Am 12. Februar 2004 unterschrieben in Pforzheim die Tarifpartner für die Metall- und Elektrobranche eine „Vereinbarung zur Sicherung von Arbeitsplätzen, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit“. Wer von „Pforzheim“ spricht, redet über diesen Tarifvertrag. Heute ist die Vereinbarung Teil des
Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung (TV BeSch).
Eine befristete Ausnahme mit klaren Kriterien
Was machte das „Pforzheimer Abkommen“ so wegweisend? Das Abkommen erlaubt Unternehmen, von Tarifverträgen befristet abzuweichen, wenn sie dadurch Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen. Der Flächentarifvertrag bleibt jedoch der Standard, die Abweichung ist die Ausnahme.
„Die Pforzheimer Tarifvereinbarung war ein Musterbeispiel für gelungene interne Flexibilisierung“, erklärt Detlef Wetzel. Und nennt zwei maßgebliche Dinge: „Die Belegschaft macht ohne konkrete Aussichten auf Wachstum und Investitionen keinerlei Einschränkungen mit. Und an der Entscheidung werden die Mitglieder beteiligt. Nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung gibt es Abweichungen“, sagt Wetzel.
Wie funktioniert das in der Praxis? Nachdem die Tarifpartner gemeinsam mit Betriebsrat und Geschäftsleitung die wirtschaftliche Lage geprüft haben, können sie für den jeweiligen Betrieb beschließen, dass er befristet von tariflichen Mindeststandards abweichen kann. Zum Beispiel: Weihnachts- oder Urlaubsgeld kürzen, Arbeitszeit senken oder erhöhen – mit oder ohne Lohnausgleich.
Nur mit den Beschäftigten und Mitgliedern
Solche Abweichungen können
nur die Tarifpartner beschließen. Für die Unternehmensseite verhandelt ein Vertreter des regionalen Arbeitgeberverbandes. Und für die IG Metall ist das in der Regel die zuständige
Verwaltungsstelle, die sie mit den Verhandlungen beauftragt. Wichtig dabei ist: Die IG Metall-Mitglieder in dem jeweiligen Betrieb sind von vorherein beteiligt.
Für solche abweichenden Verhandlungen hat die IG Metall
klare Kriterien formuliert. Die Arbeitnehmervertreter müssen umfassende Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens erhalten und der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Abweichung notwendig ist. Es reicht nicht, wenn er bloß behauptet, Beschäftigung sichern zu wollen. Der abweichende Vertrag muss eindeutig definierte Gegenleistungen enthalten, die die Beschäftigten einklagen können. Dabei geht es um verbindliche Standortgarantien oder Investitionszusagen. Und die Abweichungen dürfen
nur zeitlich befristet gelten.
Das „Ziel ist immer ein Gesamtpaket unter Beteiligung der Beschäftigten, an deren Ende die Gesundung des Unternehmens und die Orientierung am allgemeinen Tarifstandard steht“, betont Detlef Wetzel.