RECHT SO! Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit
Kein Urlaubsverlust nach Wechsel von Voll- zu Teilzeit

Beschäftigte verlieren durch den Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit keine während der Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubsansprüche, auch wenn die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigtung auf weniger Wochenarbeitstage verteilt wird. Gewerkschaftsjurist Dr. Till Bender erklärt, was zu beachten ist.

29. Juli 201529. 7. 2015


Es kommt im Arbeitsalltag nicht selten vor: Arbeitnehmer reduzieren ihre Arbeitszeit, doch was bedeutet das, wenn der Urlaubsanspruch aus der Vollzeit stammt, aber erst in der Teilzeit genommen werden kann. Der Fall ist in der Praxis des Arbeitslebens und des Rechtsschutzes gar nicht selten. Erstaunlich ist, dass es bisher nicht mehr Verfahren gegeben hat.

Die klagende Arbeitnehmerin hat 2010 schwangerschaftsbedingt nicht gearbeitet. Aus diesem Grunde und wegen anschließenden Mutterschutzes und Elternzeit konnte sie insgesamt 22 Urlaubstage nicht nehmen. Doch anders als in anderen Fällen verfiel der Urlaub nicht zum 31. März des Folgejahres, sondern erst in dem Jahr nach Wiederaufnahme der Arbeit. Nach dem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen bedeutet das, dass der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren hat.

 

Erstaunlich ist, dass es bisher nicht mehr Verfahren gegeben hat

Nachdem die Arbeitnehmerin Ende Dezember 2011 ihre Tätigkeit mit halber Stundenzahl, verteilt auf 3 (vorher 5) Tage in der Woche wieder aufgenommen hat, wollte der Arbeitgeber den aus der Vollzeit erworbenen Resturlaub von insgesamt 29 Tagen reduzieren. Die Arbeitgeberseite vertrat die Ansicht, dass der in den Jahren 2010 und 2011 entstandene Urlaubsanspruch von 29 Tagen nach der Formel 29 x 3/5 berechnet werden müsste und daher auf 17 Tagen minimiert werden müsste.

Leider ist das eine Praxis, an der sich noch heute viele Personalabteilungen orientieren. Sie bedeutet, dass bei einem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit weder das Urlaubsentgelt entsprechend der früheren Vollzeitbeschäftigung ausgezahlt wurde, noch die Anzahl der erworbenen Urlaubs-Arbeitstage erhalten blieb. Vielmehr wurden diese entsprechend umgerechnet und es wurde auch das Urlaubsentgelt entsprechend der Teilzeitvergütung gekürzt. Dass nun das Landesarbeitsgericht Niedersachsen diese „Anpassungspraxis“ gestoppt hat, ist keine Wohltat. Im Gegenteil, die „Kürzung“ verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot der Teilzeit-Richtlinie. Mit der neuen Rechtssprechung wird der Paragraf 5 Absatz 2 der Rahmenvereinbarung zur Elternurlaubs-Richtlinie 2010/18/EU umgesetzt, was europarechtlich nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch notwendig ist.

Die klagende Arbeitnehmerin war zwar beim Land Niedersachsen angestellt, doch die Rechtssprechung gilt auch für Beschäftigte im Organisationsbereich der IG Metall.

 

(Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 11.6.2014, 2 Sa 125/14)

 

Info: IG Metall-Mitglieder werden vor den Arbeits- und Sozialgerichten bei Bedarf kostenlos von den Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten. Die erste Anlaufstelle bei Problemen ist immer die IG Metall vor Ort. Weitere Informationen dazu hier.

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