Wohl kein anderes Element der Digitalisierung reicht heute so weit in das Privatleben der Beschäftigten wie das mobile Arbeiten. Durch etwa Laptops, Tablets und Heimarbeitsplätze sind Arbeitnehmer nicht mehr an einen Ort und feste Arbeitszeiten gebunden. Das bietet Chancen, kann aber auch zum Nachteil der Beschäftigten ausgenutzt werden. Betriebsvereinbarungen, die klare Regeln formulieren, bekommen infolgedessen eine immer größere Bedeutung, um den Beschäftigten ihre Souveränität zu sichern. Denn sind es momentan noch rund ein Viertel der Unternehmen, die ihren Beschäftigten mobiles Arbeiten anbieten, könnten es in wenigen Jahren laut Schätzungen schon rund 90 Prozent sein. Viele Betriebsräte haben bereits Regeln ausgehandelt und sich dabei an den Wünschen der jeweiligen Belegschaft orientiert. Denn pauschale Lösungen gibt es bei diesem Thema nicht – dafür aber viele Fallstricke.
Nötig sind klare Spielregeln
Beispielsweise kann mobiles Arbeiten dazu führen, dass Arbeitszeiten einfach ausgedehnt werden, sich der Leistungsdruck erhöht und damit die Belastung zunimmt. Etwa gaben in einer Beschäftigtenbefragung der IG Metall 20 Prozent der Befragten an, ständig oder häufig außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit zu arbeiten. Mobilarbeit kann das noch verschlimmern, wenn eine Übereinkunft „irgendwie“ mit dem Arbeitgeber geschlossen wird. Dann soll plötzlich nur der Beschäftigte flexibel sein, nicht aber das Unternehmen. Dann soll beispielsweise der Ingenieur oder Programmierer ständig erreichbar sein – und die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben verwischt. Deswegen sind klare Spielregeln nötig. Mit ihnen kann mobiles Arbeiten ein echter Gewinn für Beschäftigte wie auch Unternehmen sein.
Betriebsvereinbarungen zur Mobilarbeit gibt es etwa bei BMW, Bosch, Daimler:
Vielleicht haben sich die Handwerker für irgendwann zwischen 7 und 13 Uhr angekündigt. Oder die Kinder müssen kurzfristig zu Hause betreut werden. Vielleicht würde auch eine Baustelle die Fahrt ins Büro in die Länge ziehen: Spontan auftretende Gründe gibt es zur Genüge. Und dazu für viele die Notwendigkeit, Arbeit und Leben – etwa die Pflege eines Angehörigen – besser miteinander vereinbaren zu können. Denn die Biografien vieler Menschen haben sich in den vergangenen Jahren verändert, etwa die sogenannte Zuverdiener-Ehe scheint ein Auslaufmodell zu sein. Die Unternehmen hingegen können neue Bürokonzepte wie „Open Space“ oder „Flexible Office“ umsetzen. Das kann die Kooperation unter Abteilungen steigern und damit die Effizienz. Auch hat die Erhebung der IG Metall ergeben, dass Beschäftigte gern etwas zurückgeben, wenn sich das Unternehmen ebenfalls flexibel zeigt.
Worauf Betriebsräte der IG Metall bei Betriebsvereinbarungen zur Mobilarbeit stets achten, ist, dass die Beschäftigten die freie Wahl haben. Denn keinesfalls alle wollen außerhalb des Büros arbeiten. Die Beschäftigtenbefragung der IG Metall hat ergeben, dass 33 Prozent der Angestellten gern mehr von Zuhause aus arbeiten würden – 68 Prozent dies aber ganz oder zumindest teilweise ablehnen. Hinzu kommt, dass viele Angestellte nach und nach feststellen – mobiles Arbeiten liegt ihnen nicht. Beispielsweise machen sie die Erfahrung, eine geschäftige Büroumgebung zu brauchen. Oder, anders herum, dass sie Zuhause zu oft abgelenkt werden. Laut einer Studie des Fraunhofer IAO befürchten manche Führungskräfte gar Nachteile in Bezug auf die Karriere, wenn sie das Homeoffice wahrnehmen. Das Denken, wer lange im Büro ist, der arbeitet auch gut, sei oft vorherrschend.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Ein Großteil der Beschäftigten hat in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, immer mehr Arbeit in der gleichen Zeit erledigen zu müssen. Dadurch sind in vielen Fällen die Arbeitszeiten ausgeufert. Für die IG Metall, ihre Mitglieder und Betriebsräte geht es angesichts dieser Entwicklungen einerseits darum, dass die Entgrenzung nicht noch weiter von mobiler Arbeit vorangetrieben wird. Andererseits gilt es, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und den Wunsch der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität und Selbstbestimmung zu verwirklichen. Clevere Betriebsvereinbarungen können den Beschäftigten zu mehr Autonomie verhelfen, ohne dass Innovationen auf der Strecke bleiben.