Gute Arbeit!
Betriebsräte-Preis – Das sind die Nominierten

Am 7. November ist es so weit: Im Bonner Bundestag zeichnet die Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ Betriebsräte für ihre vorbildliche Arbeit mit dem Deutschen Betriebsrätepreis aus. Im Rennen sind auch vier Projekte aus dem Bereich der IG Metall.

28. Mai 202428. 5. 2024


Es war nicht immer einfach, die Projekte voranzutreiben. Aber es hat sich gelohnt. Und am Ende war es erfolgreich: Insgesamt vier Projekte aus dem Bereich der IG Metall sind in diesem Jahr nominiert für den Deutschen Betriebsräte-Preis 2024. Die offizielle Ehrung der Preisträger findet am 7. November 2024 in Bonn im Rahmen des 21. „Deutschen BetriebsräteTags“ statt.

Bei allen Unterschieden, die die Projekte auszeichnet, vereint sie der genaue Blick auf die Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten, verbindet sie die Kraft, zusammen mit Kolleginnen und Kollegen gute Regelungen durchzusetzen. Die Projekte zeigen eindrucksvoll, dass es sich lohnt, durchzuhalten – und mit den Beschäftigten innovativ, kraftvoll und solidarisch zu handeln.


Im folgendem stellen wir die vier nominierten Projekte in alphabetischer Reihenfolge vor.

Daimler Truck AG, Leinfelden-Echterdingen

Das Projekt war von Anfang an ambitioniert, der Weg, der eingeschlagen werden musste, um das Ziel zu erreichen, manchmal kurvig und steinig. Am Ende aber wurde es erreicht. Am Ende gelang es dem Betriebsrat der Daimler Truck AG in Leinfelden-Echterdingen eine Vereinbarung zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrates sowie eines Weltbetriebsrates zu schließen – und so die Daimler-Weltarbeitnehmervertretung mit eigenen Rechten auszustatten.

Nötig wurde das, weil es, anders als bei einem Europäischen Betriebsrat, für eine Weltarbeitnehmervertretung keine festgeschriebenen Regelungen oder gar Rechte gibt. Für Daimler Trucks als internationales Industrieunternehmen war es ein Anliegen dies zu verändern und ebenfalls die Weltarbeitnehmervertretung mit eigenen Rechten auszustatten.

„Es gibt und gab immer wieder grenzübergreifende Projekte im Unternehmen, welche Auswirkungen auf Struktur, Personaldecke sowie strategische Ausrichtung haben, die über die europäischen Grenzen hinausgehen“, sagt Jörg Lorz, Stellvertretener Vorsitzender des Europäischen- und Weltbetriebsrats Daimler Truck. Daher sollten auch die außereuropäischen Länder mit entsprechenden Informations- und Beratungsrechten ausgestattet werden. „Die weltweite Zusammenarbeit der Arbeitnehmervertretungen führt zu sinnvollen Synergien und hilft den Betriebsräten in der Welt sich systematisch zu vernetzen und über alle Projekte mit grenzüberschreitendem Charakter informiert zu werden. Sie haben die Möglichkeit sich entsprechend zu beraten und bei Bedarf sogar externe Sachverständige einschalten zu können.“

Der Informationsfluss sei hierdurch systematisch gegeben und die Qualtität der Betriebsratsarbeit könne massiv gesteigert werden. Für Michael Brecht, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats von Daimler Trucks war es daher ein Anliegen die weltweiten Betriebsratskollegen einzuberufen und sich für eine entsprechende Vereinbarung einzusetzen.

Gemeinsam mit der IG Metall und IndustriALL wurde ein Vorschlag für eine Vereinbarung erarbeitet, welche die europäischen Rechte auf die weltweiten Kollegen überträgt. Innerhalb eines Jahres gab es regelmäßig zunächst interne Abstimmungstermine hinsichtlich Formulierungen und Präsentationen von Zwischenständen im Rahmen der Weltarbeiternehmervertertungssitzungen.

„Im Ergebnis konnte eine tolle Einigung einer Vereinbarung zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrats sowie eines Weltbetriebsrats getroffen und unterschrieben werden“, so Michael Brecht, Vorsitzender des Europäischen- und Weltbetriebsrats. Als Erfolg konnte die Vereinbarung zur Weltarbeitnehmervertretungssitzung im November 2022 unterschrieben werden und das entsprechende, weltweit agierende Gremium wurden final konstituiert. „Wir sind sehr stolz auf diese Vereinbarung, denn sie ist innovativ und sucht seinesgleichen in vergleichbaren Industrieunternehmen“, sagt Michael Brecht. „Die Arbeitnehmervertretung von Daimler Truck ist führend was die Ausgestaltung der Rechte dieses internationalen Gremiums angeht.“

Knorr Bremse, Standort Aldersbach

Die Ausgangslage war klar, der Handlungsdruck gewaltig: Seit Jahren schon herrschte Überauslastung im Betrieb, gab es überfüllte Arbeitszeitkonten bei Knorr-Bremse am Standort Aldersbach und Schichtmodelle mit 21 Schichten und 4 Schichtmannschaften. Für die Beschäftigten bedeutete dies: 42 Stunden Wochenarbeitszeit und belastende Schichtmodelle - auch, weil eine alte Betriebsvereinbarung dem Arbeitgeber die Möglichkeit gab, jeweils im Vierwochenzeitraum Beschäftigte je zweimal zur Samstagsarbeit einzuteilen.

„Mitarbeiter wurden für Samstagsarbeit reserviert und am Freitag wurde die Entscheidung getroffen, ob am Samstag gearbeitet wird oder nicht“, sagt Peter Fischhold, der Betriebsratsvorsitzende. Keine planbare Freizeit sei so möglich gewesen. „Und keine Tarifbindung, daher einzelvertragliche Arbeitsverträge mit Wochenarbeitszeiten zwischen 35 und 42 Wochenarbeitsstunden.“

All dies führte zu ständigen Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und zu unzufriedenen Mitarbeitern. „Ab Ende 2022 war klar, dass wir als Betriebsrat das Thema angehen. Wir genehmigten die anstehenden Schichtmodelle nur unter der Voraussetzung, dass 50 befristete Mitarbeiter in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden und uns der Arbeitgeber einen Sachverstand bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung zu Verfügung stellt“, so Fischhold. Dies geschieht – und Fischhold und sein Team legen los.

Sie engagieren einen externen Berater, sie gründen eine Projektgruppe, sie holen sich Unterstützung der IG Metall und eines Rechtsanwalts vom DGB. Sie beteiligen die Beschäftigten mittels Umfragen und Pilotprojekten - und führen so, Schritt für Schritt, neue Schichtmodelle ein. Ein Schichtmodell mit 5 Schichtmannschaften und 33,6 Stunden Wochenarbeitszeit und Ausgleich auf 38 Stunden. Und ein Schichtmodell mit 17 Schichten und 4 Schichtmannschaften.

„Es gibt jetzt auch keine verpflichtende Samstagsarbeit mehr im Zeitraum von vier Wochen, ohne, dass der Betriebsrat etwas genehmigt“, sagt Fischhold. „Der Arbeitgeber muss erst zum Betriebsrat kommen und die Sonderschichtmodelle beantragen, dazu ein Formblatt ausfüllen, bei dem die Voraussetzungen zur Beantragung erfüllt sein müssen. Die Kolleginnen und Kollegen wissen so, dass die Beantragung beim Betriebsrat war und die Mitbestimmung gewahrt ist.“

Siemens Healthineers AG Erlangen / Forchheim / Röttenbach

Das Ziel war, Unübersichtlichkeit zu überwinden, Erreichbarkeit aufzubauen, verlässliche Strukturen, in denen gearbeitet, mit denen etwas bewegt werden kann – all das ist der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) der Siemens Healthineers AG der Standorte Erlangen, Forchheim und Röttenbach gelungen. Mit ihrem Projekt haben sie eine jugendliche Vertrauensleutestruktur durchgesetzt und mehrere Sitzungen einberufen. Dafür sind sie nun für den Deutschen Betriebsrätepreis nominiert.

Insgesamt rund 320 Auszubildende und dual Studierende sind an den Standort Erlangen, Forchheim und Röttenbach in insgesamt 16 verschiedenen Berufsgruppen tätig. Da ist es schwer, einen Überblick zu wahren - auch durch die bundesweite Verteilung der Studienorte und dadurch, dass die Gruppen nicht im eigenen Ausbildungszentrum und daher nur schwer persönlich greifbar sind.

Um dem entgegenzuwirken und die Erreichbarkeit der einzelnen Gruppen zu erhöhen, war es das Anliegen der JAV als betriebliche Mitbestimmung, eine entsprechende Struktur innerhalb der Ausbildung zu schaffen – dies ist gelungen: Aufgebaut und etabliert wurde eine funktionierende und funktionale Vertrauensleutestruktur mit regelmäßigen Sitzungen.

Es gab bereits erste eigene Erfolge: Nach der ersten Vertrauensleutesitzung der Ausbildung flossen viele neue Themen und Anregungen in die JAV-Arbeit ein. Zudem konnten die Vertrauensleute in Sachen Tarif, Ausbildungsvergütung und betriebliche Mitbestimmung fit gemacht werden. Schließlich haben die Auszubildenden ihre Wünsche für eine bessere Ausbildung mit der JAV besprochen und im Rahmen verschiedener Methoden neue Ideen gefunden.

Siemens AG , München

Mit Entsetzen hat der Konzern- und Gesamtbetriebsrat der Siemens AG im Januar auf einer Klausur von dem Treffen von Politikern der AfD sowie rechter und rechtsextremer Gruppierungen in Potsdam gehört. Das Thema dominierte gleich morgens die Diskussion - und aus dem Entsetzen wurde schnell die Überzeugung: Wir Betriebsrätinnen und Betriebsräte müssen aktiv werden. So entstand gemeinsam mit dem Siemens-Team der IG Metall das Handlungsfeld „Demokratie schützen, Grundwerte stärken“

In diesem versammeln sich zahlreiche Aktivitäten mit dem Ziel, bei Siemens gemeinsam mit den Beschäftigten eine klare Position gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt, Respekt und Demokratie zu setzen. Gemeinsam mit dem Management wurden Aktivitäten entwickelt und auch schon erste durchgeführt - Aktivitäten wie der „Dialog für Toleranz und Vielfalt“, bei dem Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn zusammen mit der Siemens-Arbeitsdirektorin, Judith Wiese, an verschiedenen Standorten in den Dialog mit den Beschäftigten gehen und signalisieren: Beim Thema gegen Rechtsradikalismus passt kein Blatt zwischen uns. Oder der Aktionsmonat Mai zum Geburtstag des Grundgesetzes, in dem die Siemens Standorte in Deutschland aufgerufen waren, lokale Aktionen zu Toleranz und Vielfalt durchzuführen.

Als Zwischenergebnis kann so festgehalten werden: Die Siemens-Betriebsrätinnen und Betriebsräte übernehmen Verantwortung, sie haben das Handlungsfeld „Demokratie schützen“ zu ihrem Thema gemacht. Des Weiteren hat die Firmenseite mehrfach klar Stellung bezogen und arbeitet in der Thematik eng mit dem Gesamtbetriebsrat zusammen. Gemeinsam mit der IG Metall wird an weiteren Aktivitäten, auch in Hinblick auf die Betriebsratswahlen 2026 gearbeitet.

 

Deutscher Betriebsräte-Preis

Eine Initiative der Zeitschrift "Arbeitsrecht im Betrieb"
mehr zum Betriebsrätepreis

Schwerpunktthemen

Metall-News für...