IG Metall mischt im „Medical Valley“ mit

Bericht aus Bezirk Baden-WürttembergBeschäftigten der Medizintechnikfirma Jotec haben erstmals einen Betriebsrat gewählt – und profitieren prompt von Verbesserungen.

1. Juni 20191. 6. 2019


Das Zeichen hätte nicht klarer sein können. 83 Prozent Wahlbeteiligung, elf von elf Betriebsratssitzen für Kandidaten, die mit der IG Metall zusammenarbeiten. „Die riesige Zustimmung in der Belegschaft hat uns selbst überrascht. Sie zeigt aber, wie groß der Wunsch nach Mitbestimmung war“, sagt Michaela Wannenmacher. Die 40-Jährige arbeitet seit knapp acht Jahren beim Hechinger Medizintechnikproduzenten Jotec. Jetzt gehört sie dem Betriebsrat an, dem ersten seit der Unternehmensgründung im Jahr 2000.

Jotec ist eines von fast 40 Medizintechnikunternehmen der Region Neckar-Alb, die im sogenannten „Medical Valley Hechingen“ in der Region Tübingen–Hechingen rund 2700 Menschen Arbeit geben. Die gut 400 Jotec-Beschäftigten produzieren Stents und andere Gefäßprothesen. Die Implantate werden gut nagefragt. Doch wie bei vielen Unternehmen im „Medical Valley“ profitieren die Beschäftigten kaum davon. Die Löhne sind niedrig, besonders bei den gewerblichen Beschäftigten. Bei Angestellten verfallen regelmäßig Überstunden. Nichtmal das Umziehen ― produziert wird unter peinlich sauberen Reinraumbedingungen ― wurde als Arbeitszeit anerkannt.

„Die Unzufriedenheit ist seit Jahren hoch. Unser Problem war: Niemand hat sich getraut, den Mund aufzumachen“, sagt Thomas Schwarzbauer. Auch er ist Mitglied im neuen Betriebsrat. Die Situation änderte sich mit der Übernahme durch den US-Branchenriesen CryoLife Ende 2017. Viele Kollegen sorgten sich um ihre Zukunft. „Das war eine Art Weckruf.“


Wegweiser für die Branche

Mit Unterstützung der IG Metall Albstadt und des „Gemeinsamen Erschließungsprojekts“ des Bezirks wurde aus der Angst Widerstand. Die ersten Treffen im Spätsommer 2018 erfolgten noch geheim mit einer Handvoll Beschäftigten. Ein paar Monate später saßen fast 60 Aktive zusammen. Zentral für den Erfolg waren unzählige Gespräche, die die Mitglieder des Aktivenkreises überall im Betrieb führten.

Die Vorbereitung hat sich ausgezahlt. Zwar kam es bei der Versammlung zur Wahl des Wahlvorstandes zu Turbulenzen. Doch die Belegschaft ließ sich nicht beirren. Die Erfolge kamen prompt: Die Löhne in der Produktion wurden um einen Euro erhöht, die Kolleginnen in der Reinigung bekommen erstmals eine Spätschichtzulage und auch die Umziehzeiten werden nun bezahlt.

Michael Föst, Geschäftsführer der IG Metall Albstadt, sieht die Wahlen auch als Wegweiser für die Branche in der Region: „Der Erfolg bei Jotec ist ein wichtiger Schritt für mehr Mitbestimmung und tariflich geregelte Löhne im Medical Valley.“

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