Stahl-Unternehmen Vallourec plant Schließung
Jetzt wird für den Sozialtarifvertrag gekämpft

Nach Brasilien soll die Produktion der Stahlrohre verlagert werden – in Düsseldorf und Mülheim stehen dafür 2500 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Das Unternehmen Vallourec plant die Schließung der beiden Werke. Doch die Belegschaft hat zuvor in Paris mit 1000 Beschäftigten ihre Geschlossenheit gezeigt.

20. Mai 202220. 5. 2022


Leere, Trauer, Wut, Frust und Enttäuschung – mit diesen Emotionen beschreibt Vilson Gegic, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, die Stimmung in den Vallourec-Werken nachdem das Unternehmen am Mittwoch die Schließung der beiden deutschen Standorte in Düsseldorf und Mülheim verkündet hat. Die Arbeitsplätze von 2500 Beschäftigten stehen somit vor dem Aus. „Für das Versagen der Manager büßt nun die Belegschaft“, sagt der Betriebsratsvorsitzende.


Beschäftigte hofften auf Verkauf

Zuletzt hatten Beschäftigte und IG Metall zahlreiche Versuche unternommen, die Schließung zu verhindern. Erst am Montag waren knapp 1000 Beschäftigte mit 18 Bussen zur Firmenzentrale nach Paris gefahren. Über 24 Stunden waren die Kolleginnen und Kollegen für die Aktion unterwegs, um persönlich ihre Forderungen zur Unternehmensleitung zu bringen.

Vallourec-Stahler vor Zentrale in Paris

Knapp 1000 Beschäftigte von dem Stahlrohr-Hersteller Vallourec ziehen vor die Konzernzentrale nach Paris (Foto: Stephen-Petrat)

„Wir sind nach Paris gefahren, um Klarheit einzufordern. Werden die Werke nun verkauft oder nicht, wollten wir wissen. Bei einer Schließung der Werke haben wir Verhandlungen gefordert und schlussendlich einen ordentlichen Sozialtarifvertrag“, sagt Alexander Szlieszus, Betriebsrat und Vertrauenskörper-Leiter in Düsseldorf. Bis Anfang dieser Woche stand ein möglicher Verkauf der Werke noch im Raum. Allerdings gab es starke Zweifel von der Arbeitnehmerseite, dass diese Versuche glaubwürdig waren.

 

Aufsprung auf erneuerbare Energien verpasst

 „Der Verkaufsprozess war eine Farce und wir bezweifeln, dass das vorgelegte Fortführungskonzept überhaupt bis ins Detail geprüft worden ist“, sagt der Geschäftsführer der IG Metall Düsseldorf-Neuss, Karsten Kaus. Gemeinsam mit einer Unternehmensberatung hatten Gesamtbetriebsrat und IG Metall zuvor auf eigene Initiative ein Fortführungskonzept entwickelt, das mit neuen Produkten eine Zukunftsperspektive schaffen sollte.

Tatsächlich ist der Markt für Öl und Erdgas, für den die deutschen Standorte Stahlrohre produzieren, sehr angespannt. Bereits vor dem russischen Angriffskriegt, der die Lage verschlimmerte, war absehbar, dass die endlichen Ressourcen begrenzt sind und sich der Markt wandelt. „Wir standen der Unternehmensspitze schon lange auf der Matte mit der Forderung, die Produktion auf den Markt der erneuerbaren Energien umzustellen“, sagt Alexander Szlieszus. „Wir könnten in diesem Bereich ohne Probleme verschiedene Produkte herstellen. Genauso auch Teile für den Brückenbau.“

 

Nur der schnelle Profit zählt

Doch dem Unternehmen scheint es um den schnellen Profit zu gehen. Die Schließung wird vor allem auch mit der wirtschaftlichen Schieflage bei Vallourec begründet. Die Zentrale in Frankreich hat den Werken in Deutschland jedoch immer wieder deutlich gemacht, dass ihre Produktion in das brasilianische Werk verlagert werden soll. „Gleichzeitig ist das Werksgelände hier im Düsseldorfer Norden viel wert. Da wird es offensichtlich, dass die Unternehmensleitung mehr an den schnellen Profiten interessiert ist, als an der Zukunft der Beschäftigten.“

Der Arbeitgeber plant die Schließung für Ende 2023 – so lange dauert es noch, bis die Werke in Brasilien umgestellt und zertifiziert sind. „Aber da hat der Konzern die Rechnung ohne uns Beschäftigte gemacht. Das muss noch mit uns als Betriebsrat diskutiert werden, wann der Letzte hier das Werk verlässt“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. „Die Belegschaft steht hinter uns. Das haben wir in Paris gezeigt“, so Vilson Gegic.

 

Bereit für den Arbeitskampf

Das unterstützt auch die Geschäftsstelle Düsseldorf-Neuss. „Wir fordern weiterhin einen garantierten Arbeitsplatzerhalt, Investitionen in die Standorte und ein zukunftsfähiges Industriekonzept ebenso wie Abfindungs- und Ausstiegsprogrammen für den Fall von notwendigem Personalabbau bei einer unumgänglichen Schließung der Werke. Und wenn wir mit Reden nicht mehr weiterkommen, dann ist auch alles vorbereitet für den Arbeitskampf. Die Geschäftsführung wird merken, dass wir nicht alles mit uns machen lassen“, sagt Karsten Kaus.

Auch in Mülheim zeigt sich die Belegschaft entschlossen. „Wir werden jetzt nicht aufgeben. Das ist unser letzter Arbeitskampf und den werden wir den Arbeitgebern nicht einfach machen. Wir werden mit der Belegschaft mit unseren Forderungen ordentlich Druck machen und erst dann aufhören, wenn wir einen Sozialtarifvertrag vereinbart haben, mit dem wir gut leben können“, sagt Ousama Bouarous, Betriebsratsvorsitzender im Mülheimer Werk. Er betont weiter: „Wir haben das Unternehmen aufgebaut und somit überhaupt erst dafür gesorgt, dass der Konzern expandieren konnte.“ Die Beschäftigten der beiden Werke würden mit der Verlagerung nach Brasilien nun erwarten, dass das von der Unternehmensleitung berücksichtigt werde.

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