EuGH misstraut Vertrauensarbeitszeit

Bericht aus Geschäftsstelle LudwigsfeldePaukenschlag zur Arbeitszeit durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH)


Eine spanische Gewerkschaft hatte sich wegen unzureichender Erfassung von Arbeitszeiten an die Gerichte gewandt und diese die Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Die Antwort war eindeutig: Die Arbeitszeitrichtlinie und die Charta der Grundrechte verpflichten die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System einrichten, mit dem die Arbeitszeiten eines jeden Arbeitnehmers ― und nicht nur Überstunden ― nachvollzogen werden können. Die Mitgliedsstaaten haben ein solches System gesetzlich vorzuschreiben. Wie es ausgestaltet wird, obliegt ihnen. Schon das hat zu einem großen Aufschrei bei den Arbeitgeberverbänden geführt. Noch der mildeste Kommentar war, die Rechtssprechung sei „aus der Zeit gefallen“. Die Sorge der Arbeitgeber ist verständlich. Die Regelungen zur sogenannten Vertrauensarbeitszeit, die der Mitarbeiter eigenverantwortlich und ohne Aufzeichnung einhält, scheinen nicht mehr möglich. Verstöße gegen Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes wären damit viel leichter nachweisbar und die Unzahl der vielfach geleisteten, aber nicht bezahlten Überstunden gehören vielleicht der Vergangenheit an. Nach Schätzungen der Statistiker wurden allein 2018 über zwei Milliarden Überstunden geleistet, aber nur die Hälfte davon bezahlt. Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für jede einzelne zusätzlich geleistete Stunde nach wie vor bei den Arbeitnehmern. Prozesse waren aber in der Praxis oft schwierig, weil es nicht überall verlässliche und zugängliche Zeiterfassungen gibt. Genau solche Systeme muss der Gesetzgeber nun schaffen. Urteil verkündet ― Diskussion eröffnet.

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