Acht freie Tage für die Familie und zum Erholen

Bericht aus Geschäftsstelle Alfeld-Hameln-HildesheimKnapp die Hälfte der Beschäftigten bei Wabco in Gronau entscheidet sich für mehr Freizeit statt dem tariflichen Zusatzgeld.


„Meine Frau arbeitet auch in Schicht, deshalb sind mir die acht zusätzlichen freien Tage wichtig, um unsere Kinder zu betreuen“, erzählt Gerrit Krüger. Der Maschineninstandhalter arbeitet seit 2000 bei Wabco in Gronau in Wechselschicht.

Auch Arno Blödorn will sich um seinen Sohn Milo kümmern. Der Logistiker arbeitet seit 1985 bei Wabco und will jetzt mehr Zeit für seine Familie haben. „Mein Sohn ist gerade 3,5 Jahre alt. Der braucht mich jetzt.“ Oft genug sei die Kita geschlossen und dann helfen die freien Tage.

 

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Arno Blödorn (56), Logistiker, Gerrit Krüger (34) Maschineninstandhalter (v.l.n.r.) (Fotos: Heiko Stumpe, Jens Köllemann, Annette Vogelsang)

 

Bei Wabco in Gronau arbeiten 256 Beschäftigte – rund 200 in Schicht. Insgesamt haben 108 Beschäftigte statt dem tariflichen Zusatzgeld von 27,5 Prozent eines Monatseinkommens lieber acht freie Tage beantragt.

Es gab zwei Anträge für Pflege und neun weitere für Kinderbetreuung. 97 Anträge kamen von Schichtarbeiterinnen und -arbeitern.

„Die Schichtarbeit ist zehrend und ein Wochenende reicht oft nicht mehr aus, um mich zu erholen“, berichtet Systembetreuer Michael Drescher. Drescher arbeitet seit 1997 bei Wabco in Wechselschicht in der Kurbelwellen- Fertigung.“ Mit zunehmendem Alter steckt man die schwere körperliche Arbeit immer schlechter weg“, weiß Thomas Hentschel. Der Betriebsrat ist als CNC-Maschinenbediener seit 1984 bei Wabco beschäftigt und fertigt in Dreischicht Gehäuse für Kompressoren. „Deshalb brauche ich die zusätzlichen freien Tage.“

 

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Michael Drescher (46), Saystembetreuer, Thomas Hentschel (51), CNC-Maschinenbediener (Fotos: Heiko Stumpe, Jens Köllemann, Annette Vogelsang)

 

Damit diese Wahloption „Geld oder freie Tage“ Tarifwirklichkeit werden konnte, gab es vor einem Jahr bundesweit ganztägige Warnstreiks, darunter waren auch 15 Betriebe des IG Metall-Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Am 1. Februar standen die Maschinen bei Wabco in Gronau 24 Stunden still. Alle waren vorm Tor. „Diese Solidarität hat zusammengeschweißt“, meint Drescher.

 

Ganztägiger Warnstreik 2018 in Gronau

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Kommentar von Mathias Neumann, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim
„Die Tarifrunde 2018 hat uns bestärkt und gestärkt. Bestärkt, weil wir mit unserer Forderung nach mehr selbstbestimmter Zeit den Nerv der Arbeitszeitdebatte getroffen haben. Die Arbeit ist durch die Leistungsverdichtung der letzten Jahrzehnte so stressig geworden, dass die Beschäftigten Zeit zurückfordern: für die Familie und Freunde, für die Pflege oder einfach zum Erholen. Wir haben mit dem Tarifabschluss die richtige Weiche für eine moderne Arbeitszeitkultur gestellt. Gestärkt haben uns die Warnstreiks und vor allem die ganztägigen Warnstreiks. Die Solidarität ging weit über die Betriebe hinaus und hat uns gezeigt, dass wir gemeinsam gute Arbeitsbedingungen mitgestalten können – auch in der digitalen Zukunft.“

 

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