Arbeits- und Gesundheitsschutz
„Wir werden den Skandal thematisieren“

Jahrzehntelang wurde Arbeit sicherer und gesünder. Das ist vorbei – vor allem, weil der Staat am Arbeitsschutz spart. Betriebskontrollen gibt es kaum, um die Qualität der staatlichen Aufsicht ist es schlecht bestellt. Wir werden diesen Skandal thematisieren – und fordern dringend Korrekturen.

7. November 20197. 11. 2019


Fehlende Schutzkleidung und Gefahrstoffe in Produktionshallen, stetige Hetze und zunehmende Arbeitsverdichtung, monotone Arbeit und viele Überstunden – all das sind Risikofaktoren im Betrieb. All das gefährdet die Gesundheit der Beschäftigten. Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, kontinuierlich die Gefährdungen für seine Beschäftigten zu ermitteln, zu beurteilen und Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit abzuleiten. Klar ist darüber hinaus: Auch in der modernen Arbeitswelt brauchen Beschäftigte eine durchsetzungsfähige Interessenvertretung, um faire und gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen durchsetzen zu können. Gute Arbeit im Betrieb ist ohne aktive Betriebsräte nicht zu haben.

Offensiv genutzte Mitbestimmung allerdings ist nicht der einzige Treiber für die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Unverzichtbar ist auch die Überwachung geltender Arbeitsschutzvorschriften durch die staatliche Arbeitsschutzaufsicht. Aber genau an dieser Stelle hapert es: Nach Jahrzehnten der Deregulierung und des Personalabbaus ist es um die Qualität der staatlichen Aufsicht schlecht bestellt. Diesen Skandal will die IG Metall in den kommenden Monaten auf vielfältige Weise thematisieren.

 

Aktion auf der Arbeitsschutzmesse in Düsseldorf. Foto: Ulrike Reinker


Abbau personeller Ressourcen

Den Auftakt machte heute eine bildstarke Aktion auf der Arbeitsschutzmesse in Düsseldorf: Unter dem Motto „Arbeitsschutz ohne Aufsicht ist wie Derby ohne Schiri“ setzen Messe-Teilnehmernde ein eindrucksvolles Zeichen und demonstrierten für den raschen Ausbau von Betriebskontrollen und staatlicher Aufsicht.

Das ist dringend geboten. Bereits seit Jahren ist eine stetige Abnahme der Aufsichtstätigkeit zu beobachten. Statistiken zeigen, dass die Anzahl der Betriebsbesichtigungen zwischen den Jahren 1999 und 2017 im Bundesdurchschnitt um rund zwei Drittel zurückgegangen ist. Zwischen 2002 und 2017 ist sie von 479 565 auf 182 504 regelrecht eingebrochen. Ursache dafür ist ein andauernder Abbau personeller und finanzieller Ressourcen in den zuständigen Behörden. De facto hat die Zahl der staatlichen Aufsichtspersonen zwischen 1999 und 2017 in fast allen Bundesländern deutlich abgenommen. Allein zwischen 2002 und 2017 ist die Personaldecke um ein Viertel geschrumpft.

„Gesetzgeber und Länderkammer müssen dafür sorgen, dass die Anzahl der Betriebsbesichtigungen deutlich erhöht und wirksamere Sanktionspraktiken eingeführt werden“, sagt Andrea Fergen, Ressortleiterin Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz beim Vorstand der IG Metall. Hierfür bedürfe es einer angemessenen Personalausstattung in den Behörden. „Das ist eine wichtige Voraussetzung für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.“

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