100 Jahre Betriebsverfassung

Bericht aus Geschäftsstelle LudwigsburgVor 100 Jahren trat das Betriebsrätegesetz – der Vorläufer unserer heutigen Betriebsverfassung – in Kraft.

1. März 20201. 3. 2020


Vor 100 Jahren trat das Betriebsrätegesetz – der Vorläufer unserer heutigen Betriebsverfassung – in Kraft. Das anfangs noch umstrittene Gesetz wurde zum Grundpfeiler der Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Die aktuellen betrieblichen Veränderungen erfordern allerdings eine Modernisierung der Mitbestimmung: Wir brauchen ein generelles Mitbestimmungs- und Initiativrecht bei der qualitativen Personalentwicklung und Personalplanung. Es ist notwendig, Beschäftigte vorausschauend für neue Tätigkeiten weiterzubilden. Wir wollen faire Chancen durch Weiterbildung für alle. Unsere Beschäftigtenbefragung hatte ergeben, dass in jedem zweiten Betrieb eine vorausschauende Personalplanung unterentwickelt ist. Hier droht in der Transformation ein immenses Beschäftigungsrisiko, da sich viele Tätigkeiten und Anforderungen durch Digitalisierung und neue Antriebstechniken grundlegend verändern werden. Trends wie Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data machen ein Update der Mitbestimmung erforderlich. Wie soll beispielsweise Mitbestimmung funktionieren, wenn Software in eng getakteten Rhythmen verändert wird und auch nicht zu erwarten steht, dass deren Entwickler auf die vielleicht berechtigten Wünsche einzelner Betriebsräte reagieren werden? Wie kann ein Betriebsrat noch auf die Arbeitszeitgestaltung einwirken, wenn Arbeitsprozesse in einer vernetzten Wertschöpfungskette digital über Unternehmensgrenzen hinweg gesteuert werden?

Für die Arbeit in unserer IG Metall-Kooperation sind Betriebsräte ein stabiler Grundpfeiler unserer Arbeit: Sie engagieren sich für die Beschäftigten und leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den betrieblichen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Studien belegen, dass mitbestimmte Betriebe stabiler und erfolgreicher sind, und auch Schwächephasen besser meistern. In Betrieben mit Betriebsrat gibt es mehr Beschäftigungssicherheit, eine höhere Tarifbindung, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen.

Für den wirksamen Schutz der Betriebsratsarbeit sind weitere Reformen der rechtlichen Rahmenbedingungen unverzichtbar. Die im Koalitionsvertrag enthaltene Ankündigung zur Erleichterung von Betriebsratsgründungen und -wahlen ist ein Schritt in die richtige Richtung, dem schnell Taten folgen müssen. Dass noch im 21. Jahrhundert die Gründung von Betriebsräten behindert wird, ist ein unsäglicher Zustand. Diejenigen, die sich für Demokratie in der Arbeitswelt engagieren, brauchen den bestmöglichen Schutz. Deshalb muss die Behinderung sowohl von Betriebsratswahlen als auch von Betriebsratsarbeit gesetzlich ausgeschlossen werden. Wir können die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur mit zeitgemäßer Beteiligung lösen, nicht mit frühkapitalistischen Herr-im-Haus-Methoden.

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