Ratgeber Bafög
BAföG auf dem Prüfstand

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der BAföG-Bedarfssatz möglicherweise verfassungswidrig ist. Mit dieser Entscheidung muss sich nun das Bundesverfassungsgericht befassen. Wir empfehlen: Studierende sollten Widerspruch gegen ihre jetzigen Bewilligungsbescheide einlegen.

28. Mai 202128. 5. 2021


Nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) galt für Studierende von Oktober 2014 bis Februar 2015 ein monatlicher Bedarfssatz in Höhe von 373 Euro. Dieser ist möglicherweise verfassungswidrig – hat das Bundesverwaltungsgericht geurteilt. Danach verstoße diese Regelung gegen das verfassungsrechtliche Teilhaberecht auf chancengleichen Zugang zu staatlichen Ausbildungsangeboten und den Anspruch auf ein gewährleistetes ausbildungsbezogenes Existenzminimum.

Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb beschlossen, dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage der Vereinbarkeit des Bedarfssatzes mit den genannten Bestimmungen des Grundgesetzes zur Entscheidung vorzulegen.
 

Der Fall

Die Klägerin studierte im Wintersemester 2014/2015 an einer staatlichen Hochschule in Deutschland. Sie erhielt für den Zeitraum Oktober 2014 bis Februar 2015 unter Anrechnung elterlichen Einkommens Ausbildungsförderung nach Maßgabe der Bestimmungen des BAföG. Die entsprechenden Förderungsbescheide griff die Klägerin mit der Begründung an, der für den fraglichen Zeitraum geltende Bedarfssatz für Studierende sei in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Ihre auf höhere BAföG-Leistungen gerichtete Klage blieb vor den Verwaltungsgerichten in erster und zweiter Instanz erfolglos.
 

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 20. Mai 2021 in dieser Sache klargestellt, dass Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf staatliche Förderung für ihre Ausbildung haben und diese nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig sein dürfe. Diese Förderung müsse bestehende soziale Gegensätze hinreichend ausgleichen und das ausbildungsbezogene Existenzminimum gewährleisten. Die Richterinnen und Richter betonten, dass unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Satzes schon die Berechnungsmethode des Satzes intransparent und veraltet gewesen und dadurch mit dem Recht auf Chancengleichheit nicht vereinbar sei (BVerwG vom 20. Mai 2021 – 5 C 11.18).

Wie hoch die BAföG-Sätze dafür sein müssen, konnte das Gericht nicht klären. Der Grund: Das Bundesverwaltungsgericht ist als Fachgericht nicht befugt, die Verfassungswidrigkeit eines Parlamentsgesetzes selbst festzustellen. Darum hat es das Revisionsverfahren ausgesetzt und die Frage dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Nach 50 Jahren BAföG wird damit erstmals die Verfassungswidrigkeit des BAföG-Bedarfssatzes beim BVerfG auf den Prüfstand gestellt.
 

Jetzt handeln

Gegen die BAföG-Bescheide sollten die Studierenden nun Widerspruch einlegen und das Verfahren dann bis zur Entscheidung des BVerfG ruhen lassen. So können sie ihren Anspruch aufrecht erhalten, wenn das Verfassungsgericht zu ihren Gunsten entscheidet. Wann das Bundesverfassungsgericht über den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts entscheidet ist allerdings nicht absehbar.
 

50 Jahre BAföG – (k)ein Grund zum Feiern!

„Vor 50 Jahren wurde das BAföG eingeführt – ein Meilenstein auf dem Weg zu freier Bildung über sozio-ökonomische Klassengrenzen hinweg. Doch es ist nicht gut gealtert." So die Kernaussage eines breiten Bündnisses aus Jugendorganisationen. Gemeinsam wollen sie auf den desaströsen Zustand des BAföG aufmerksam machen.

Der freie Zusammenschluss von student*innenschaften e.V. (fzs), die Grüne Jugend, die Jusos, die Linksjugend ('solid), die GEW Studis, Ver.di Jugend, IG Metall Jugend, Junge BAU, Juso Hochschulgruppen, Campusgrün, die Landes-Schüler*innen-Vertretung Rheinland-Pfalz und die Sozialistische Jugend Deutschlands. Die Falken haben sich anlässlich des BAföG-Jubiläums zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Mit der neuen Kampagnenseite bafoeg50.de und einer eigenen Petition wollen sie auf den desaströsen Zustand des BAföG aufmerksam machen.

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