Aus der Praxis
Gemeinsam die Ausbildung verbessern

Jugend- und Auszubildendenvertretungen kümmern sich um alle Fragen rund um die Ausbildung. Sie sichern und verbessern deren Qualität. Drei JAVis erzählen, wie sie das konkret in ihrem Betrieb umsetzen.

8. September 20178. 9. 2017


Eigentlich kein großes Ding, der Auftrag, an jenem Morgen vor zwei Jahren: „Geh mal in Deine neue Abteilung, frag den Meister, ob Du nicht schon ein paar Tage früher anfangen kannst.“ Das gab der Ausbildungsleiter Fabian Schroth mit auf den Weg. Fabian, damals im zweiten Ausbildungsjahr, drehte sich um, fragte: „Und woran erkenne ich ihn, den Meister?“ „Da habe ich gesagt bekommen: Der trägt ein gestreiftes Hemd. Aber als ich dann in der Abteilung stand, trug so ziemlich jeder ein gestreiftes Hemd. Da musste ich mich erst mal durchfragen, bis ich den Richtigen gefunden hatte. Das war aufwendig.“

Mittlerweile hat Fabian Schroth seine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker abgeschlossen, er ist stellvertretender JAV-Vorsitzender beim Kranhersteller Terex/Demag in Wetter – gemeinsam haben sie diesen Punkt verbessert. Heute findet jeder schneller einen Ansprechpartner: Möglich machen das die „ABBA-Mappen“, die „Ausbildungsbeauftragten-Mappen“, die Fabian zusammen mit der JAV eingeführt hat.

Ausbildungsbeauftragten-Mappen. Ein sperriges Wort. Aber die Idee, die dahinter steckt, ist einfach und nützlich: „Wir haben uns überlegt, wie wir die Auszubildenden intensiv auf ihre Einsätze in den jeweiligen Abteilungen vorbereiten können“, sagt Fabian Schroth. Mit den ABBA-Mappen ist ihnen das gelungen – mit ihnen sind alle jungen Kolleginnen und Kollegen bei Terex immer gut vorbereitet und informiert. Und sie werden während ihrer Einsätze in den Abteilungen betreut.


 

Fabian Schroth, 23

 

„Ich habe mich daran erinnert, wie orientierungslos ich als Auszubildender manchmal im Betrieb rumgelaufen bin. Das musste sich ändern.“

Foto: Thomas Range


Wichtige Informationen

Die Mappen sind handelsübliche DIN-A4-Mappen, in ihnen befinden sich alle wichtigen Informationen aus der Abteilung, die der Auszubildende gerade durchläuft: Adressen, Telefonnummern, Informationen darüber, wer die Meisterin oder der Meister ist, wie viele Menschen in der Abteilung arbeiten, wie die Abteilung aufgebaut ist. Jede Auszubildende, jeder Auszubildende, und bei Terex/Demag gibt es derzeit rund 100, bekommt vor dem Einsatz in einer Abteilung eine speziell zugeschnittene Mappe in die Hand – und kann sich mit ihr vorab auf die Abteilung vorbereiten.

„Die Mappen enthalten aber nicht nur Informationen über die Abteilungen“, sagt Fabian Schroth. „In ihnen wird auch Wissenswertes über den aktuellen Stand der Auszubildenden festgehalten.“ Vermerkt ist zum Beispiel, ob der junge Kollege einen Kranführerschein besitzt oder ob die junge Kollegin bereits einen Hydraulikkurs absolviert hat. „Der Meister bekommt so einen besseren Überblick und kann dann gezielt fördern. Das allein ist schon viel wert.“


Gezielte Förderung

Das alleine ist es aber nicht. Bestandteil jeder Mappe sind auch sogenannte „Lernzielkontrollbögen“. Wieder ein langes Wort. Wieder eine wichtige Sache. Was dahintersteckt? Kein Text, keine Prüfung, kein Abfragen. Stattdessen: Gespräche zwischen Auszubildenden, Ausbildungsbeauftragten und der Meisterin oder dem Meister einer Abteilung über den jeweiligen Stand der Berufsausbildung. „In diesen Gesprächen geht es um die Stärken und Schwächen der Kollegen, darum, wie man sie unterstützen kann“, sagt Fabian Schroth.

Die Lernzielbögen seien eine gute Grundlage für die Gespräche, mit ihnen bekämen alle Kontrollmöglichkeiten über ihre Ausbildung in die Hand. „Die Auszubildenden sind begeistert von den Mappen“, sagt der 23-Jährige. „Ohne ihr grünes Licht aber hätten wir uns nicht für die Mappen starkmachen können. Und ohne die Unterstützung des Betriebsrats hätten wir die Einführung der Mappen nicht durchsetzen können.“

Diese Erfahrung machen junge Aktive überall in den Betrieben, wenn sie etwas für Auszubildende erreichen wollen: Es geht nur gemeinsam mit den jungen Kolleginnen und Kollegen. Es geht nur, wenn der Betriebsrat eingebunden ist und sie unterstützt.


 

Leander Hobusch, 23

 

„Die persönliche Betreuung der jungen Kolleginnen und Kollegen kam zu kurz. Wir brauchten dringend einen zusätzlichen Ausbilder.“



Leander Hobusch, JAV-Vorsitzender der Sartorius Corporate Administration in Göttingen, hat mit seinem Team auf diese Unterstützung gebaut – so gelang es, für die Auszubildenden des Pharma- und Laborzulieferers die Einstellung einer weiteren Ausbilderin von der Geschäftsführung genehmigt zu bekommen. „Der hausinterne Unterricht für unsere Auszubildenden wird durch Externe geleistet, für alles Organisatorische zu den jeweiligen Ausbildungsgängen sind Kollegen aus den Abteilungen verantwortlich“, sagt der 23-Jährige. Das Problem war, dass diese Kollegen ihre Arbeit ehrenamtlich leisten und häufig nicht die fünf Stunden pro Woche Zeit haben, die sie eigentlich für die Auszubildenden haben sollten. „Uns war klar, wir brauchen dringend einen zusätzlichen Ausbilder.“

Bei der Geschäftsführung stieß die Jugendvertretung anfangs auf taube Ohren. „Wir mussten eine Strategie entwickeln, auf welchem Weg wir unser Ziel erreichen können.“ In den JAV-Sitzungen sammeln sie Argumente, zusammen mit den Auszubildenden nutzen sie jedes Gespräch mit der Ausbildungsleitung, um auf den Missstand aufmerksam zu machen. Parallel dazu sprechen Leander Hobusch und sein Team mit der Personalführung, um auch auf dieser Ebene das Problem deutlich zu machen.

„Um den Druck zu erhöhen, haben wir dann noch eine Umfrage zur Qualität der Ausbildung unter allen Auszubildenden durchgeführt. Die Ergebnisse, die wir auch auf einer Betriebsversammlung vorgestellt haben, zeigten klar, dass die jungen Kollegen sich mehr persönliche Betreuung wünschen und das nur mit einer zusätzlichen Ausbilderstelle möglich ist.“ Schlussendlich haben wir sie auch bekommen. „Man braucht einen langen Atem, man darf sich nicht entmutigen lassen“, sagt Leander Hobusch.



Eduard Gertner, 22


„Wir Auszubildenden hatten nie einen Überblick darüber, in welche Abteilung man kommt. Mit unseren Ausbildungsdurchlaufplänen soll sich das nun ändern.“


Foto: Annette Kasenbacher


Auch Eduard Gertner weiß das. Seit 2016 ist der 22-Jährige JAV-Vorsitzender bei der Firmengruppe Simon, 750 Beschäftigte arbeiten am Standort im Landkreis Rottweil. Eduard Gertner hat hier Industriekaufmann gelernt – und musste während seiner Ausbildung oft, und häufig ohne Vorlaufzeit, die Abteilung wechseln. „Ich habe am Freitag gesagt bekommen, dass ich vom Zentraleinkauf in die Finanzbuchhaltung wechseln muss, weil dort jemand ausgefallen ist. Wir Auszubildenden hatten nie einen Überblick darüber, in welche Abteilung man kommt und wie lange man dort bleibt.“


Direkte Gespräche

Jetzt, als JAV-Vorsitzender, setzt sich Eduard Gertner dafür ein, dass „Ausbildungsdurchlaufpläne“ eingeführt werden; in ihnen soll verbindlich festgehalten sein, wie lange ein Auszubildender, eine Auszubildende in welcher Abteilung ist. Nur so können sich die jungen Kollegen und Kolleginnen auf ihren Einsatz in den Abteilungen vorbereiten. „Dazu brauchen wir Bewertungsbögen für den kaufmännischen und den gewerblichen Bereich, die es den Kollegen ermöglichen, in Gesprächen mit der Ausbildungsleitung einen Überblick über ihren Ausbildungsstand zu bekommen.“

Gerade sind sie dabei, solche Bögen zu entwerfen. Bis diese abgestimmt und durchgesetzt sind, wird es noch ein bisschen dauern, sagt Eduard Gertner. Davon lasse er sich nicht entmutigen. Alles brauche eben seine Zeit.

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