statt 35 Stunden in der Woche. Die IG Metall will das endlich ändern.

1. Februar 20211. 2. 2021
Dirk Erb


Erik Rüger muss drei Stunden mehr in der Woche arbeiten als sein Kollege Christian Feller – 38 statt 35 Stunden. Dabei arbeiten beide im selben Betrieb, als Servicetechniker beim Staplerbauer Jungheinrich in der Niederlassung Berlin.

Christian Feller hat noch einen alten Arbeitsvertrag nach dem westdeutschen Metalltarif. Doch die Niederlassung ist ein paar Kilometer raus aus Westberlin nach Velten in Brandenburg gezogen. Eine neue Geschäftsführung verfügte: Wer nach 2016 eingestellt wird, so wie Erik Rüger, kriegt den ostdeutschen Metalltarif – 38 Stunden Ost statt 35 Stunden West.

Ungerecht, findet Erik Rüger. Er wohnt in Westberlin, zwei Kilometer von der „Grenze“. „West, Ost – ich habe da keinen Bezug mehr. Ich bin 1997 geboren und habe diese Grenze nie gesehen.“

Die Arbeit ist dieselbe: Rüger betreut ein Großlager einer Supermarktkette. „Das sieht überall gleich aus, ob im Westen oder Osten.“ Das sehen auch die Beschäftigten mit den 35-Stunden-Altverträgen so. „Es kann nicht sein, dass Erik und die anderen drei Stunden länger arbeiten, für weniger Stundenlohn, nur weil sie später kamen“, kritisiert Christian Feller. Auf der jüngsten Betriebsversammlung haben sie wieder nachgehakt und protestiert. Dort präsentierte die Geschäftsführung glänzende Zahlen, trotz Corona.


Warum noch West und Ost, 30 Jahre nach der Einheit?

Der Betriebsrat hat sogar mithilfe der IG Metall gegen die Ungleichbehandlung geklagt, aber vor dem Arbeitsgericht Neuruppin verloren. Es besteht nun mal kein tariflicher Anspruch auf 35 Stunden.

Das muss sich endlich ändern. Bei Jungheinrich Berlin stehen sie daher hinter der Tarifforderung der IG Metall: Die IG Metall will endlich verbindliche Schritte zur Angleichung der Arbeitsbedingungen im Osten.

Seit Jahren versucht die IG Metall, eine Lösung zu erreichen. 2019 wurden Gespräche mit den ostdeutschen Arbeitgeberverbänden geführt. Doch die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen. „Deshalb müssen wir nun unseren Druck erhöhen“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Mario Rügen. „Uns ist allerdings auch klar: Das schaffen wir nur mit möglichst vielen IG Metall-Mitgliedern im Rücken.“

 

Ungerecht: 35 Stunden links – 38 Stunden rechts. Erik Rüger (rechts, Tarif Ost) muss drei Stunden mehr in der Woche arbeiten als Christian Feller (links, Tarif West). Dabei arbeiten sie sogar im selben Betrieb.

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