Arbeits- und Gesundheitsschutz
Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle auf hohem Stand

Trotz aller Schutzmaßnahmen kommt es in Betrieben immer wieder zu Unfällen. Im Jahr 2021 starben dabei 585 Menschen. Jeder einzelne ist einer zu viel. Elementar ist, dass Arbeitsplätze einer umfassenden Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden. Betriebsräte haben hier eine wichtige Aufgabe.

10. Oktober 202210. 10. 2022


Zahlen sind unsentimental. Statistik ist präzise. Exakt bestimmen lässt sich also dies: Laut Gesetzlicher Unfallversicherung (DGUV) sind im vergangenen Jahr insgesamt 585 Menschen infolge eines Arbeitsunfalles gestorben. Knapp die Hälfte von ihnen (nämlich 285) sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. In den Jahren zuvor gab es, bis auf eine Ausnahme im Jahr 2020, jedes Jahr über 600 tödliche Arbeitsunfälle in Deutschland zu beklagen. Im Jahr 2016 lag die Zahl bei 654. So besehen lässt sich konstatieren, dass die Zahl der Menschen, die während der Arbeit tödlich verunglücken, seit einigen Jahren zumindest in kleinen Schritten zurückgeht. Und dass dies eine gute Nachricht ist.

Andererseits: Es sind eben im vergangenem Jahr 585 Menschen bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen. 585. Jeder einzelne von ihnen ist einer zu viel. 
 

Hilfe für Hinterbliebene

Natürlich, das gehört zur Wahrheit dazu, lässt sich nicht jedes Unglück, selbst mit bestem Blick, voraussehen, nicht jeder Unfall, selbst mit umfassenden Vorsichtsmaßnahmen, verhindern. Nicht jede aufflammende, einstürzende, hineinbrechende Todesgefahr kann komplett eliminiert werden: In diesem Leben passieren Dinge, die manche Menschen Schicksal nennen, manche einen schreckliche Zufall, manche ganz anders. Eine Binse.

Keine Binse, sondern elementar wichtig ist, dass Beschäftigte, die von einem Arbeitsunfall betroffen sind, eine gute Unterstützung erhalten. Dafür kämpft die IG Metall. „Das gilt auch für Hinterbliebene bei einem tödlichen Unfall“, sagt Benjamin Pfalz, Gewerkschaftssekretär und Selbstverwalter in der Berufsgenossenschaft Holz Metall. „Solange es nicht gelingt, Unfälle präventiv zu verhindern, müssen die Unfallfolgen bestmöglich aufgefangen werden. Die IG Metall setzt sich deshalb mit Aktiven aus den Betrieben in der Selbstverwaltung der Unfallversicherung für eine gute Versorgung, umfangreiche Reha-Leistungen und gerechte Renten ein.“
 

Gefahren abstellen, Risiken minimieren

Und selbstverständlich gilt der Grundsatz: Wo immer möglich und wie immer möglich müssen Gefahren abgestellt, Risiken minimiert, Unsicherheiten ausgeschlossen werden. Das gilt zumal im Betrieb, das gilt existentiell für die Arbeitsplätze, an denen Beschäftigte arbeiten – und an denen sie keinen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt sein dürfen.

Das Arbeitsschutzgesetz fixiert dazu elementare Grundlagen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Es zielt darauf ab, Arbeitsplätze von vornherein sicher, gesund und menschengerecht zu gestalten: Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren müssen konsequent und umfassend abgebaut werden. Eine zentrale Vorschrift zum Erreichen der Ziele ist die Gefährdungsbeurteilung der körperlichen und psychischen Arbeitsbelastungen.
 

Gefährdungsbeurteilung ist elementar

Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, regelmäßig für jeden Arbeitsplatz alle gesundheitlichen Gefährdungen zu ermitteln und Maßnahmen zur Verbesserung zu treffen sowie deren Wirkung zu prüfen. Konkret müssen Arbeitgeber analysieren, welchen Gefährdungen Beschäftigte am Arbeitsplatz ausgesetzt sind – und sie müssen konkrete Wege aufzeigen, wie die gefundenen Gefährdungen beseitigt werden können. Eine Gefährdung kann sich dabei insbesondere ergeben durch die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, durch Arbeitsabläufe und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken, durch unzureichende Qualifikation und Unterweisung sowie durch psychische Belastungen bei der Arbeit.

Noch immer aber werden Gefährdungsbeurteilungen bei weitem nicht in allen Betrieben durchgeführt – vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen findet diese häufig nicht verlässlich und auch nicht kontinuierlich statt.


Betriebsrat muss aktiv werden

Umso wichtiger ist es, dass Betriebsräte ihre Mitbestimmungsrechte offensiv nutzen und auf umfänglichen Arbeitsschutz drängen: Sie sollten akribisch darauf achten, ob der Arbeitgeber seine Verpflichtung erfüllt und eine Gefährdungsbeurteilung durchführt – diese Pflicht des Arbeitgebers gilt übrigens gänzlich unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten, die im jeweiligen Unternehmen arbeiten.
 

Große Gestaltungsmöglichkeiten

Wie die Gefährdungsbeurteilung im Einzelnen durchzuführen ist, das ist im Gesetz nicht detailliert festgeschrieben. Es werden Grundsätze benannt. Das ermöglicht es dem Betriebsrat weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber kann die Gefährdungsbeurteilung selbst durchführen. Er kann aber auch andere Personen wie Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte damit beauftragen. Die Ergebnisse müssen dokumentiert werden.

Prinzipiell geht es immer darum, sich ein systematisches Bild von den Gefährdungen an einem Arbeitsplatz zu machen – und darum, diese dann zu beseitigen oder zumindest zu mindern. Es müssen konkrete und kreative Lösungen gefunden und durchgesetzt werden. Wichtig dabei: Über diese Lösungen kann der Arbeitgeber nicht alleine entscheiden. Der Betriebsrat hat mitzubestimmen. Seine Kompetenz, seine Kreativität und notfalls auch Konfliktfähigkeit sind hier gefragt.

Es geht um viel. Manchmal um alles.

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