Angriff auf Arbeitnehmerrechte bei Lamy
Lamy setzt den Tintenkiller an – IG Metall geht vor Gericht

Bei Lamy wurden die Betriebsratswahlen manipuliert, der Betriebsratsvorsitzende gekündigt und aus dem Werk verwiesen. Dabei fährt der Schreibgerätehersteller satte Gewinne ein – auch weil die Beschäftigten in schwierigen Zeiten auf Geld verzichtet haben. Die IG Metall geht jetzt vor Gericht.

13. August 201813. 8. 2018


Eigentlich war Lamy immer ein sehr sozialer Familienbetrieb. Doch seit rund zwei Monaten hat eine neue Geschäftsführung die Federführung beim Heidelberger Hersteller von Schreibgeräten übernommen. Und die setzt jetzt den Tintenkiller an. Jürgen Böhm, der seit 25 Jahren im Betrieb arbeitet, hat es nun erwischt: Der Betriebsratsvorsitzende wurde erst gemobbt und jetzt gekündigt – „aus völlig fadenscheinigen Gründen“, betont der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Heidelberg, Mirko Geiger. Angeblich soll Böhm in einer Besprechung im letzten Jahr die Unwahrheit gesagt haben.

Die IG Metall Heidelberg zieht nun vor das Arbeitsgericht ― nicht nur wegen der Kündigung, sondern wegen einer Reihe von Verstößen. Zuvor hatte die Geschäftsführung bereits in die Betriebsratswahlen eingegriffen. Statt der eigentlich vorgesehenen elf Betriebsratsmitglieder durften die Beschäftigten nur neun wählen. Einer der drei Listen, die bei Lamy zur Wahl antraten, fehlten die nötigen Unterstützerunterschriften. Beschäftigte, die nicht wahlberechtigt waren, konnten trotzdem an der Wahl teilnehmen. Gültige Stimmen wurden als ungültig gewertet. Und der Geschäftsführer gewährte den Kandidaten einer Liste besondere Vorteile im Wahlkampf. Die Kandidaten der Liste „IG Metall“ hingegen wurde beim Wahlkampf behindert. Beispielsweise durften sie keine Flugblätter während der Arbeitszeit verteilen.


Lamy setzt auf Eskalation ― trotz satter Gewinne

Dabei ist das Unternehmen höchst profitabel. Im Jahr 2016 hat Lamy laut dem letzten Geschäftsbericht über 30 Prozent Rendite erwirtschaftet – und sieht sich auch für die Zukunft „sehr gut positioniert“.

Zehn Jahre zuvor sah das noch ganz anders aus. Die Beschäftigten verzichteten damals auf Geld und arbeiteten länger, um ihrem Unternehmen zu helfen. Seitdem hat sich der Umsatz von rund 48 auf 112 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Doch bei den Beschäftigten kommt nur wenig an, kritisiert Geiger. „Das Unternehmen hat scheinbar vergessen, wer für diesen Erfolg mitverantwortlich ist.“

Betriebsrat Jürgen Böhm hat das gegenüber der Geschäftsführung klar angesprochen: Die Beschäftigten haben das Unternehmen in schlechten Zeiten gerettet, jetzt in guten Zeiten könnte das Unternehmen doch auch mal etwas für die Beschäftigten tun. Das hat der Geschäftsführung scheinbar nicht gepasst.


„Der Umgang mit den Beschäftigten ist ein Skandal“

„Der Umgang des neuen Geschäftsführers gegenüber den Beschäftigten und Gewerkschaftern im Besonderen ist ein Skandal“, kritisiert Mirko Geiger. „Erst wird in die Betriebsratswahl eingegriffen, dann wird der ehemalige Betriebsratsvorsitzende gemobbt, dann die Kündigung ausgesprochen. Diese Vorgänge stellen einen ungeheuerlicher Angriff auf die gesetzlichen und gewerkschaftlichen Rechte der Beschäftigten im Betrieb dar.“

Die IG Metall will erreichen, dass Lamy die Kündigung zurücknimmt und die Betriebsratswahl wiederholt wird. Das lehnen der Geschäftsführer und Teile des Betriebsrats jedoch ab. Nachdem ein erster Gütetermin keine Einigung brachte, startet nun im September der Prozess beim Arbeitsgericht in Heidelberg.

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