Deutschland geht die Energie aus

Europa will der erste klimaneutrale Kontinent werden. Auch deshalb baut Deutschland die Windkraft weiter aus. Doch die Zahl der geplanten Windräder ist zu niedrig.

1. November 20201. 11. 2020
Christoph Böckmann


Seit Jahren werden in Deutschland zu wenig Windräder in Betrieb genommen, sowohl im Binnenland (onshore) als auch vor der Küste (offshore). Zuletzt brach die Entwicklung bei beiden sogar richtig ein. Das sind schlechte Nachrichten. „Wenn wir bis 2050 eine klimaneutrale Energieversorgung wollen, brauchen wir einen jährlichen Zubau von rund vier Gigawatt onshore und zwei Gigawatt offshore“, betont Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Von diesen Zahlen sind wir weit entfernt. Die Bundesregierung hat jetzt zwar reagiert und in der aktuellen Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) den Ausbau angehoben, doch sie bleibt weit hinter den Anforderungen an eine glaubwürdige Energiewende zurück. Viele Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie werden nicht angegangen. Und: „Beim Austausch alter gegen neue leistungsstärkere Windenergieanlagen, dem sogenannten Repowering, sehe ich im Entwurf des EEG noch eine Leerstelle. Da muss sich politisch noch etwas bewegen“, sagt Lemb. 

Dabei hat sich Deutschland vorgenommen, auch die Teile der Industrie und Mobilität auf klimaneutral zu trimmen, bei denen es nur mit Wasserstoff geht – beispielsweise beim Stahlkochen oder im Flugverkehr. Doch für die Herstellung von grünem Wasserstoff braucht es jede Menge grünen Strom. Auch der Einstieg in die E-Mobilität erhöht den Bedarf an grünem Strom. Zu Recht steigt Deutschland aus der Kernenergie und der Kohleverstromung aus. Um Versorgungssicherheit für Wirtschaft und Industrie zu gewährleisten, braucht es so aber einen viel stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien. In den Auftragsbüchern der Windanlagenhersteller sind die zu niedrigen Ausbauzahlen ein Schlag ins Kontor. Ein massiver Beschäftigungsabbau ist die Folge. Aus all diesen Gründen fordert die IG Metall die Politik auf, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren. „Gleichzeitig sieht die IG Metall die Arbeitgeber in der Verantwortung. Statt Entlassungen und Verlagerungen erwarten wir, dass Arbeitsplätze erhalten und Zukunftsperspektiven für die Standorte entwickelt werden“, erklärt Lemb.


Onshore

Der Flächenbedarf der zumeist deutlich höheren und mit größeren Rotordurchmessern versehenen neuen Onshore-Anlagen ist größer als der der Altanlagen. Dadurch wird in Repoweringprojekten häufig eine Vielzahl kleiner und leistungsschwacher Anlagen durch eine geringere Anzahl moderner Anlagen ersetzt. Dennoch erzielen die Repoweringanlagen meist höhere Energieerträge als die alten zurückgebauten Windenergieanlagen.

Die regionale Verteilung des Gesamtbestands der Windenergieanlagen an Land in Deutschland zeigt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Obwohl das Fördersystem die windschwächeren Standorte, die im Süden häufiger auftreten, verstärkt unterstützt, ist der Anteil des Südens an der kumulierten Leistung mit 15 % am geringsten. Die Küstenländer stellen zum Halbjahreswechsel 2020 etwa 41 % der installierten Leistung und den Bundesländern in der Mitte Deutschlands sind rund 44 % zuzuordnen.


Offshore

Der durchschnittliche Rotordurchmesser der bisher in diesem Jahr installierten Windräder  liegt bei 153 Metern und die mittlere Nabenhöhe beträgt 105 Meter. Die mittlere Nennleistung der Anlagen liegt bei 6,84 MW.

Aktuell sind 27 Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee in Betrieb. Sieben weitere sollen bis 2025 folgen.

Die deutschen Offshore-Anlagen sind zwischen 10 und 130 Kilometer von der Küste entfernt und liegen in Wassertiefen von circa 6 bis 44 Metern.

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